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Handball: Kentin Mahé spricht im Interview über schmerzhaftes Olympia-Aus

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Handball: Kentin Mahé spricht im Interview über schmerzhaftes Olympia-Aus

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“Die Wunde sitzt tief”

Kentin Mahé kehrt elf Jahre nach seinem Abgang zum VfL Gummersbach zurück. Im SPORT1-Interview spricht der französische Rückraumspieler über seine Ziele in der Bundesliga, die DHB-Auswahl, Nikola Karabatic und die riesige Enttäuschung, Olympia zu verpassen.
Victor Wembanyama sorgt schon in seiner ersten NBA-Saison bei den San Antonio Spurs für mächtig Furore. Olympia 2024 in Paris ist für den Franzosen eine besondere Herzensangelegenheit.
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Kentin Mahé kehrt elf Jahre nach seinem Abgang zum VfL Gummersbach zurück. Im SPORT1-Interview spricht der französische Rückraumspieler über seine Ziele in der Bundesliga, die DHB-Auswahl, Nikola Karabatic und die riesige Enttäuschung, Olympia zu verpassen.

Es war Kentin Mahés großer Traum, der wie eine Seifenblase zerplatzte: Die dritte Teilnahme an den Olympischen Spielen. In seiner Heimat, der französischen Hauptstadt Paris. Vor wenigen Tagen überbrachte ihm Guillaume Gille, Coach der Équipe Tricolore, die bittere Nachricht, dass der Rückraumspieler nicht zu den auserwählten 14 Spielern gehört, welche die Farben seines Landes vertreten.

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Für den Routinier, der schon Welt- und Europameister sowie Olympiasieger wurde, einer der schlimmsten Momente der Karriere, wie er zugab. Doch Mahé ist gewillt, den Schalter so schnell wie möglich umzulegen - und seinem neuen Arbeitgeber früher als gedacht zu helfen. Seine spektakuläre Rückkehr zum VfL Gummersbach, wo er bereits von 2011 bis 2013 spielte, ehe er zum international gefragten Topspieler reifte, gilt als echter Transfer-Coup - und als deutliches Zeichen des Traditionsklubs in Richtung Zukunft.

Der sechste Platz der Vorsaison soll nur ein Anfang sein. Mit SPORT1 sprach der 33-Jährigen über seinen Wechsel, die Enttäuschung über sein Olympia-Aus und das DHB-Team, das am Samstag zum Olympia-Auftakt auf Schweden trifft (ab 19 Uhr im LIVETICKER).

SPORT1: Herr Mahé, am Montag sind Sie mit dem VfL Gummersbach in die Vorbereitung gestartet. Wurden Sie von Ihren neuen Teamkollegen gut aufgenommen?

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Kentin Mahé: Auf jeden Fall. Die Jungs sind super nett und sehr engagiert. Ich habe schon mit Goggi (Gudjon Valur Sigurdsson, Trainer des VfL Gummersbach; Anm. d. Red.) gesprochen und dadurch einen schönen Einblick bekommen, wie stark die Mentalität innerhalb des Teams ist. Alle wollen nächstes Jahr noch weiter nach oben. Diesen Anspruch kann man nur haben, wenn man in der Vorbereitung fleißig ist und sehr viel trainiert.

SPORT1: Wie sind die Ansprüche genau definiert?

Mahé: Wir wollen uns unbedingt für die European League qualifizieren, das ist unser erstes großes Ziel. Und wenn man noch ein Stückchen weiter nach vorne schaut, sich dazu die Mannschaft vor Augen führt, die wir jetzt beisammen haben, müssen wir in der Liga eigentlich die gleiche Punktzahl wie letzte Saison erreichen - wenn nicht sogar besser werden.

SPORT1: Welche Rolle möchten Sie im neuen Team spielen?

