Am 14. Spieltag steht in der Handball-Bundesliga das Topduell zwischen den Rhein-Neckar Löwen und den Füchsen Berlin an. Und obwohl der Löwe gemeinhin als König der Tierwelt gilt, geben in Handball-Deutschland aktuell die Füchse den Ton an.
Nächste deutsche Handball-Sensation?
Nach 13 Spielen grüßen die Hauptstädter mit elf Siegen und je einer Pleite und Remis vom Platz an der Sonne - vor dem ewigen Meisterschaftsfavoriten THW Kiel und den drittplatzierten Löwen. Und auch vor dem SC Magdeburg, der als Überraschungsmeister der vergangenen Saison die Machtverhältnisse im deutschen Handball schon einmal auf den Kopf gestellt hatte.
Werden die Füchse jetzt die nächste deutsche Handball-Sensation?
Klar ist: Die aktuelle Konstellation ist nicht nur das Ergebnis eines glücklichen Spielplans. Vielmehr haben sich die Berliner ihren Spitzenplatz ehrlich verdient. Zwar gab es Anfang November eine mehr als unerwartete 27:32-Pleite bei GWD Minden. Aber auch die Topteams aus Kiel und Flensburg standen schon auf dem Programm und mit dem 34:26-Heimsieg gegen den THW und dem 31:31 bei der SG Flensburg-Handewitt steht man bei starken drei Punkten aus diesen Duellen. (DATEN: Spiele und Ergebnisse der Handball-Bundesliga)
Dabei musste das Team von Jaron Siewert bereits einen herben Rückschlag im Kampf um den ersten Meisterschaftstitel der Vereinsgeschichte hinnehmen. Top-Neuzugang Mathias Gidsel fällt wegen einer Handverletzung, die er sich im Oktober bei einer Länderspielreise zugezogen hatte, mehrere Wochen aus. (NEWS: Füchse lange ohne Top-Neuzugang)
Füchse trotzen Gidsel-Verletzung
Welche Bedeutung der MVP des Olympiaturniers hat, wurde bereits bei seiner Verpflichtung ersichtlich. „Ich freue mich auf eines der größten Talente unserer Zeit. Er ist ein unglaublich cleverer Spieler, der wenige Fehler macht. Wir wollten ihn unbedingt und das hat am Ende auch den Ausschlag gegeben“, sagte Sportvorstand Stefan Kretzschmar. Geschäftsführer Bob Hanning sprach sogar von einem der „schönsten Tage als Geschäftsführer der Füchse“. (NEWS: Alles zur HBL)
Dass die Füchse-Verantwortlichen nicht übertrieben hatten, stellte der Däne eindrucksvoll unter Beweis. Bis zu seinem Ausfall hatte er mit im Schnitt 35:14 Spielminuten die meiste Zeit aller Berliner auf dem Parkett verbracht. Dabei kam er auf durchschnittlich 4,9 Tore und war damit der dritterfolgreichste Feldtorschütze der Bundesliga.
Zudem bildet er ein absolutes Weltklasse-Duo mit Fabian Wiede. Zwar lässt Füchse-Coach Siewert die beiden nur selten zusammen auf die Platte, dann sind sie aber kaum aufzuhalten. Bei 50 Ballbesitzen mit Gidsel und Wiede auf dem Feld kommen die Füchse auf überragende 33,7 Tore im Positionsangriff. Kein Wunder also, dass die Experten nach der Gidsel-Verletzung - und da auch Wiede zu diesem Zeitpunkt angeschlagen war - mit einem Absturz der Füchse rechneten.
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Wirbel um Hans Lindberg
Aber weit gefehlt: Zwar setzte es in dieser Phase die bislang einzige Saisonniederlage, dennoch verteidigten die Hauptstädter die knappe Tabellenführung gegen drückende Kieler. Maßgeblich an diesem Lauf beteiligt ist Hans Lindberg. Der 41-Jährige liegt mit 75 Treffern aktuell auf Rang fünf der HBL-Torschützenliste und zeigt besonders von der Linie keine Nerven. Im Oktober wurde er von den Fans sogar zum Füchse-Spieler des Monats gewählt. (SERVICE: HBL-Tabelle)
Von den 49 Siebenmeter-Toren der Berliner zeichnet sich der Däne alleine für 42 Treffer verantwortlich. Dass der Rechtsaußen, der bereits seit 2016 für die Füchse aufläuft, nochmal derart aufspielt, war nicht zwingend zu erwarten. Immerhin kam es Ende Oktober zu Unstimmigkeiten zwischen Lindberg und dem Verein, nachdem dieser verkündet hatte, den am Saisonende auslaufenden Vertrag mit dem Dänen nicht zu verlängern.
Angesprochen darauf zeigte er sich verwundert über die Art und Weise der Trennung. „Gute Frage, ich war selbst etwas überrascht“, antwortete er damals bei Sky und verriet, wie er von seinem Aus in Berlin erfahren hatte: „Ich habe die Information von der dänischen Presse bekommen, dass ich ab Sommer nicht mehr hier spiele und jemand anders geholt wird.“ (NEWS: Wirbel um Lindberg-Aus in Berlin)
Über diese Art von seinem Aus bei den Füchsen zu erfahren, hat dem 41-Jährigen, der seit 2016 mit den Berlinern die Klub-WM gewinnen konnte, nicht gefallen. „Das ist natürlich ärgerlich.“ Zwar stünde es dem Verein frei, wie er die Kaderplanung für die kommenden Spielzeit angehen wolle, „aber ich hätte gerne die Information vom Verein selbst bekommen“.
Berlin kann es sowohl daheim als auch auswärts
Die Einstellung im Kader stimmt also. Das große Ziel Meisterschaft scheint die Mannschaft zusammenzuschweißen. Zumal man sich auch auf die Unterstützung der Fans verlassen kann. In der Max-Schmeling-Halle feuern im Schnitt 7.337 Fans ihre Füchse an - und haben bislang bei sieben Heimspielen nur Siege ihres Teams bejubeln dürfen.
Dazu ist kein Team treffsicherer in der eigenen Halle als Berlin. 229 Tore gelangen den Füchsen bereits in Heimspielen. Das entspricht starken 32,7 Treffern pro Spiel. Aber auch in der Fremde kann es der aktuelle Tabellenführer. Hier stehen bislang 195 Treffer in sechs Spielen zu Buche - 32,5 Tore pro Spiel.
Lediglich in der Abwehr fällt man in der Fremde etwas ab. Während in Berlin für die Gäste im Schnitt 26,1 Tore rausschauen, müssen die Füchse ihrerseits in der Gastrolle 28,5 Gegentore hinnehmen.
Hier dürften die Füchse noch das größte Verbesserungspotenzial haben. Beim Gastspiel bei den Rhein-Neckar Löwen damit anzufangen, wäre bestimmt kein schlechter Zeitpunkt.
Und sobald Gidsel nach auskurierter Verletzung zurückkehrt, dürften die Hauptstädter endgültig als Topanwärter auf den Meistertitel gelten. Für Lindberg wäre es ein schöner Schlusspunkt. In seinem ersten Jahr holte er mit dem Team den IHF Super Globe nach Berlin, mit dem ersten Meistertitel zum Abschied hätte er sich auf ewig in den Vereinsannalen verewigt.