Andreas Wolff schickte nach dem erfolgreichen EM-Auftakt gegen die Schweiz schon eine Warnung an die TV-Zuschauer raus.
Wird Wolffs Befürchtung wahr?
„Gegen Mazedonien wird es leider ein ganz, ganz anderes Spiel werden. Die Art und Weise, wie die Mazedonier mit dem 7 gegen 6 spielen, wird am Fernseher sehr unattraktiv werden“, befürchtete der deutsche Torhüter nach seiner Paraden-Show.
Am Sonntag steht für das deutsche Team das zweite Gruppenspiel gegen Nordmazedonien (20.30 Uhr im LIVETICKER) an - ein Sieg könnte den DHB-Männern bereits vor der abschließenden Partie gegen Rekordweltmeister Frankreich (Dienstag, 20.30 Uhr im LIVETICKER) den vorzeitigen Einzug in die Hauptrunde bescheren.
Polarisierendes Mittel gegen Deutschland?
Gegen das von Volksheld Kiril Lazarov trainierte Team warten voraussichtlich einige Abwehrphasen in Unterzahl gegen die in Handballkreisen polarisierende Taktik, bei der der Keeper im Angriff für einen zusätzlichen Feldspieler aus dem Spiel genommen wird.
2016 wurde die Regel eingeführt bzw. angepasst und wird seitdem immer wieder kritisiert – übrigens auch vom deutschen Bundestrainer Alfred Gislason. Zuvor hatte der eingewechselte Spieler ein Trikot überziehen müssen und nur dieser Spieler konnte auch wieder für den Schlussmann ausgewechselt werden.
Das 7 gegen 6 ist zum einen, wie Wolff ergänzte, „für uns schwer zu verteidigen“, bietet zum anderen bei Ballgewinnen aber theoretisch reichlich Chancen zu leichten Treffern ins verwaiste Tor. Chancen, die besser genutzt werden sollten als bei der EM-Generalprobe gegen Portugal.
„Grausam“: Über diese Taktik schimpfte Gislason
„Diese Würfe aufs leere Tor waren unsere schlechteste Taktik heute“, hatte der Handball-Bundestrainer nach dem 35:31 in Kiel bei der ARD erklärt.
Viermal habe das deutsche Team aufs leere portugiesische Tor geworfen – und nur einmal getroffen. „Das ist ziemlich grausam“, kritisierte Gislason, der in der 45. Minute bei einem Fehlwurf David Späths an der Seitenlinie schimpfte.
SPORT1 sprach Späth am Freitag auf die Aussage Gislasons und seine Entscheidungsfindung in solchen Situationen an.
„Ich haue drauf - ohne viel zu überlegen“
„Natürlich möchte man die Torchance nutzen. An meinem Beispiel gegen Portugal hat man aber gesehen, dass man da vielleicht den Ball ruhig hätte spielen sollen“, sagte die deutsche Torwart-Hoffnung von den Rhein-Neckar Löwen.
Er „sehe es (das leere Tor, Anm. d. Red.), und ohne viel zu überlegen, haue ich dann drauf. Das ist manchmal nicht so gut.“
Man müsse die Situation einfach abschätzen: „Wenn es ein enger Spielstand ist und wir das Spiel ruhig halten müssen, sollten wir das eher nicht machen. Aber wenn gerade alles läuft und man sich gut fühlt - warum nicht? Das ist eine freie Torchance. Und wenn ich dem Team mit einem Tor weiterhelfen kann und die Chance sehe, will ich sie auch nutzen.“
Kromer: „Nicht jede Chance hektisch suchen“
Axel Kromer, Vorstand Sport beim DHB, befand bei SPORT1: „Generell haben unsere Torhüter die Chance und die Qualität, solche Bälle einzunetzen. Wir sollten aber nicht jede Chance hektisch suchen, weil wir uns ja auch im normalen Positionsangriff die Chancen erspielen können.“
Seine augenzwinkernde Schlussfolgerung: „Wenn die Quote im 6 gegen 6 im Positionsangriff besser ist als im 1 gegen 0, ist sicher zu überlegen, dann darauf den Fokus zu legen.“
Ähnlich äußerte sich auch Torwarttrainer Mattias Andersson, der beim Wurf übers ganze Feld von einer „Entscheidung, die schnell getroffen werden muss“, bei der man aber „nichts überstürzen sollte“, sprach.
Hält sich Deutschland an die Regeln?
Um sich überhaupt solche Möglichkeiten, die natürlich auch die Feldspieler bei Ballgewinnen betreffen können, zu erspielen, muss die deutsche Abwehr ähnlich gut stehen wie beim umjubelten 27:14 gegen die Schweiz am Mittwoch.
„Viel bewegen und die Kreisläufer gut abdecken“, sei entscheidend, meinte Martin Hanne: „Das wird anstrengend, aber wir sind auf alle Fälle bereit.“
Kromer sprach davon, die eigenen Aufgaben akribisch zu erfüllen: „Wir haben einen klaren Plan, wie wir gegen das 7 gegen 6 verteidigen wollen. Das haben wir auch gegen die Schweiz gut gezeigt. Da müssen wir uns an die Regeln halten.“
Das bedeute, den Spieler frei stehenzulassen, „der möglichst weit vom Ball entfernt ist und die geringste Torgefahr ausstrahlt“.
„Im Idealfall machen wir das richtig schnell kaputt“
Befolgt das DHB-Team diese „Regeln“, könnten die Zuschauer an den TV-Geräten vielleicht doch Spaß haben.
Auf Wolffs Befürchtung beim 7 gegen 6 angesprochen, meinte Timo Kastening grinsend: „Wir müssen dafür sorgen, dass es noch unattraktiver wird, damit sie das einstellen.“
Ähnlich dachte Christoph Steinert: „Im Idealfall machen wir das richtig schnell kaputt, es ist sehr erfolglos - und sie hören damit auf.“