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Handball-WM: "Man kann nicht in Worte fassen, was da abgegangen ist"

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Handball-WM: "Man kann nicht in Worte fassen, was da abgegangen ist"

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Italiens Handball-Wunder

Italiens Handball wacht derzeit aus seinem Dornröschenschlaf auf. In ihrer ersten WM-Teilnahme seit 28 Jahren wollen die Azzurri ein Ausrufezeichen setzen. Mit dabei ist Keeper Domenico Ebner, der Italiens Handball-Wunder bei SPORT1 erklärt.
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Italiens Handball wacht derzeit aus seinem Dornröschenschlaf auf. In ihrer ersten WM-Teilnahme seit 28 Jahren wollen die Azzurri ein Ausrufezeichen setzen. Mit dabei ist Keeper Domenico Ebner, der Italiens Handball-Wunder bei SPORT1 erklärt.

Wer in der WM-Historie nach italienischem Handball sucht, musste bislang die große Lupe auspacken. Bis auf eine Teilnahme 1997 in Island, bei der die Azzurri Platz 18 von 24 Mannschaften belegten, befindet sich dort ansonsten ein großer weißer Fleck.

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28 Jahre später kehrt die italienische Mannschaft wieder auf die große Bühne zurück - auch dank der Unterstützung eines Bundesliga-Stars. Keeper Domenico Ebner, der beim SC DHfK Leipzig unter Vertrag steht, hütet seit 2017 das Tor und half mit, dass sich Italien im vergangenen Mai durch zwei Siege gegen Montenegro für die WM qualifizierte.

Bevor Italien am Dienstagnachmittag das WM-Turnier gegen Tunesien eröffnet, spricht Ebner bei SPORT1 über das große Abenteuer, bei dem sich der 28-Jährige zutraut, die Gruppenphase zu überstehen. Außerdem schildert er, wie der italienische Handball langsam aus seinem Dornröschenschlaf erwacht und dabei inzwischen auch eine Institution des dortigen Sportjournalismus aufhorchen hat lassen.

„Unser Ziel ist es, die Hauptrunde zu erreichen“

SPORT1: Herr Ebner, das große WM-Abenteuer für Italien startet mit dem Spiel gegen Tunesien. Wie aufgeregt sind Sie schon?

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Domenico Ebner: Ein bisschen Anspannung ist da, aber richtig krass noch nicht. Ich glaube, das geht erst los, wenn wir in Herning ankommen (das Gespräch wurde am Montagmorgen geführt; Anm. d. Red.) und am Abend in der Arena trainieren. Dann wird das Kribbeln sicher immer größer werden.

SPORT1: Auf dem Papier sind die ersten beiden Gegner, Tunesien und Algerien, eher machbar als Gastgeber Dänemark. Rechnen Sie sich Chancen gegen die nordafrikanischen Teams aus?

Ebner: Auf jeden Fall. Unser Ziel ist es, die Hauptrunde zu erreichen. Aber wir wollen keine Parolen raushauen. In den ersten Spielen gilt es einfach zu zeigen, was wir können. Ich denke, dass es zu einem Sieg reichen könnte, damit wir in der Hauptrunde nochmal große Gegner bekommen, vielleicht sogar Deutschland. Das würde den italienischen Handball weiter in den Fokus rücken.

SPORT1: Wie groß war die Euphorie im vergangenen Mai, als Sie mit zwei Siegen gegen Montenegro die WM-Fahrkarte gelöst haben?

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Ebner: Man kann nicht in Worte fassen, was da abgegangen ist. Wenn Männer anfangen zu heulen, dann zeigt das schon sehr viel. Die Mannschaft musste in den vergangenen Jahren viele knappe Niederlagen einstecken, deswegen war das ein Riesenerfolg, um dem Handball in Italien einen Push zu geben. Durch den Sieg gegen Montenegro haben sich auf einmal auch die großen Sportzeitungen wie die Gazzetta dello Sport für uns interessiert. Wir waren auf einer ganzen Seite vertreten, das ist nicht normal für den italienischen Handball. Das haben wir uns hart erarbeitet.

SPORT1: Hätten Sie sich das damals erträumt, als Sie 2017 Ihr Länderspieldebüt für Italien gaben?

Ebner: Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, dass es früher passiert. Als ich allerdings das erste Mal dort war, wusste ich, welche Strukturen ich vorfinde und dass es vielleicht etwas länger dauern könnte. Jetzt bin ich froh, dass wir das geschafft haben, weil ich schon lange davon geträumt habe, bei einem Großturnier zu spielen. Man merkt vor allem in Deutschland, dass der italienische Handball mit meiner Person verbunden wird.