Mahé: Ich habe in meiner langen Karriere einiges erlebt und viele Titel gewinnen können, deswegen will ich hier vorangehen. Das bedeutet nicht, dass ich auf Anhieb der neue Leader bin. Viele Jungs sind bereits eingespielt, ich muss meinen Platz in der Mannschaft erst noch finden. Aber klar: ich möchte mit Goggi die bestmögliche Affinität eingehen. Der älteste Spieler des Teams sollte immer einen guten Draht zum Trainer haben.

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SPORT1: Sie sind als Spielertyp dafür bekannt, sich mit voller Dynamik in jeden Zweikampf reinzuhauen. Wie ist denn Ihr Fitnesszustand zurzeit?

Mahé: Puh, so viel wie diesen Sommer habe ich noch nie trainiert (lacht). Erst zehn Tage in Gummersbach mit der Athletik-Trainerin des VfL, die mich richtig nach vorne gepusht hat. Und dann fuhr ich für zwei Wochen mit dem französischen Nationalteam in die Alpen. 2.000 Meter Höhe. Brutal schwer. Jetzt kommt noch das Trainingslager mit dem VfL hinzu. In ein paar Wochen werde ich sicherlich behaupten können, das war meine krasseste Vorbereitung aller Zeiten. Hoffentlich trägt das während der Saison Früchte.

Mahé spricht über schmerzhaftes Aus für Olympia

SPORT1: Ein Ticket nach Paris gab es für Sie nicht. Es reichte am Ende leider nicht für den Sprung in Frankreichs Olympia-Kader.

Mahé: Der Moment, als wir das Abschluss-Meeting hatten und uns mitgeteilt wurde, wer nicht mit zu Olympia fahren darf, war mit das Schmerzhafteste, was ich jemals im Handball erlebt habe. Ehrlich gesagt hatte ich auch nicht wirklich damit gerechnet, dass es mich treffen kann. Ich fokussierte mich die Monate davor nur darauf, körperlich und mental die beste Version von mir selbst zu sein, um diesen einen Platz zu bekommen. Dem Coach (Guillaume Gille; Anm. d. Red.) mache ich keinen Vorwurf, er musste harte Entscheidungen treffen. In Frankreich gibt es 21 oder mehr Spieler, die im finalen Kader stehen könnten - da war es logisch, wie schwierig es wird. Trotzdem ist mir gefühlt der Himmel auf den Kopf gefallen, als die Nachricht rauskam.

SPORT1: Wenige Tage nach dieser Bekanntgabe kehrten Sie nochmal zurück in die Nationalmannschaft, weil Nedim Remili und Dika Mem ausfielen.

Mahé: Ich bekam einen Anruf und war dann tatsächlich nochmal zehn Tage bei den Jungs. Ohne Garantie, vielleicht doch mitfahren zu dürfen. Es gab einige kleine Verletzungen, da ging es also erstmal darum, den Trainingsbetrieb aufrechtzuerhalten.

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SPORT1: Trainer Guillaume Gille lobte Sie danach sehr, vor allem ihren Einsatz für das Team trotz der Enttäuschung.

Mahé: Für mich stellte sich die Frage, nicht zu kommen, nie. Dem Team zu helfen, war eine Selbstverständlichkeit. Ich hatte auch schöne Tage, wollte mich weiter beweisen und sofort bereit sein, sollte doch noch etwas passieren. Wenngleich mich immer ein ganz komisches Gefühl begleitete, weil ich eben nicht im 17er-Kader stand.

Mahé: „Denke schon, dass ich mir die Spiele anschauen werde“

SPORT1: Wie werden Sie Olympia trotzdem verfolgen?

Mahé: Die Wunde sitzt tief. Gerade in Zeiten von Social Media kriegt man viel mit. Zu sehen, wie die Jungs ihre Akkreditierungen bekommen und ins Olympische Dorf gelangen, wird sicherlich alles andere als einfach sein. Aber ich denke schon, dass ich mir die Spiele anschauen werde.

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SPORT1: Für Nikola Karabatic sollen die Olympischen Spiele der krönende Abschluss seiner herausragenden Karriere sein. Wie ist ihr Verhältnis zu ihm?

