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Magdeburg-Held Gisli Kristjansson: Fast zu kitschig, um wahr zu sein

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Magdeburg-Held Gisli Kristjansson: Fast zu kitschig, um wahr zu sein

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Fast zu kitschig, um wahr zu sein

Gisli Kristjansson kugelt sich beim Final Four im Halbfinale am Samstag seine Schulter aus. Eine monatelange Pause wird ihm prophezeit - doch am Sonntag steht der Isländer wieder auf der Platte und wird Champions-League-Sieger.
Der SC Magdeburg gewinnt die Handball-Champions-League in einem dramatischen Finale gegen den polnischen Spitzenklub Barlinek Industria Kielce mit 30:29 nach Verlängerung.
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Gisli Kristjansson kugelt sich beim Final Four im Halbfinale am Samstag seine Schulter aus. Eine monatelange Pause wird ihm prophezeit - doch am Sonntag steht der Isländer wieder auf der Platte und wird Champions-League-Sieger.

Gegen 21 Uhr beantwortete Gisli Kristjansson, merklich geschlaucht, aber überglücklich, die letzten Journalisten-Fragen. Konfettischnipsel hingen an seiner rechten Hand, um den Hals baumelte die Siegermedaille. Die unfassbare Gefühlsachterbahn, sie hat deutliche Spuren hinterlassen.

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Was der Isländer an diesem historischen Wochenende mitgemacht hat, grenzt an ein wahres Sportwunder und ist nur schwer in Worte zu fassen. Noch am Samstag schlich Kristjansson als tragischer Held völlig geknickt durch die Katakomben der Kölner Lanxess-Arena. Beim nervenzehrenden Halbfinal-Sieg gegen Titelverteidiger Barcelona verletzte sich der 23-Jährige zum wiederholten Male am Wurfarm, kugelte sich die rechte Schulter aus.

Das sofortige Final-Four-Aus schien unausweichlich. Daran zweifelte im Prinzip niemand. Bennet Wiegert befürchtete das Schlimmste, vermutete gar einen monatelangen Ausfall. „Was eine Schulter-Luxation für einen Handballer bedeutet, muss ich niemandem erklären. Zudem, wenn es der Wurfarm ist“, sagte der SCM-Trainer geschockt. Nur eine Nacht später die riesige Überraschung: Der Name Kristjansson stand beim Finale gegen Barlinek Industria Kielce urplötzlich in der offiziellen Aufstellung.

Am Sonntagmorgen testete das medizinische Personal den Regisseur gründlich durch, gab schließlich grünes Licht. Wiegert meinte daraufhin: „Ich habe mit unseren Ärzten gesprochen, wie ein Worst-Case-Szenario aussehen könnte. Mir wurde gesagt: ‚Schlimmer als die eh anstehende Operation kann es nicht kommen.‘“ Begleitet von frenetischen „Gisli-Sprechchören“ nahm Kristjansson dann tatsächlich das Warm-up auf.

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Ursprünglich plante Wiegert ihn für vielleicht „fünf Minuten“ ein, er könne für die „X-Faktor-Momente“ sorgen. Doch Kristjansson lieferte beinahe in gewohnter Manier ab, blendete all die Beschwerden einfach aus und führte den SC Magdeburg als stets agiler Spielmacher zum sensationellen Champions-League-Triumph.

Aüßerst selten passte der Begriff Mentalitätsmonster besser. Es ist eine dieser genialen Geschichten, die nur der Sport schreibt. Fast zu kitschig, um wahr zu sein.

Kristjansson: „Sehr viele Schmerzmittel und Schlaftabletten“

„Das ist keine Wunderheilung“, stellte Wiegert in einem Interview bei DAZN bereits vor dem Anwurf klar. „Wenn er den Schmerz tolerieren kann, dann darf ich einem Spieler nicht die Chance auf das größte Spiel seiner Karriere nehmen.“

Ein Stromgerät sollte in der Nacht von Samstag auf Sonntag Kristjanssons Schmerzen lindern. „Dann habe ich sehr viele Schmerzmittel und Schlaftabletten genommen. Als ich am Morgen in der Halle stand und die Schulter bewegt habe, habe ich gesagt: ‚Da geht fast gar nichts, jede Bewegung tat weh.‘ Das Physio-Team hat es aber doch irgendwie geschafft, dass ich ohne Schmerzen spielen konnte“, schilderte das Rückraum-Ass nach dem historischen Coup.

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Letztlich kam es um ein Vielfaches besser als gedacht. Die fünf Minuten Spielzeit, von denen Wiegert anfangs ausging, überschritt der Isländer schon in der ersten Hälfte. Nach 17:55 Minuten lief der Spielmacher - begleitet von tosendem Applaus - erstmals auf die Platte. Bis zu seinem ersten Torerfolg dauerte es dann gerade einmal 26 Sekunden.

Ein perfekter Zeitpunkt, denn Magdeburg drohte genau in dieser Phase den Faden zu verlieren. Bis zur vielumjubelten Schlusssirene verbuchte der 23-Jährige unzählige Assists, konnte immer wieder Durchbrüche erzwingen. Zudem war Kristjansson (6 Tore) hinter Kay Smits (8) bester SCM-Werfer.

Magdeburg-Held: „Habe noch nie Bier getrunken“

Der verdiente Lohn: Kristjansson, der nach dem Match mit den Tränen kämpfte, nahm nicht nur den Champions-League-Pokal mit nach Hause.

Für seine unfassbare Leistung, den beispiellosen Siegeswillen und der unnachahmlichen Hingabe heimste er auch die Auszeichnung zum besten Spieler des Final Four ein. „Dass Kristjansson noch MVP wird, freut mich so sehr für ihn. Denn ich weiß auch, welche anstrengende Zeit auf ihn zukommt. Er ist absolut kein Typ, der Handballspiele hinter der Bank gucken kann“, sagte Trainer Wiegert mit Blick auf die anstehende Schulter-Operation seines Schützlings.

„Er hatte ja nichts an seinen Beinen, also konnte er Eins-gegen-Eins-Duelle führen“, scherzte derweil Lukas Mertens, ehe der Linksaußen seinem Teamkollegen ebenfalls ein ausdrückliches, ernstgemeintes Lob aussprach: „Man hat gesehen, dass er den Arm nicht nach hinten ausgeholt hat. Das ist Wahnsinn, was Gisli da abgerissen hat. Ganz großen Respekt.“ Nicht unwahrscheinlich, dass Kristjansson als „einarmiger“ Held in die Magdeburger Geschichte eingeht.

Wie der 23-Jährige all das Erlebte gebührend feiern möchte, wusste er in der Mixed Zone selbst nicht. „Ich habe noch nie Bier getrunken. Ich habe noch nie Alkohol in meinem Leben getrunken“, offenbarte er. Normalerweise sei Cola Zero das Getränk seiner Wahl.

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Der Champions-League-Triumph könnte ein passender Anlass sein, davon einmal eine Ausnahme zu machen.