„Davon können sich die Deutschen eine Scheibe abschneiden“

SPORT1: Ist das gleichzeitig eine große Verantwortung für Sie?

Ebner: Absolut, aber ich will auch Verantwortung in der italienischen Nationalmannschaft übernehmen. Ich bin einer der erfahrenen Spieler im Team. Da versucht man, vor allem die jungen Spieler zu unterstützen und seine Erfahrung aus der Bundesliga zu teilen. Und auch die Italiener haben es mir gezeigt: Ich bin fünfmaliger italienischer Handballer des Jahres, das ist auch nicht normal und eine große Ehre.

SPORT1: Sie sagten kürzlich, eine WM-Teilnahme Italiens sei gleichbedeutend mit einem WM-Sieg Deutschlands. Warum ist das so?

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Ebner: Wenn man bedenkt, dass Italien nach 28 Jahren mal wieder für eine WM qualifiziert ist und es mit dem Stellenwert des Handballs in Deutschland vergleicht, dann passt dieser Vergleich meiner Meinung nach.

SPORT1: Wie hat sich der italienische Handball in den letzten Jahren entwickelt?

Ebner: Man muss schon sagen, dass man den Fokus daraufgelegt hat, Spieler aus dem Ausland zu holen - das war früher mit dem alten Verband nicht so. Zudem wurde in Italien ein Handballcampus für junge Spieler aufgebaut, der sich in Chieti befindet. Wenn man dann sieht, dass von diesen jungen Leuten schon zwei Spieler bei der WM dabei sind, dann ist das eine tolle Sache. Überhaupt ist unsere Nationalmannschaft sehr jung, drei Viertel der Spieler sind jünger als 26. Es gibt großes Potenzial. Davon können wir in den kommenden Jahren noch sehr profitieren.

SPORT1: Welche Typen haben Sie in der Mannschaft?

Ebner: Wir haben einen guten Querschnitt. Verrückte, wilde, aber auch ruhigere, junge, ältere - also eine gute Mischung. Im Kreis der Nationalmannschaft ist der Spaß immer sehr groß, weil sich die italienische Mentalität doch von der deutschen unterscheidet. Es geht alles ein bisschen lockerer und herzlicher zu. Davon können sich die Deutschen eine Scheibe abschneiden. Ich genieße es, hier zu sein und die italienische Mentalität mehr und mehr anzunehmen, gerade, weil ich ein emotionaler Mensch bin.

„Ich bin ein großer Henning-Fritz-Fan“

SPORT1: Sprechen Sie die Sprache fließend?

Ebner: Leider nicht, meine Mutter hat mir die Sprache damals in Freiburg leider nicht beigebracht. Mein Italienisch ist leider immer noch nicht so gut, aber ich lerne fleißig und sauge in diesen Wochen ohnehin alles auf. Zu einem perfekten Interview in italienischer Sprache würde es aber noch nicht reichen.

SPORT1: Im WM-Kader befinden sich einige Spieler, die in der italienischen Handball-Liga unterwegs sind. Gibt es dort überhaupt professionelle Strukturen?

Ebner: Die Strukturen sind gewachsen, aber es ist trotzdem so, dass wir daran interessiert sind, dass die besten Spieler ins Ausland gehen. Dort können sie sich noch besser entwickeln. Aber die italienische Liga macht sich immer besser, es muss alles nur noch etwas nachhaltiger werden. Wenn wir als Nationalteam gut performen, dann wird das auch für die Liga gut sein.

SPORT1: Der legendäre DHB-Keeper Henning Fritz gab 2023 in der ersten italienischen Liga im Alter von 49 Jahren für den SSV Bozen ein Kurz-Comeback. Wie fanden Sie das?

Ebner: Das war super cool. Er hat damals viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, das war eine große Sache für den italienischen Handball. Ich habe das Spiel live in der Halle verfolgt und bin ohnehin großer Henning-Fritz-Fan. Er ist durch die WM 2007 zu meinem Vorbild geworden.

SPORT1: Wann wäre die WM für die italienische Mannschaft erfolgreich?

Ebner: Wenn wir einen Sieg holen, dann wäre das schon ein großer Erfolg - wobei schon die Qualifikation für uns traumhaft war. Der Einzug in die Hauptrunde wäre die Kirsche auf der Torte.