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Handball-Legende Bitter: "Nicht einfach, dem FC Barcelona mehrfach abzusagen"

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Handball-Legende Bitter: "Nicht einfach, dem FC Barcelona mehrfach abzusagen"

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„Wird auf Dauer immer gefährlich“

Nach 22 Jahren in der Handball-Bundesliga war Schluss: Johannes Bitter hat seine Karriere beendet. Im SPORT1-Interview erklärt der Ex-Torwart die Hintergründe seiner Entscheidung und spricht offen über bevorstehende Herausforderungen.
Johannes Bitter verkündet seinen Rücktritt vom Profi-Handball.
Nach 22 Jahren in der Handball-Bundesliga war Schluss: Johannes Bitter hat seine Karriere beendet. Im SPORT1-Interview erklärt der Ex-Torwart die Hintergründe seiner Entscheidung und spricht offen über bevorstehende Herausforderungen.

Vor etwa einem Monat endete mit Johannes Bitters Rücktritt eine einzigartige Ära im deutschen Handball. Nach 22 Jahren in der Bundesliga beendete der 42-Jährige seine erfolgreiche Karriere. Mit dem WM-Titel 2007 und einem Champions-League-Sieg als größte Errungenschaften in der Vita zog der Ex-Torhüter als ältester aktiver deutscher Weltmeister aus dem Sport zurück. Er bleibt dem Handball-Sport aber erhalten.

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Im SPORT1-Interview spricht Bitter über seine anstehenden Herausforderungen als Sportdirektor und Vizepräsident des HSV Hamburg, die Hintergründe seines Rücktritts und seine größten Erfolge.

SPORT1: Herr Bitter, seit 2002 waren Sie in der Bundesliga, haben noch viel länger Handball gespielt. Wie schwer fällt die Rücktrittsentscheidung nach so einer langen Zeit?

Johannes Bitter: Das ist ja alles nicht überraschend gekommen. Mir war lange bewusst, dass ich ein alter Spieler bin. Ich hatte meine körperlichen Themen, die mich in den letzten Jahren beeinflusst haben. Aus dem Wissen heraus war ich auch daran beteiligt, dass wir uns in Hamburg im Tor langfristig anders aufgestellt haben. Für mich war eigentlich seit Weihnachten 2023 klar, dass es das letzte Jahr wird. Dass dann alles so verworren wurde und sich im Sommer auch noch die Torhüter verletzen, die wir als Nachfolger verpflichtet haben, hat dazu beigetragen, dass ich nochmal einige Monate verlängert habe. Aber in meinem Kopf und intern war immer klar, was passiert: Dass wir natürlich nicht auf Dauer mit drei Torhütern weitermachen.

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SPORT1: Wie haben Sie die Tage nach ihrem Rücktritt erlebt, welche Gedanken sind Ihnen durch den Kopf gegangen?

Bitter: Komplett positive. Es hat mit mir gar nichts gemacht. Ich hadere jetzt damit, dass ich es nicht schaffe, ansatzweise ähnlich viel Sport zu machen wie vorher, nämlich aktuell gar nicht (lacht). Die Themen kommen und übermannen und fordern einen. Das ist ja auch das Schöne, dass man jetzt so eine tolle Aufgabe hat, die man direkt ausfüllen kann und wo man die Expertise aus den Jahrzehnten nutzen kann, die man aufgebaut hat. Ich bin jetzt plötzlich wieder ein Lernender und ein Wissbegieriger, was vielleicht vorher abhandengekommen war, wenn man so lange in einem Business drin ist.

„Nicht ganz einfach, dem FC Barcelona mehrfach abzusagen“

SPORT1: Wenn Sie auf Ihre lange, erfolgreiche Karriere zurückblicken, welche Erinnerung kommt Ihnen zuerst in den Kopf?

