Ein niedergeschlagener Juri Knorr hat nach der deutschen Halbfinal-Niederlage bei der Handball-EM harte Kritik an sich selbst geübt - und macht sich auch mit einem Tag Abstand Vorwürfe.
DHB-Star klagt sich selbst an
„Ich habe mich ein bisschen von der Angst vor der Größe des Moment lähmen lassen. Das will ich nicht nochmal, das ist es nicht wert“, sagte der Spielmacher am Tag nach dem 26:29 gegen Dänemark: „Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass man damit nicht weiterkommt und dass man sich das am Ende dann einfach vorwirft.“
Knorr berichtete bei einem Medientermin in Köln von einer harten Nacht, er habe sich „ein wenig mit meinem Handy zugedröhnt, dann habe ich gelesen, bis ich meine Augen nicht mehr aufhalten konnte“. Auch am Samstag fiel es ihm sichtbar schwer, den Blick nach vorn zu richten. „Es ist einfach enttäuschend, wenn man jetzt am nächsten Tag aufwacht und sich denkt, es war mehr drin, es hätte mehr sein können.“
Juri Knorr: Schlaflose Nacht nach verlorenen EM-Halbfinale
In der Partie vor knapp 20.000 Zuschauern in Köln hatte Deutschland insbesondere in der ersten Hälfte stark mitgehalten. Nach der Pause war jedoch der breitere Kader und die individuelle Klasse des dänischen Weltmeisters ausschlaggebend. Knorr haderte anschließend immens und fand nur schwer in den Schlaf.
Die verbleibende Chance auf Bronze im Spiel um Platz drei gegen Schweden am Sonntag (15.00 Uhr LIVETICKER) und die damit verbundene Chance auf das direkte Olympia-Ticket sind ein schwacher Trost für Knorr.
Knorr hatte in der ARD-Sportschau bereits am Freitagabend von einer „riesengroßen verpassten Möglichkeit“ gesprochen. Er wolle in einem der „größten Spiele“ seiner Karriere „nicht so verlieren, dass ich nach dem Spiel das Gefühl habe, nicht alles, alles rausgehauen zu haben.“ Der Mittelmann der Rhein-Neckar Löwen, das betonte er, bezog sich dabei nur auf sich. Auch vor den Reportern in der Mixed Zone klagte sich Knorr an: Er fühle sich „einfach gerade extrem leer“, berichtete er: „Ich mache mir selbst Vorwürfe.“
Knorr: „Ich will nicht so ein Sportler sein“
Der junge Ausnahmespieler war bei der Heim-EM stärker als bislang persönlich in den Fokus gerückt. Er bekam den Druck des Großereignisses zu spüren, auch durch zeitweise geäußerte Kritik von Szenegrößen wie Stefan Kretzschmar und Heiner Brand - der Weltmeister-Trainer hatte Knorr unter anderem attestiert, dass sein Spiel mannschaftsdienlicher sein könnte.
Knorr zeigte sich getroffen, auch von medialer Kritik. Als nachdenklich und selbstkritisch schon zuvor bekannt, nun zeigte sich noch deutlicher, dass die zahlreichen Eindrücke nicht spurlos an ihm vorüber gegangen sind.
„Es sind schon viele Mannschaften ins Halbfinale gekommen. Natürlich ist es ein großer Erfolg und alles schön und gut. Aber wir hatten die Möglichkeit, das zu schaffen. Wir haben es eine Halbzeit gut gemacht, aber keine zwei Halbzeiten. Das ist einfach extrem bitter“, sagte der 23-Jährige. Er wolle „nicht so ein Sportler sein“, ergänzte er, „der zufrieden ist, wenn er das Halbfinale erreicht.“
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)