Zwei Nationalspielerinnen reichen die fristlose Kündigung bei Borussia Dortmund ein und kontaktieren die neue Anlaufstelle für Betroffene psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt und Missbrauch im Spitzensport.
Rätselhafte Kündigung erschüttert BVB
Einer der bekanntesten Stars des deutschen Handballs vergrößert den Wirbel mit kryptischen Instagram-Posts über ihren Trainer. Und rundherum herrscht viel Schweigen und Rätselraten. (NEWS: Alles zum Handball)
Der brisant anmutende Fall der beiden Topspielerinnen Amelie Berger und Mia Zschocke birgt einiges an Erschütterungspotenzial für den BVB und die deutsche Handball-Szene. Was steckt dahinter?
Amelie Berger und Mia Zschocke kündigen ihre BVB-Verträge
In der Woche vor dem Saisonstart der Frauen-Bundesliga wurde das Team des BVB - im vergangenen Jahr Vizemeister und mit dem erklärten Ziel, in den kommenden zwei Jahren Platz 1 zu erobern - von einem spektakulären Doppel-Abgang überrascht.
Die 24 Jahre alte Rückraumspielerin Zschocke und die 23 Jahre alte Außenspielerin Berger, seit mehreren Wochen offiziell krankgeschrieben, reichten am Montag, den 5. September, die außerordentliche Kündigung ihrer bis 2023 laufenden Verträge ein.
Der Vorgang wurde zwei Tage später durch einen Bericht der Ruhr Nachrichten öffentlich, die von Zschockes und Bergers gemeinsamem Berater Björn Schultz informiert wurden. Die RN schrieben unter Berufung auf Schultz, dass die beiden Spielerinnen sich „in der Sache vom Athleten Deutschland e.V. vertreten lassen würden und auch die am 16. Mai 2022 ins Leben gerufene unabhängige Anlaufstelle bei Gewalt und Missbrauch im Spitzensport ‚Anlauf gegen Gewalt‘ kontaktiert hätten“. Schultz ließ sich außerdem mit den Worten zitieren, dass Zschocke und Berger „gerne für den BVB gespielt haben“.
BVB-Abteilungsleiter Andreas Heiermann bestätigte die Kündigung, ergänzte aber: „Wir haben keine inhaltliche Kenntnis darüber, was für eine fristlose Kündigung spricht und haben daher der Kündigung widersprochen, sodass der Arbeitsvertrag für uns weiter Bestand hat.“
Tags zuvor hatte Heiermann - nach Einreichung der Kündigung - noch festgehalten, dass er das Gefühl hätte, dass Zschocke und Berger „keine Lust mehr auf den BVB haben“. Am Mittwoch fügte Heiermann hinzu, er hätte „keinerlei Kenntnis“ über eventuelle Missstände, die die beiden zu ihrem Schritt veranlasst hätten.
Silvio Heinevetter schaltet sich bei Instagram ein
Am Samstag gewannen die BVB-Handballerinnen ihr Saisonauftaktspiel gegen Halle-Neustadt mit 34:24, die Situation um Zschocke und Berger sorgte allerdings weiter für Unruhe - die auch Ex-Nationalkeeper Silvio Heinevetter verstärkte.
Der Torhüter des TVB Stuttgart - ebenfalls von Schultz beraten - postete in seiner Instagram-Story mehrere Bilder, die sich als Attacke auf BVB-Trainer André Fuhr lesen ließen.
Eines von ihnen zeigte ein Foto Fuhrs mit einem Clown- und einem Schweine-Emoji, begleitet waren die Postings mit einer rätselhaften Ansage, die an Zschocke und Berger gerichtet schien („Ich habe alles gegeben! Bleibt stark Mädels!!!“) Die Postings sind mittlerweile nicht mehr online.
BVB-Handballboss Heiermann reagierte in den Ruhr Nachrichten mit der Aussage, dass er „grundsätzlich abstoßend findet, wie Menschen im Netz diffamiert werden“. Ohne sich konkret über Heinevetter zu äußern, hielt er fest: „Ich kenne keine Vorwürfe gegen André Fuhr, die das rechtfertigen, was aktuell im Netz passiert. Auch kenne ich keine Vorwürfe, die die Basis für diese Gerüchte bilden könnten.“
Trainer André Fuhr ist auch beim DHB - BVB müht sich um Klärung
Fuhr schweigt derweil ebenso wie Zschocke und Berger. Der Deutsche Handball-Bund, für den Fuhr auch als U19-Nationalcoach arbeitet, kommentiert die Angelegenheit ebenfalls nicht, „mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte der Beteiligten“.
Inzwischen ist neue Bewegung in die Affäre gekommen, am Montag kam es zu einem Treffen der beteiligten Parteien, angeblich auch im Beisein von BVB-Präsident Reinhard Rauball.
Heiermann, der zuvor angekündigt hatte, „die Vorwürfe anhören und sie dann bewerten und sachlich aufarbeiten“ zu wollen, berichtete hinterher der dpa: „Es wird in dieser Woche weitere Gespräche geben. Danach hoffen wir, die Sache zeitnah abschließen zu können. Wasserstandsmeldungen wären in dieser Situation jetzt nicht hilfreich.“