Estavana Polman wird am Samstag vor dem Fernseher die Daumen drücken, wenn bei der Handball-WM Deutschland gegen die Niederlande spielt (ab 20.30 Uhr im LIVETICKER). Die Mannschaft von Nationaltrainer Alfred Gislason will an den souveränen Auftakt in der Hauptrunde gegen Argentinien anknüpfen.
„Gehört nicht auf Handballfeld“
Polman ist seit Anfang 2016 mit dem früheren HSV-Profi Rafael van der Vaart liiert. Nur ein Jahr später durften sich die beiden über ihr erstes gemeinsames Kind freuen. Seit November des vergangenen Jahres spielt die niederländische Nationalspielerin für Rapid Bukarest. Bei den Weltmeisterschaften 2017 und 2019 wurde Polman zur besten Spielerin des Turniers gewählt. 2019 gewann sie im Finale gegen die spanische Auswahl den WM-Titel. (NEWS: Alle Infos zur Handball-WM)
Im SPORT1-Interview spricht die 30-Jährige über die WM, die niederländische Mannschaft und van der Vaart.
SPORT1: Frau Polman, wie lautet Ihr Zwischenfazit der Handball-Weltmeisterschaft und wie bewerten Sie die bisherige Leistung der Niederlande?
Estavana Polman: Sie spielen bisher ein starkes Turnier, schneller Handball, mit guter Abwehr. Sie zeigen auch, dass sie in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht haben, das zeigt sich auch in diesem Turnier. Wer weiß, vielleicht gelingt ihnen ja doch noch ein Überraschungserfolg.
SPORT1: Am Samstag empfängt Deutschland die Niederlande. Was für ein Spiel erwarten Sie und wer wird gewinnen?
Polman: Ich hoffe auf ein spannendes Spiel. Wenn die Niederlande das Niveau erreichen können, das sie gegen Norwegen gezeigt haben (knappe Niederlage, Anm. d. Red.), können sie es Deutschland schwer machen. Deutschland hat eine breitere Bank, die den Unterschied ausmachen kann. Natürlich hoffe ich, dass die Niederlande gewinnen.
Polman: „Ich fiebere mit!“
SPORT1: Wie viel Unterstützung geben Sie Ihren männlichen Kollegen während der WM? Wer sind die besten Spieler der niederländischen Mannschaft?
Polman: Wenn ich kann, verfolge ich die Spiele und fiebere mit ihnen mit. Natürlich hoffe ich, dass sie so viele Spiele wie möglich gewinnen können. Die besten Spieler: Bart Ravenbergen, der Torhüter, hat in den Spielen der ersten Phase starke Leistungen gezeigt. Luc Steins ist der Motor der Mannschaft. Kreisläufer Samir Benghanem, Dani Baijens im linken Rückraum und Kay Smits im rechten Rückraum machen ihre Sache sehr gut. Das ist definitiv ein Turnier des Kollektivs.
SPORT1: Wer ist Ihrer Meinung nach derzeit der beste Spieler des Turniers? (DATEN: Alle Tabellen der Handball-WM)
Polman: Das kann ich jetzt nicht sagen, weil ich nicht viele andere Spiele gesehen habe. Die besten Spieler treten in den großen Spielen hervor. Die müssen erst noch gespielt werden.
SPORT1: Was sagen Sie zu dem Skandal, dass der Amerikaner Paul Skorupa seinen Gegner Husain al-Sayyad gebissen haben soll?
Polman: Ich habe es im Vorbeigehen gesehen. Das gehört definitiv nicht auf ein Handballfeld. Eine verdiente rot-blaue Karte. Ich denke, das wird er hinterher wissen.
SPORT1: Die niederländischen Frauen gehören seit langem zur Weltspitze des Handballs. Wie haben es die Männer geschafft, ebenfalls erfolgreich zu sein? Haben die Frauen Tipps gegeben?
Polman: Viele Spielerinnen spielen jetzt auch in starken Wettbewerben. Sie trainieren hart und investieren in sich selbst. Dadurch, dass sie jetzt bei den Europa- und Weltmeisterschaften mitspielen, machen sie große Fortschritte. Sie können nur noch besser werden. Jetzt wird auf die Mannschaft Rücksicht genommen. Ich denke, die Herrenmannschaft braucht keine Tipps von uns. Wenn man viel Vertrauen in sich selbst hat, kann man es weit bringen.
SPORT1: Werden die Niederlande immer mehr zu einer handballbegeisterten Nation? Wie ist die aktuelle Stimmung während der Weltmeisterschaft?
Polman: In den Niederlanden ist Handball noch eine kleine Sportart. Wir müssen mehr in die Öffentlichkeit kommen. Im Ausland nimmt man uns ernster. Wir sind nicht mehr das kleine Handballland, gegen die man leicht gewinnen kann.
SPORT1: Wie sollten die Niederlande am Samstag gegen die deutsche Mannschaft spielen?
Van der Vaart verfolgt ihre Spiele
Polman: Die Niederlande sollten in erster Linie ihr eigenes Spiel spielen. Schnell spielen und viele Tore aus schnellen Gegenstößen erzielen. Die Abwehr sollte aggressiv sein und unser Torhüter sollte einen Top-Tag erwischen. Wichtig ist, dass sie im Angriff nicht zu viele technische Fehler machen, denn auch die Deutschen sind in der ersten Phase schnell. Dies ist die letzte Chance, sich für das Viertelfinale zu qualifizieren. Sie sollten alles geben und dann sehen, ob das nach 60 Minuten reicht.
SPORT1: Sie sind Mutter einer kleinen Tochter. Wie bringen Sie das mit Ihrem Beruf als Handballerin unter einen Hut? (DATEN: Der Spielplan der Handball-WM)
Polman: Man muss die Dinge planen. Ich bin jetzt bei einem sehr guten Verein mit tollen Fans. Ich bin zufrieden damit, wie die Dinge laufen. Ich sehe Handball und Mama sein als eine schöne Kombination. Ich habe liebevolle Menschen um mich herum, die mir helfen, wenn ich sie brauche. Meine Familie ist immer die Nummer 1. Jesslynn möchte auch Handball spielen und schaut sich gerne meine Spiele an.
SPORT1: Wie oft sieht sich Rafael Ihre Spiele an, und wie sehr war er eine emotionale Stütze am Spielfeldrand?
Polman: Wenn Raf kann, ist er am Spielfeldrand dabei und verfolgt die Spiele mit Begeisterung. Wenn er nicht kann, sieht er mir über den Livestream zu. Er findet das Spiel auch toll und ist insgeheim ein bisschen zum Handballfan geworden. Ich freue mich, wenn er kommt, um mich zusammen mit unserer kleinen Tochter anzufeuern.