Bitter: Wenn man rein sportlich an die größte Sache denkt, dann ist das der Champions-League-Sieg. Wenn wir über die Emotionen und die Größe an sich denken, dann ist es natürlich 2007 (Weltmeistertitel, Anm. d. Red.), das kannst du mit nichts toppen. Als Sportler sind es natürlich aber auch immer die Olympischen Spiele, die ganz weit vorne stehen. Das sind solche Ereignisse, für die es sich gelohnt hat, das alles zu machen.

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SPORT1: Gibt es auch Entscheidungen in Ihrer Karriere, die Sie im Nachhinein bereuen?

Bitter: Man weiß nie, wie sich irgendwas ausgewirkt hätte. Aber klar, es ist nicht ganz einfach, dem FC Barcelona mehrfach abzusagen. (lacht) Das sind schon Sachen, mit denen man hadert. Aber trotzdem ist alles gut gelaufen, wie es gelaufen ist.

SPORT1: Wie kam es zu der Entscheidung, keine Auszeit zu nehmen, sondern direkt durchzustarten – und dann auch noch in doppelter Funktion als Sportdirektor und Vizepräsident?

Bitter: Die Auszeit werde ich mir irgendwann schon holen, da können Sie sicher sein. Ich hatte immer den Plan, nach meiner Karriere eine Weltreise zu machen und Sachen zu tun, die vorher nicht möglich waren, weil man in seiner Sportlerkarriere ja de facto fremdbestimmt ist. Das gehört dazu. Jetzt geht es aber direkt weiter. Das ist dem Umstand geschuldet, dass ich gerade mega motiviert bin und mega Bock habe. Und dass wir in Hamburg noch immer Baustellen haben, die uns fordern, wo wir uns jeden Tag versuchen, nach vorne zu hangeln und ein schönes Bild für die Zukunft zu malen. Da habe ich überhaupt nicht den Bedarf, mich jetzt selber rauszuziehen.

„Das ist ja nicht einfach nur ein Handballverein“

SPORT1: Inwieweit kann man sich während der aktiven Spielerkarriere überhaupt auf so eine Aufgabe adäquat vorbereiten?

Bitter: Das kann man nur bedingt. Irgendwann merkt man, dass neben dem rein Sportlichen auch andere Themen im Klub wichtig sind. Dass man sich mit den Fans unterhält, dass man sich auch mit den Partnern viel unterhält, dass man versucht, ein Gefühl zu bekommen, wie so ein Klub funktioniert. Das ist ja nicht einfach nur ein Handballverein, sondern auch ein mittelständisches Unternehmen.

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SPORT1: Wie lassen sich die beiden Posten als Sportdirektor und Vizepräsident unter einen Hut bringen? Drohen Konflikte?

Bitter: Es gibt ein grundsätzliches Einverständnis von allen Gremien, dass das genau so gewollt ist. Dann gibt es theoretisch Konflikte in der Ausführung der Ämter. Ein Sportdirektor ist ein Angestellter, ein Vizepräsident ist Teil eines Gremiums. Aber wir haben klar kommuniziert, dass wir das über Durchführungsbestimmungen geregelt haben. Dass ich zum Beispiel nicht zu meinen eigenen Themen abstimmen kann. Wir sind überzeugt davon, dass es die beste Konstellation ist, dass auch der Sport im Präsidium repräsentiert wird.

SPORT1: Hinter dem HSV Hamburg liegt nicht die einfachste Zeit. Der Verein hat die Bundesligalizenz erst nach Millionenzuwendungen und einer letztinstanzlichen Entscheidung bekommen. Das bisherige Präsidium und der Geschäftsführer sind gegangen. Hatten Sie nie Zweifel daran, den Posten in so einer turbulenten Zeit zu übernehmen?

