Der deutsche Medaillentraum ist geplatzt, das coronageplagte DHB-Team hat das Halbfinale bei der Handball-EM durch das 21:25 (10:12) gegen Vizeweltmeister Schweden verpasst.
Schwarzer: Nur dieses Team war wirklich besser
„Auch mit dieser Mannschaft konnten wir die Schweden schlagen“, sagte Alfred Gislason nach dem Spiel in der ARD. „Das ist unglaublich bitter. Aber trotz allem bin ich sehr zufrieden mit der Mannschaft, was sie leistet unter diesen Bedingungen.“ (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Handball-EM)
Gleich mehrmals betonte der Bundestrainer, dass er „stolz“ auf sein Team sei, obwohl die deutsche Auswahl nach der erfolgreichen Vorrunde drei Niederlagen in Folge kassiert hatte.
Im Gespräch mit SPORT1 vermittelte Ex-Nationalspieler Christian Schwarzer ein ähnliches Stimmungsbild. (DATEN Tabellen der Handball-EM)
Schwarzer: Ohne Coronafälle wäre „mehr drin gewesen“
„Ich glaube nicht, dass die Schweden besser waren. Wir haben sie leider mit unseren Fehlern im Spiel gehalten. Wir hatten zwei- oder dreimal beim Unentschieden die Chance, das Spiel komplett zu kippen. Da waren wir emotional auf einem Hoch und die Halle stand hinter uns. Hätten wir es einmal geschafft, in Führung zu gehen, hätten wir die Schweden knacken können“, so der 52-Jährige.
Das seien Dinge, die man sich in der Trainingshalle erarbeiten müsse. Das Problem dabei: Die vielen Coronafälle im deutschen Team - insgesamt gab es bislang 13 - ließen kaum zusätzliche Trainingseinheiten zu.
„Gerade für die Nachrücker war das schwierig. In der Trainingshalle hätte man noch Lauf- und Passwege besprechen können. Deshalb war die Situation für die gesamte Mannschaft noch viel schwieriger“, betonte Schwarzer. (NEWS: Alles Wichtige zum Handball)
Und weiter: „Es wäre sicherlich mehr drin gewesen. Die Jungs waren gut unterwegs. Dann kam dieser Mist. Es sind ja nicht nur die Ausfälle, sondern auch das gesamte Drumherum, mit dem man sich dann beschäftigen muss. Mit so einer Situation hat kein Mensch Erfahrungen.“
Schwarzer zieht positives EM-Fazit
Selbst bei Gislason, der so viel in seiner Trainerkarriere erlebt habe, habe man in dieser Situation manchmal das Gefühl gehabt, „dass er nicht mehr weiß, was er sagen oder machen soll. Er ist ja auch machtlos.“
In Summe fällt das Resümee von „Blacky“ allerdings positiv aus: „Selbst in dieser Konstellation waren wir so nah an Mannschaften wie Schweden und Norwegen. Nur Spanien war wirklich besser.“ (Die Handball-EM im LIVETICKER)
Ein Sonderlob gab es für Shootingstar Julian Köster. „Ganz toll war die Leistung von Julian Köster. Wie er als Jüngster aufgetreten ist – Hut ab! Der Junge wird uns in Zukunft ganz sicher noch Spaß machen.“
Auch Lukas Stutzke habe „sofort versucht, die Dinge, die er gut macht, mit in die Mannschaft zu tragen. Bei Paul Drux und Fabian Wiede wissen wir, welche Qualitäten sie haben.“
„Blacky“: Kann viele positive Punkte mitnehmen
Für die beiden Nachrücker, die für die EM ursprünglich abgesagt hatten, sei es gut gewesen, „dass sie in diesen Teamspirit noch einmal reingekommen sind und selbst etwas beigetragen haben. Die Jungs haben ihr Herz auf dem Spielfeld gelassen. Das ist die wichtigste Grundlage in unserem Sport. In diesem Teamspirit dabei zu sein, ist sehr erstrebenswert.“
Auch „der alte Hase“ Jogi Bitter, der kurz vor seinem Blitz-Comeback noch einmal Papa geworden war, habe sich in den Dienst der Mannschaft gestellt. „Das sind tolle Geschichten. Jogi ist da sicherlich ein ganz großes Vorbild für viele junge Spieler“, so Schwarzer.
Der 2007er-Weltmeister machte weiter deutlich: „Man kann mit Sicherheit sehr viele positive Punkte aus dieser Europameisterschaft mitnehmen. Alleine weil die Jungs wieder stolz sind, für Deutschland zu spielen und den Adler auf der Brust zu tragen. Da sind wir schon einen ganz großen Schritt weitergekommen.“
Handball: Schwarzer blickt positiv in die Zukunft
Dass die deutschen Handballer zum dritten Mal in Folge das EM-Halbfinale verpassen, sei der Situation geschuldet: „Ich hätte es gern gesehen, wenn die Truppe komplett zusammengeblieben wäre. Dann hätte ich sehen wollen, wer uns bei diesem Turnier dann geschlagen hätte.“
So sei das Ergebnis „einfach nicht bewertbar, weil die Rahmenbedingungen so extrem waren.“
Schwarzers Fazit: „Alfred Gislason hat gesehen, dass er viele tolle Alternativen hat. Wir können uns auf die nächsten Turniere freuen – ganz besonders auf die Heim-EM 2024, die nicht mehr so weit weg ist, wie es sich aktuell anhört. Da können wir uns auf ein tolles Turnier freuen mit einer Mannschaft, die eine gute Mischung aus Erfahrung und jungen Spielern bieten wird. Wir können positiv in die Zukunft blicken.“