Mahé: Nikola ist ein Superstar unserer Sportart - und zwar nicht seit Kurzem, sondern seit über 20 Jahren. Er startete sein Vermächtnis, als er 2003 mit Montpellier die Champions League gewann. Auf und neben dem Feld ist er jetzt ein riesiges Vorbild und für viele eine absolute Identifikationsfigur - besonders für die jungen Spieler. Zu ihm schaute auch ich immer wieder hoch und habe die letzten gemeinsamen Partien umso mehr genossen.

SPORT1: Auch die deutsche Nationalmannschaft ist in Paris vertreten. Doch obwohl die Bundesliga als die beste Liga der Welt gilt, fehlen der DHB-Auswahl schon länger große Titel. Woran liegt das?

Mahé: Das deutsche Team entwickelt sich hervorragend. Es gibt viele super talentierte Spieler wie Juri (Knorr; Anm. d. Red.), Julian (Köster), David (Späth) oder Renars Uscins. Die brauchen ihre Zeit, bis sie die nötige Erfahrung auf dem höchsten Niveau gesammelt haben. Von heute auf morgen entsteht sowas nicht, das kann Jahre dauern. Ich bin mir sicher: Wenn die Jungs mehr Stabilität bekommen und gesund bleiben, wird Deutschland in Zukunft auch wieder eine größere Rolle bei der Vergabe der Medaillen spielen.

SPORT1: Auf Julian Köster werden Sie auch in Gummersbach treffen.

Mahé: Der Typ ist Wahnsinn. Julian reißt pro Spiel 50 Minuten in der Nationalmannschaft ab, ist vorne wichtig, hinten wichtig. Er kann aus neun Metern werfen, beherrscht das Eins-gegen-Eins, hat eine gute Bindung zum Kreis, läuft Gegenstöße, behält die Außen im Blick. Mir fällt nichts ein, was er nicht kann - und das in so jungen Jahren (lacht). Ich freue mich schon, hier beim VfL auf ihn zu treffen und mich mit ihm austauschen zu können.

SPORT1: Worauf freuen Sie sich bei Ihrer Bundesliga-Rückkehr am meisten?

Mahé: Die Bundesliga ist das Maß aller Dinge - und das bleibt sie auch, für mich steht das außer Frage. Ich sehe weltweit keine andere Liga, die da mithält. Nicht nur, was die reine Qualität auf der Platte und die unfassbare Leistungsdichte angeht. Gleiches gilt für alles drumherum. Die Hallen sind in Deutschland immer voll, auf diese Unterstützung freue ich mich riesig.

Mahé spricht über Entwicklung in Gummersbach

SPORT1: Seit Ihrem Abgang 2013 erlebte der VfL Gummersbach schwierige Jahre, unter anderem den ersten Abstieg der Klubgeschichte.

Mahé: Unglaublich. Der Verein brauchte diese Zeit, um in der 2. Liga durchzuatmen und sich neu zu sammeln. Goggi und Christoph (Schindler, Geschäftsführer des VfL Gummersbach; Anm. d. Red.) machen seit vielen Jahren einen hervorragenden Job und schafften es, die ganze Region wieder hinter den Verein zu bringen und dabei den gesunden Weg einzuschlagen. Man spürt es, wenn man sich mit den Leuten hier unterhält, dass wir wieder eine Macht sind.

SPORT1: Die Ansprüche werden sicherlich nicht kleiner.

Mahé: Wir kamen aus der 2. Liga und haben jetzt die Möglichkeit, uns für Europa zu qualifizieren. Das ist ein riesiger Schritt, keine Frage. Aber für mich ist klar: der Wunsch aller Verantwortlichen und Spieler ist es, dass dies nur der Anfang ist. Wir möchten den VfL dahin zurückbringen, wo er mal war. Für manche klingt das vielleicht blöd, weil es sehr hohe Ziele sind, die mit viel Druck verbunden sind, aber das ist der Ansporn.