Das größte Kompliment für seine erneut starke Leistung erhielt Juri Knorr quasi vom Gegner. (NEWS: Alles Wichtige zur Handball-WM)
„Er steht auf jedem Zettel“
Dem deutschen Spielmacher wurde beim 33:26-Sieg gegen die Niederlande, mit dem das DHB-Team den Einzug ins Viertelfinale vorzeitig perfekt machte, phasenweise ein persönlichen Bewacher aufgehalst.
Die klassische Manndeckung ist im modernen Handball ein inzwischen sehr selten eingesetztes Mittel, doch Oranjes Trainer-Legende Staffan Olsson sah sich offenbar dazu gezwungen, Knorrs Kreise einzuschränken, indem er ihm Luc Steins vor die Nase setzte.
Knorr bester Torvorbereiter der Handball-WM
Viel geholfen hat diese Maßnahme nicht. Durch die Dynamik im deutschen Angriffsspiel und seine eigene gute Bewegung zog der 22-Jährige trotzdem die Fäden und war auch von einem Sonderbewacher nicht aufzuhalten. (DATEN: Gruppen und Tabellen der Handball-WM)
Mit neun Toren und fünf Assists war Knorr wieder einmal Deutschlands Topscorer. Mit nun 29 Turniertreffern steht der Rückraumspieler von den Rhein-Neckar Löwen auf Rang eins der internen Torschützenliste.
Diesen Platz belegte er nach fünf Spieltagen nationenübergreifend im Ranking der besten Torvorbereiter. Kein anderer Spieler bei dieser WM kam an seine 31 Assists heran. Nicht einmal Steins, der als einer der besten Passgeber der Welt gilt und auf den das Spiel bei Top-Klub Paris Saint-Germain ausgerichtet ist. Auch Schwedens Jim Gottfridsson, MVP der EM 2022, lag nach fünf Spielen mit 28 Torvorlagen hinter Knorr.
Kohlbacher schwärmt von Knorr
Insbesondere das Zusammenspiel mit den Kreisläufern Johannes Golla und Jannik Kohlbacher funktioniert herausragend.
„Man hat von Anfang an gemerkt, dass er wirklich geniale Momente hat“, sagte Kohlbacher, der seit etwa eineinhalb Jahren bei den Löwen mit Knorr zusammenspielt, auf SPORT1-Nachfrage über dessen Passgeberqualitäten.
„Er hat großes Potenzial, ein großer Spieler zu werden“, unterstrich der Kreisläufer: „Ich glaube, er steht auf jedem Zettel.“ (Handball-WM: Deutschland - Norwegen am Montag ab 20.30 Uhr im LIVETICKER)
Fehlstart kann DHB-Spielmacher nicht stoppen
Dabei erwischte Knorr gegen die Niederlande einen Fehlstart. Seine ersten drei Würfe wurden entweder geblockt, gehalten oder klatschten ans Gestänge. Doch auch davon ließ er sich nicht beirren und sechs erfolgreiche Abschlüsse in Serie folgten – ein Beweis seiner bemerkenswerten Reife für sein Alter.
„Es ist nicht schwer, einfach weiterzumachen, wenn man sich vertraut. Ich weiß ja, dass die Chance besteht, dass ein Wurf auch mal nicht reingeht. Manchmal ist es unglücklich, manchmal ein bisschen Unvermögen, aber ich muss einfach weitermachen“, erklärte Knorr, warum ihn der Fehlstart nicht aus der Bahn geworfen hat und betonte: „Wenn man anfängt, nachzudenken, ist es immer hinderlich für einen Sportler.“
Vor Turnierbeginn war nicht jeder davon überzeugt, dass Knorr der enormen Verantwortung gewachsen ist, das deutsche Spiel bei der WM anzuführen. Spätestens jetzt dürften die letzten Kritiker verstummen.
„Versuche einfach, meinen Job zu machen“
„Ich versuche, einfach meinen Job zu machen. Jeder, der mich öfter spielen sieht, weiß, was ich für einen Handball spiele und wie ich agiere, wenn ich mich gut fühle. Natürlich will ich dann Verantwortung übernehmen und das ist hier genauso“, sagte der gebürtige Flensburger und ergänzte: „Ich will einfach die Zeit nutzen, die ich auf dem Feld stehe und Spaß haben und ich selbst sein.“
Diese Verantwortung übernimmt der Jüngste im Kader auch von der Siebenmeterlinie. 14 von 16 Versuchen fanden den Weg bislang ins Tor bei dieser Weltmeisterschaft.
Auffällig ist auch die körperliche Robustheit des Megatalents. Immer wieder schmeißt Knorr sich ohne Rücksicht auf Verluste in die gegnerische Abwehr, musste schon mehrfach Gesichtstreffer hinnehmen. Doch Spuren scheint all das nicht zu hinterlassen.
Viertelfinale: Deutschland laut Knorr Underdog
„Der Körper fühlt sich gut an. Ich habe keine Wehwehchen. Ich freue mich schon jetzt, dass es weitergeht“, betonte Knorr auf SPORT1-Nachfrage.
Die Gefahr, dass er trotz seiner bis dato überragenden Turnierleistung abhebt, scheint nicht zu bestehen. „Wir wissen, dass wir gut sind“, unterstrich er nach dem Viertelfinaleinzug, warnte aber auch: „Wir müssen uns treu bleiben und bewusst machen, dass wir gegen Norwegen und auch im Viertelfinale der Underdog sein werden.“ (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Handball-WM 2023)
Die Reise ist laut Knorr noch längst nicht zu Ende…