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Handball: Top-Stars verlassen HBL Richtung Norden - Droht ein Aderlass?

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Handball: Top-Stars verlassen HBL Richtung Norden - Droht ein Aderlass?

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Großmächte wühlen deutschen Handball auf

Immer mehr skandinavische Spieler verlassen die deutschen Klubs, auch Kiel und Flensburg. Ein wesentlicher Grund: zwei neue Großmächte im Norden.
Der THW Kiel verliert im Sommer 2023 eines seiner Aushängeschilder. Für Niklas Landin geht es zurück in die Heimat.
Manuel Habermeier, Sebastian Mühlenhof
Immer mehr skandinavische Spieler verlassen die deutschen Klubs, auch Kiel und Flensburg. Ein wesentlicher Grund: zwei neue Großmächte im Norden.

Was ist da los in der Handball-Bundesliga?

Niklas Landin verlässt den THW Kiel im Sommer 2023. Sander Sagosen ist ebenfalls nach der nächsten Saison weg. Magnus Rod und Goran Sogard kehren dem Rivalen Flensburg-Handewitt 2023 den Rücken - zwei weitere Skandinavier.

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Auch abseits der beiden Topklubs ist ein skandinavischer Exodus zu beobachten: Frisch Auf Göppingen verliert Janus Smarason, Magnus Gullerud beendet sein Engagement beim SC Magdeburg nach der laufenden Saison.

Es ist mittlerweile ein Trend, der die ganze Liga erreicht hat. Immer mehr Dänen, Schweden, Norweger und Isländer wandern aus der HBL ab - ohne dass große Namen wie der FC Barcelona oder Paris St. Germain sie locken müssen. Und zwar nicht erst zum Karriereende, sondern auf dem Zenit ihrer Schaffenskraft.

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Was steckt hinter der Abwanderungswelle, die das Selbstverständnis von der „stärksten Liga der Welt“ ins Wanken bringt?

HBL-Stars wandern ab - Corona ist ein Grund

Die Ursachen sind vielfältig - eine davon ist keine sportliche: Die Corona-Pandemie und ihre kurz- und langfristigen Auswirkungen spielen eine Rolle, unter anderem beim Weggang von Landin.

„Die Familie ist das Wichtigste im Leben. Wir hatten in der letzten Zeit wachsende Schwierigkeiten, dem gerecht zu werden - auch wegen der vielen, langen Auswärtsreisen und den Corona-Beschränkungen, die es unseren Verwandten unmöglich machten, zu helfen“, erklärte der Keeper, der wieder „dichter an die Verwandtschaft heranrücken“ will.

Der Wunsch, in schwierigen Zeiten der Familie näher zu sein, ist aber nur eine Seite der Medaille.

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Kolstad holt Top-Spieler nach Norwegen

Auf der anderen Seite steht ein Name, der den deutschen Topklubs zu denken geben sollte: Kolstad Handball!

Der Verein aus der norwegischen Küstenstadt Trondheim könnte das vielleicht spannendste Projekt der kommenden Jahre im europäischen Spitzenhandball darstellen.

Manager Jostein Sivertsen, der bereits seit 13 Jahren bei Kolstad im Amt ist, will das Team bis 2024 zu Norwegens bestem Team machen - und auf europäisches Niveau bringen: „Falls das früher gelingt, umso besser.“

Kolstad baut auf starken Sponsoren-Pool - und Sagosen

Dafür will er jedoch nicht den heute üblichen Weg einschlagen und mit einem reichen Mäzen den Erfolg erzwingen. Vielmehr soll es finanzstarker Sponsoren-Pool richten, bei dem eine Supermarkt-Kette eine führende Rolle einnehmen soll.

Der gebürtige Trondheimer Sagosen soll in der Zukunft das Gesicht des Projekts werden. Dementsprechend groß war die Euphorie, als der 26-Jährige zusagte, nach Ablauf seines Vertrags in Kiel in die Heimat zu wechseln.

Dazu machte der Verein klar, welche Bedeutung der Star-Reimport neben der spielerischen Klasse hat. „Mit ihm kommen weitere internationale Top-Handballer“, frohlockt man in Kolstad.

