Barcelona, Paris, Kiel - und bald auch Trondheim?
Neues Mega-Projekt: Das steckt dahinter
Die Spitzenklubs im Handball kommen aus den beiden Metropolen in Spanien und Frankreich, aus der „stärksten Liga der Welt“ in Deutschland und auch aus Osteuropa (Kielce, Veszprem, Skopje). Doch nun formiert sich in Norwegen eine mögliche neue Supermacht. (NEWS: Alles Wichtige zur HBL)
Die Rede ist von dem Team Kolstad Handball, welches aus Trondheim stammt. Luftlinie trennt die Stadt im hohen Norden rund 1000 Kilometer von Kiel. Etwa 1700 Kilometer sind es nach Paris und ca. 2500 Kilometer nach Barcelona. In der kleinen Stadt mit rund 180.000 Einwohnern, die eher als Wintersport-Hochburg bekannt ist - weit ab vom Trubel europäischer Metropolen - scheint sich etwas zu entwickeln.
Manager Jostein Sivertsen hat große Ziele
Aktuell liegt Kolstad in der norwegischen Liga nur auf dem achten Rang. An sportlichem Erfolg liegt es also nicht, dass der im Jahr 1972 gegründete Klub derzeit in den Schlagzeilen der Handball-Welt ist. Das liegt eher an Aussagen wie diesen: „Wir haben große Ambitionen und wollen in den kommenden Jahren ein europäisches Topteam werden. Wir arbeiten hart, damit das gelingt.“
Gemacht hat diese Ansage Manager Jostein Sivertsen. Er ist bereits seit 13 Jahren im Amt und hat nun ein ambitioniertes wie klares Ziel ausgerufen: „2019 haben wir dann gesagt, dass wir bis 2024 Norwegens beste Mannschaft sein und uns auf europäischem Niveau messen wollen. Falls das früher gelingt, umso besser.“
Erreichen will Sivertsen dieses Ziel mit der Hilfe von finanzstarken Sponsoren. Er hat einen Sponsoren-Pool herangezogen, bei dem eine Supermarkt-Kette eine führende Rolle einnehmen soll. Das führt dazu, dass Kolstad mit finanzieller Stärke zum Angriff auf Europas Handballmächte blasen kann, aber gleichzeitig nicht von einem einzigen Mäzen abhängig ist.
„Wir drücken nicht auf den Start-Knopf, ehe wir nicht sicher sind, dass wir das Projekt realisieren können“, schränkte Sivertsen ein. Doch der Knopf ist längst betätigt. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Handball-Bundesliga)
Kiel-Superstar Sander Sagosen als Aushängeschild
Der Leuchtturm des Projekts in der Provinz soll ein Einheimischer sein, der sich in Deutschland zu einem Superstar des Handballs aufschwingen konnte. Die Rede ist von Sander Sagosen.
Der gebürtige Trondheimer, der bei Kolstad seine ersten Schritte in seiner Karriere machte, wird seinen Vertrag bei THW Kiel nicht verlängern. Das ist seit wenigen Tagen klar. Der 26-Jährige geht mit Ablauf seines Arbeitspapiers 2023 zurück in die Heimat. „Der Traum ist Wirklichkeit geworden. Sander zieht 2023 nach Trondheim und mit ihm kommen weitere internationale Top-Handballer“, schrieb Kolstad in einer Pressemitteilung.
„Wir akzeptieren die Entscheidung natürlich, auch wenn die Zusammenarbeit mit Sander langfristig angelegt war und eigentlich auch alles gepasst hat: die Atmosphäre in und um unsere Mannschaft, unser Plan für die Zukunft und auch das Finanzielle“, sagte Kiels Geschäftsführer Viktor Szilagyi zum bevorstehenden Abgang des Starspielers: „Aber letztlich gab es dieses eine Argument, bei dem wir nicht mithalten konnten.“
Das Argument ist die Heimat und außerdem auch eine familiäre Komponente. Sagosens Vater Erlend ist Mitglied im Trainerstab von Kolstad.
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Kolstad holt vier Bundesliga-Spieler
Rund um Sagosen soll in Trondheim nun ein echtes Spitzenteam aufgebaut werden. Mit dem Zugpferd hat Kolstad gute Chancen, einige ambitionierte Spieler zu verpflichten. Und die Akquise hat längst begonnen.
Magnus Rod von der SG Flensburg-Handewitt wird seinen Vertrag ebenfalls nicht verlängern und sich 2023 Sagosen anschließen. Er betonte in der Vergangenheit, dass es ein Traum wäre, mit seinem Freund Sagosen in einem Klub zusammenzuspielen. In der Nationalmannschaft von Norwegen spielen sie bereits Seite an Seite.
Auch der Isländer Janus Smarason von Frisch Auf Göppingen schließt sich dem norwegischen Klub an. Das gilt auch für den Norweger Magnus Gullerud vom Bundesliga-Tabellenführer SC Magdeburg, welcher der Bundesliga bereits 2022 den Rücken kehren wird. (DATEN: Tabelle der Handball-Bundesliga)
Auch Bergerud und Gudjonsson sollen kommen
Darüber hinaus stehen dem Vernehmen nach der norwegische Nationaltorhüter Torbjorn Bergerud, der derzeit in Dänemark für GOG aufläuft, und der Isländer Sigvaldi Gudjonsson vom polnischen Top-Klub Vive Kielce auf Kolstads Liste.
Gerade für Skandinavier strahlt das Projekt in Trondheim einen großen Reiz aus. Daher könnte Kolstad auch dauerhaft zu einer großen Adresse im Handball werden. Im Vergleich zu Mäzen-Klubs wie Kielce, Veszprem und Skopje hat Kolstad mehr zu bieten. Das könnte für die Bundesliga gefährlich sein.
„Dänemark und Norwegen sind als Länder attraktiver. Da kommt für uns, was die Abwerbung von Spielern angeht, Gefahr von allen Seiten“, glaubt Boy Meesenburg, Vereinschef der SG Flensburg-Handewitt. Mit Stars wie Sagosen als Magnet gilt das im Besonderen.