Bitter: Als jemand, der für das Wirtschaftliche zuständig ist, muss ich ehrlich sagen, hätte ich gar nicht den Weitblick und die Fähigkeiten gehabt. Das hätte ich mir in so einer schwierigen Zeit gar nicht zugetraut. Das, was ich mache, tangiert das natürlich immer wieder auf allen Ebenen. Primär geht es für mich aber darum, die Mannschaft bestmöglich für die Zukunft zu rüsten. Natürlich gibt es dabei Budgets und Vorgaben, die nicht gerissen werden dürfen.

Bitter will HSV Hamburg finanziell stabilisieren

SPORT1: Der neue Geschäftsführer Christian Hüneburg hat zuletzt gesagt, dass er noch großes Potenzial im Bereich Marketing, Sponsoring und Ticketing sieht. Hamburg als Weltstadt und der Name HSV haben eine gewisse Strahlkraft, aber was macht Sie so sicher, dass der Weg erfolgreich sein wird, wie Sie ihn planen?

Bitter: Der Sport hat hier ganz viel getragen in den letzten Jahren. Und davon wollen wir keinen Schritt zurückweichen. Wir wollen dahin kommen, dass auch die wirtschaftliche Seite noch erfolgreicher wird und auch mal ein schlechtes Jahr tragen kann. Wir müssen versuchen, unser Budget schlau einzusetzen.

SPORT1: Sie haben in einem Interview gesagt, dass der HSV Hamburg in den nächsten zehn Jahren kein Ausbildungsverein bleiben wolle. Warum eigentlich nicht? Das kann ja auch ein Erfolgsrezept sein, wie der SC Freiburg in der Fußball-Bundesliga zeigt.

Bitter: Ja gut, wenn das so läuft und wir damit so viel Geld verdienen können, ist das vollkommen fein. (lacht) Wir reden natürlich im Handball über andere Dimensionen. Was damit gemeint war, ist: Wir wollen definitiv Spieler in der Jugend ausbilden oder junge Spieler holen, aber in Zukunft auch die Möglichkeit haben, diese Spieler auf dem Peak ihrer Karriere hier weiter zu begleiten.

SPORT1: Wo sehen Sie Ansatzpunkte, um den Verein wieder so glanzvoll zu machen, wie zu früheren Zeiten?

Bitter: Wir haben Spieler, die eine hohe Last tragen und das wird auf Dauer natürlich immer gefährlich. Da müssen wir in die Breite gehen, müssen den Jungs hier und da flankierend noch weitere Spieler zur Seite stellen, die einen Teil der Last abfangen können. Es geht um das Thema Breite und grundsätzlich auch immer um die Verbesserung von sämtlichen Bedingungen.

„Im Prinzip bin ich jetzt ein Rookie“

SPORT1: Empfinden Sie Ihren großen Namen und die Erfolge als Spieler in Ihrer neuen Rolle als Funktionär als Last? Oder kann es auch ein Türöffner sein?

Bitter: Ich würde sagen, dass ich sehr reflektiert und demütig rangehe und sage: Alles gut, ich konnte das Eine extrem gut, da ist mir sehr viel zugefallen. Jetzt kommt ein neuer Bereich, wo mir das Alte mit Sicherheit hilft. Aber im Prinzip bin ich jetzt ein Rookie, der ein bisschen Rückenwind und Fachkenntnis hat. Das kann gut helfen, aber das sind 20 Prozent von dem, was jetzt kommt. Den Rest muss ich mir wie bei jedem anderen Job erarbeiten.

SPORT1: Wo sehen Sie den HSV Hamburg am Ende der Saison und wo in zwei, drei Jahren?

Bitter: Sportlich haben wir es immer geschafft, ein bisschen besser dazustehen, als man vielleicht von uns erwartet hätte. Das wollen wir genauso bestätigen. Für uns wäre das ein Platz im unteren Mittelfeld, das wäre ein sportlich hervorragendes Ergebnis. Mittelfristig wollen wir mehr Geld und mehr Budget für die Mannschaft haben. Das muss das erste Ziel sein, um überhaupt über andere Sachen zu reden.