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Dänemark lockt Handballer mit Steuer-Vorteil

Auf einen anderen Anreiz setzt der dänische Top-Klub Aalborg HB, der nicht nur Landin in seine Heimat zurückholen konnte, sondern auch den langjährigen PSG-Star Mikkel Hansen.

Dabei greifen die Verantwortlichen auf das staatliche Förderprogramm Forskerordningen zurück. Die Regierung will damit Spitzenkräfte aus dem Ausland und dänische Experten wieder in die Heimat lotsen.

Bemerkenswert: Um an dem Programm teilnehmen zu können, muss das monatliche Gehalt mindestens 9.500 Euro betragen und ein beruflicher Auslandsaufenthalt von mindestens zehn Jahren vorliegen.

Die Teilnehmer an dem Programm erhalten dabei große Steuerersparnisse. Statt der üblichen Einkommenssteuersatz von 56 Prozent sind nur 32 Prozent an den Fiskus zu zahlen. Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Höchststeuersatz bei 42 Prozent.

Landin, Hansen - und Lauge Schmidt?

Dabei nimmt der dänische Verein sogar in Kauf, dass Hansen - abgesehen von der ohnehin unverhofften Rehabilitation und dem Saison-Aus angesichts einer Lungenembolie - einen Großteil der Vorbereitung verpasst.

Sein Vertrag beginnt nämlich erst am 21. August 2022, wie Sportdirektor Jan Larsen dem Sender TV2 bestätigte. Hintergrund: Der Halblinke war am 20. August 2012 von Kopenhagen nach Paris St.-Germain gewechselt.

Auch bei Landin wird Aalborg wohl auf das Programm zurückgreifen. Schließlich war er 2012 von Bjerringbro-Silkeborg zu den Rhein-Neckar Löwen gewechselt.

Ein weiterer Star-Spieler soll zudem 2023 in die dänische Heimat zurückkehren. Rasmus Lauge Schmidt soll nach Informationen von TV2 zu Bjerringbro-Silkeborg. Damit kehrt er zehn Jahre nach seinem Wechsel zum THW zurück zu seinem Heimatverein - und spart nebenbei noch 24 Prozent Einkommenssteuer.

Flensburg mit neuer Philosophie bei Transfers?

Sollte sich neben Aalborg HB - der neuen sportlichen Heimat von Landin - mit Kolstad eine zweite Handballmacht im hohen Norden etablieren, könnte das den Markt für die deutschen Teams gehörig durcheinanderwirbeln, wie THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi in den Kieler Nachrichten bestätigte. „Man sieht, dass sich mehr Konkurrenz auftut. Mit Aalborg und Kolstad gibt es in der Handballwelt zwei neue Global Player.“

Auch Flensburg, das dank günstiger geographischer Lage immer einen starken skandinavischen Einschlag im Team hatte, ist von dieser Entwicklung direkt gefährdet. Dazu kratzt der aktuelle Abzug der Stammkräfte in den Norden am Image der Familie, als die sich der Klub gerne darstellt.

Und in der jüngeren Vergangenheit war es auch so, dass gerade die nordeuropäischen Spieler lange Jahre in Flensburg aktiv waren und nicht selten zu Identifikationsfiguren und Publikumslieblingen aufstiegen.

Natürlich werde man die Philosophie nun nicht ändern, wie Cheftrainer Maik Machulla klarstellte. „Aber wir konkurrieren bei jungen Spielern aus Skandinavien jetzt plötzlich mit zwei neuen Klubs“, wies auch er auf die neuartigen Schwierigkeiten hin.

HBL mit neuen Herausforderungen

Man darf also gespannt sein, ob der skandinavische Auszug aus der HBL nur ein aktuelles Phänomen ist oder sich zu einem dauerhaften Trend entwickelt. (SERVICE: Die aktuellen News der Handball-Bundesliga)

In Panik verfallen sollte man deswegen jedoch nicht. Zwar sind Topspieler aus Skandinavien mit Aalborg und Kolstad nicht mehr gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, wenn sie in Europa nach Titeln greifen wollen.

Man darf aber auch nicht übersehen, dass deswegen die nationalen Ligen im Norden nicht stärker werden. Ähnlich wie bei den Fußballern von PSG wird das auch im Handball ein abschreckender Faktor sein - für die Landins und Sagosens der Zukunft wird das hohe Wettbewerbs-Niveau der HBL weiter ein Anreiz sein.