Krimi im Finale der Handball-Champions-League!
Final-Krimi! Magdeburg ist CL-Sieger
In der Kölner Lanxess Arena hat sich der SC Magdeburg erst in der Verlängerung des Endspiels mit 30:29 (13:15, 26:26) gegen den polnischen Spitzenklub Barlinek Industria Kielce durchgesetzt und sich nach 2002 zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte zu Europas Handball-Champion gekrönt.
Linksaußen Lukas Mertens sagte nach dem Finaltriumph: „Wir haben an unsere Chancen geglaubt. Es ist mein absolutes Karriere-Highlight. Wir haben die SCM-Geschichte von vor 21 Jahren wiederholt, das macht mich stolz.“
In der Verlängerung trumpfte insbesondere der SCM-Isländer Gisli Kristjansson auf, der nur einen Tag nach dem Auskugeln seiner Schulter sensationell wieder auf der Platte stand. Mertens feierte seinen Teamkollegen: „Was Gisli heute geleistet hat: Großer, großer Respekt. Es ist Wahnsinn, man hat gesehen, dass er seinen Arm nicht nach hinten ausgeholt hat.“
Der deutsche Nationaltorhüter Andreas Wolff hingegen verlor zum zweiten Mal hintereinander das europäische Finale in dramatischer Manier. Bei DAZN sagte er nach der Niederlage: „Ich bin leer, sauer, enttäuscht. Ich hätte einfach zwei Bälle mehr halten können, dann hätten wir mit einem Tor gewonnen.“
Magdeburg der „Underdog“ gegen Wolff und Co.?
Kay Smits (8 Treffer) war am Sonntag vor 19.750 Zuschauern der beste Werfer für den nimmermüden SCM, der sich nach der Pause auch von einem zwischenzeitlichen Vier-Tore-Rückstand nicht aus dem Konzept bringen ließ und die Partie auch dank Krsuistjansson auf den letzten Metern auf seine Seite zog.
Bei DAZN freute sich der MVP: „Ich habe keine Ahnung, wie das geht. Vor fast 24 Stunden war meine Schulter raus. Auch heute morgen war es nicht klar, ob ich spielen werde, da ging fast gar nichts, die Schulter tut echt viel weh jetzt. Ich weiß nicht, wie lange ich ausfalle, aber es ist alles wert.“
Auch Mike Jensen konnte sein Glück kaum in Worte fassen: „Was für eine Saison! Jetzt stehen wir hier als Champions-League-Sieger, mir fehlen die Worte. Zwei unglaubliche Spiele, irgendwie hat es geklappt. Es tut mir leid für alle, die Herzprobleme bekommen haben wegen uns.“
Teamkollege Magnus Saugstrup schloss sich dem an: „Ich bin wirklich froh. Viele haben gesagt, wir sind die Underdogs hier, aber wir wussten genau, wie gut wir sind. Wir könnten vielleicht heute ein paar Promille haben, wir feiern heute. Es gibt keinen Plan, einfach feiern und trinken.“
SCM mit Traumstart in CL-Finale
Auch unter den Augen Gislasons fand der SCM gut in die Partie, benötigte kaum Einzelleistungen, sondern glänzte eher mit Teamhandball, wie es Gislason bereits vor dem Spiel bei DAZN prognostizierte: „Ich denke, dass der SCM der große Underdog ist heute und eine geschlossene Mannschaftsleistung braucht.“
Einer schnellen 4:1-Führung und dem erhofften Traumstart ließ Kielce-Keeper Andreas Wolff aber erste Siebenmeter-Paraden folgen, die Polen kamen auf 6:6 heran. Nach 18 Minuten dann das nahezu Unvorstellbare: Gisli Kristjansson betrat das Feld.
Nur einen Tag nach seiner schweren Schulterverletzung machte der SCM-Superstar das 8:7 - unter sichtbaren Schmerzen. „Ich habe die Ärzte gefragt, ob wir es verschlimmern könnten, was ist, wenn die Schulter wieder rausfliegt?“, hatte Trainer Wiegert noch vor der Partie bei DAZN verraten, eine OP drohe ohnehin in der kommenden Woche.
Kristjansson mit Blitz-Comeback für Magdeburg
Letztlich kam er jedoch zu dem Entschluss: Ich „darf einem Spieler nicht die Chance nehmen, das größte Spiel seiner Karriere zu spielen. Gisli hat mich gebeten, ihn mit in den Kader zu nehmen.“ Und die Schulter hielt vorerst, auch im umkämpften Endspiel. Zur Halbzeit war noch keine Entscheidung gefallen: Kielce führte 15:13.
„Sie wissen, dass sie nur 60 Minuten vom größten Erfolg ihrer Spielerlaufbahn trennt“, wusste SCM-Trainer Wiegert. Nun waren es noch 30 Minuten Aufreibung, Kielce wurde immer stärker, insbesondere mit Strippenzieher Alex Dujshebaev.
Und auch der deutsche Nationalkeeper im Dress des polnischen Topklubs, Andreas Wolff, konnte sich immer öfter auszeichnen. „Für uns ist Andi der beste Torhüter der Welt. Gestern hat er gezeigt, wieso er für mich die Nummer 1 ist“, hatte sein Trainer Talant Dujshebaev vor der Partie gesagt - und Wolff bestätigte ihn auch am Sonntag im Finale.
Kielce zog auf 18:14 weg, Magdeburg hatte allmählich Mühe dranzubleiben.
Heiße Schlussphase im CL-Finale nach Schockmoment
Doch die kämpferischen Qualitäten ließen auch einen Tag nach dem dramatischen Finaleinzug gegen Barcelona nicht nach. Allen voran Kristjansson spielte wie entfesselt, riss Minuten ab, die am Vortag unvorstellbar gewesen wären.
Zwölf Minuten vor Spielende wurde das Spiel aufgrund eines medizinischen Notfalles auf der Pressetribüne für rund eine Viertelstunde unterbrochen. Ein polnischer Journalist war kollabiert und verstarb noch am Abend .
Magdeburg-Trainer Bennet Wiegert wollte gar das Spiel abbrechen, sagte nach Ende: „Es tut mir unendlich leid. Meine Trauer, mein Beileid gilt dem verstorbenen Journalisten aus Kielce.“
Das Sportliche konnte aber resümieren. Acht Minuten vor dem Ende machte Magdeburg den Ausgleich zum 22:22. Fünf Minuten vor Schluss dann das 24:24, 20 Sekunden vor Schluss das 26:26. Und es sollte wieder Verlängerung geben.
Dort machte - wer sonst - Kristjansson das entscheidende Tor für den SCM, Kielce bekam beim Stand von 29:30 zwar noch einen Freiwurf zugesprochen, der allerdings in der Mauer hängenblieb und die Ekstase aller SCM-Spieler und Trainer eröffnete.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)