Fehlerfestival, Aufholjagd und gemischte Gefühle: Die deutsche Nationalmannschaft hält den Traum vom EM-Halbfinale mit einem Remis gegen Österreich am Leben. Nach dem zweiten Hauptrundenspiel muss das Team von Bundestrainer Alfred Gislason mehr denn je zittern.
„Kackspiel“ hinterlässt Spuren
Vor allem die zahlreichen vergebenen Chancen in der ersten Hälfte lagen den DHB-Stars nach der Partie schwer im Magen. Der Weg zur erhofften Medaille ist noch ein bisschen steiniger geworden.
SPORT1 hat die Aussagen bei der ARD, Dyn und aus der Mixed Zone nach der Beinahe-Blamage zusammengefasst.
Bundestrainer Alfred Gislason zum Spiel: „Ich denke, wir haben die Punkte im Angriff verloren. 23 Fehlwürfe - meist freistehend – ist zu viel. Auf gewissen Positionen waren wir einfach zu harmlos. Heute war, ehrlich gesagt, unter dem, was wir haben wollten, wir haben überhaupt gar keine Gefahr ausgestrahlt. Wir sind binnen einer Viertelstunde elf Mal am Torhüter gescheitert. Die Abwehr stand zwar die ganze Zeit über gut, es lag an unserem Angriff. 23 Fehlwürfe und elf technische Fehler ist einfach zu viel. Grausam eigentlich.“
... zur veränderten Startformation: „Naja, Juri (Knorr Anm. d. Red.) hat eine Pause bekommen und natürlich kommt Philipp Weber rein. Er hatte vier Fehler in den ersten zehn Minuten. Juri war erkältet und hat schon gegen Island nicht gut gespielt. Aber, heute hat er viel Charakter gezeigt und gut gespielt - ohne Frage.“
... zu personellen Alternativen: „Weber gegen Frankreich reinzustellen, wäre ... wir konnten nicht, das wisst ihr genau so wie ich. Juri hat seine Sache sehr gut und ordentlich gemacht und auch sehr gut in der Abwehr gestanden. Ob ich Weber hätte früher bringen sollen, weiß ich nicht. Kann man spekulieren, aber ich glaube eher nicht.“
DHB-Kapitän Johannes Golla zum Spiel und dem künftigen Ansatz: „Grundsätzlich war der Tenor, dass wir genau so weitermachen. Es ändert sich nichts an der Ausgangslage, aber man hat auch gesehen, dass es uns unglaublich weh getan hat heute. Das war unglaublich schlecht von uns. Das bringt uns womöglich um unsere Ziele.“
… zu den entscheidenden Faktoren: „Wir machen das schlechteste Spiel, wenn es um Angriffseffektivität geht. Wir machen schon zur Halbzeit sieben technische Fehler und das wird in der zweiten Halbzeit nicht besser. So wird es schwierig. Wir haben genau das gemacht, was wir nicht machen wollten: Die Österreicher ins Spiel lassen. Wir haben erst in den letzten zehn Minuten das Ruder ein bisschen herumgerissen, aber es nicht ganz geschafft.“
.. zum Plan: „Wir werden das als Einheit schaffen, wir müssen aber natürlich darüber reden heute Abend, was passiert ist, sonst werden wir nichts erreichen. Aber wir haben die Fans im Rücken, das ist jetzt unsere Aufgabe, wieder besser zu spielen und es mit den Fans im Rücken herumzureißen. Wir haben aber auch vorhin im Kreis schon gesagt, dass es an den Zielen nichts ändert, die nächsten beiden Spiele zu gewinnen.“
... zum Ziel Halbfinale: „Das reißt einem schon ein bisschen den Boden unter den Füßen weg, weil es das war, worauf wir uns fokussiert haben und wovon wir auch ausgegangen sind, dass wir es schaffen können. Wir haben eine unglaubliche Qualität und die Qualität, jede Mannschaft in der Hauptrunde zu schlagen. Dafür müssen wir aber an unser Optimum kommen und das haben vor allem heute nicht geschafft.“
DHB-Torhüter Andreas Wolff zum Spiel: „Da steht man mal auf der anderen Seite, wenn die Gegner an einem verzweifeln. Wir haben heute sehr viele Chancen liegenlassen, Möstl (österreichischer Keeper, Anm. d. Red.) hat seine beeindruckende Turnierform wieder unter Beweis gestellt und uns wirklich zur Verzweiflung getrieben. So hat er seinem Team völlig verdient einen Punkt gesichert.“
DHB-Spieler Sebastian Heymann zum Spiel: „Wir haben den Torhüter von der ersten Sekunde an warmgeworfen, haben ihn ins Spiel reingeholt und er hat seine Leistung durchgezogen. Nichtsdestotrotz dürfen wir die gute Leistung der Österreicher nicht schlechtreden, die haben heute einen Kampf geleistet. Wir waren in der zweiten Hälfte mal hoch hinten, haben aber auch da nicht aufgesteckt. Nie aufgegeben und die Halle stand hinter uns. Das Schöne ist, dass es in zwei Tagen wieder weitergeht. Wir haben es in den eigenen Händen, für uns ist jedes Spiel ein Finale.“
DHB-Spieler Timo Kastening zum Spiel: „Insgesamt war es eine absolut vogelwilde Partie. Ich weiß gar nicht, ob das Niveau gut oder schlecht war. Ich hatte das Gefühl, dass es unterirdisch war, wenn du aber auch selbst so am struggeln bist und ein K**k-Spiel machst, dann konzentrierst du dich auch immer ein bisschen mehr auf dich.“
... zu den fehlerhaften Abschlüssen: „Ist es die Unkonzentriertheit? Ist es der Gegner, der ein gutes Abwehrspiel macht? Das so kurz nach dem Spiel zu analysieren, fällt mir heute wirklich schwer. Ich kann nur für mich sprechen, dass ich klarste Chancen habe liegen lassen. Gefühlt nicht einen unter Bedrängnis, deshalb kann ich für mich sagen, dass es absolut schlecht war.
Ex-Spieler Stefan Kretzschmar: „Ich habe mich gerade gefragt, wer heute ein gutes Spiel für uns gemacht hat. Andi Wolff und dann wird es auch schon eng. Wir waren nicht auf dem Niveau die Österreicher heute zu schlagen.“
DHB-Spieler Julian Köster: „Gerade ist man in erster Linie enttäuscht, obwohl wir uns letztendlich wahrscheinlich noch glücklich schätzen können, dass wir überhaupt noch einen Punkt mitnehmen, wir laufen im gesamten Spiel eigentlich einem Rückstand hinterher.“
Österreich-Torhüter Constantin Möstl: „Am Schluss fühlt es sich sogar an wie ein verlorener Punkt, aber wir sind dennoch happy, weil wir Deutschland einen Punkt abgeluchst haben.“