Kapitän Uwe Gensheimer hat nach dem enttäuschenden Abschneiden bei den Olympischen Sommerspielen seinen Rücktritt aus der deutschen Handball-Nationalmannschaft erklärt - und auch im den 34-Jährigen herum vollzieht sich ein größerer Umbruch.
Handball-Beben: DHB verliert nicht nur Gensheimer
Neben dem Linksaußen von den Rhein-Neckar Löwen wird auch Linkshänder Steffen Weinhold (35) künftig nicht mehr für die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) auflaufen. Torhüter und Ex-Weltmeister Johannes Bitter (38) steht außerdem nur noch für Notfälle zur Verfügung, wie der DHB am Donnerstag bekanntgab.
Hinzu kommt ein weiterer Hammer: Weinholds Kieler Teamkollege Hendrik Pekeler (30), absoluter Leistungsträger der Nationalmannschaft, steht für den Moment auch nicht mehr zur Verfügung und hat sich laut DHB “zumindest eine längere Pause auferlegt”.
Hendrik Pekeler: “Ich bin auch Vater von drei kleinen Kindern”
“Die Zeiten in den Nationalmannschaften waren herausragende Abschnitte meines Lebens. Ich habe die Handball-Welt kennenlernen dürfen. Handball hat mich geformt und tut das noch immer, aber ich bin auch Vater von drei kleinen Kindern. Jetzt habe ich mich für meine Familie entschieden, die mich braucht”, begründete Pekeler seinen Entschluss.
Die Art und Weise, wie der DHB die Personalie kommuniziert, warf dabei aber auch umgehend die Frage auf, ob wirklich mit einem Ende dieser Pause des Kreisläufers und Abwehr-Asses zu rechnen ist.
“Nach Tokio ist es Zeit für ein großes Danke, die vier haben unsere Nationalmannschaft über Jahre geprägt”, lässt sich etwa Sportvorstand Axel Kromer zitieren.
Uwe Gensheimer: Gislason hätte besseren Abschied gewünscht
Gensheimer verabschiedete sich in einem auch von den Löwen veröffentlichten Statement: “Nationalspieler zu werden, war ein Kindheitstraum. Den Adler auf der Brust zu tragen und Kapitän der Nationalmannschaft zu sein, war für mich immer eine riesige Ehre. Ich blicke mit Stolz und Dankbarkeit auf eine lange Zeit beim Deutschen Handballbund zurück und werde die damit verbundenen Erlebnisse niemals vergessen.”
Das deutsche Team von Bundestrainer Alfred Gislason hatte die anvisierte Olympia-Medaille durch die Viertelfinal-Niederlage gegen Afrikameister Ägypten klar verpasst.
“Ich hätte mir sehr für uns alle, aber insbesondere Uwe, Steffen, Peke und Jogi gewünscht, dass wir in Tokio erfolgreich gewesen wären und das Halbfinale erreicht hätten”, erklärte Gislason. “Uwe habe ich erst in meiner Zeit als Bundestrainer kennenlernen dürfen. Ich schätze ihn und seine Qualitäten als Kapitän sehr”, so der Bundestrainer.
Gensheimers Abschied ist auch davon getrübt, dass er und seine Rolle als Kapitän bei Olympia und vor allem auch zuvor bei der WM in Ägypten - die Deutschland nur auf Platz 12 abgeschlossen hatte - immer wieder Gegenstand von Kritik und Diskussionen waren. Während der WM hatte Gensheimer mit nicht näher adressierten Vorwürfen von “Neid und Missgunst” in Richtung seiner Kritiker außerhalb der Mannschaft zurückgeschlagen.
Hanning: Gensheimer hat “immer wieder Verantwortung getragen”
Bob Hanning, der ebenfalls bald scheidende Vize-Präsident des Deutschen Handball-Bundes, hatte ihn schon vor seinem Rückzug in Schutz genommen.
“Uwe hat immer polarisiert und es nicht immer geschafft, seine großartigen Leistungen wie bei den Rhein-Neckar Löwen und in Paris bei der Nationalmannschaft zu bestätigen”, sagte Hanning im Interview bei SPORT1. “In all den Jahren hat er aber immer wieder Verantwortung getragen. Und: Anders als der ein oder andere hat er auch in ganz schwierigen Zeiten zum Verband gehalten.”
Die sportliche Bedeutung des nun pausierenden Pekeler hatte Hanning an gleicher Stelle wiefolgt herausgestrichen: “Hendrik kann in der Tat den Unterschied machen. Um langfristig erfolgreich zu sein, müssen wir mehr Spieler dieser Kategorie entwickeln.”
Pekeler sagte schon die WM wegen der Familie ab
Abseits des Sportlichen war Pekelers Verhältnis zum DHB zuletzt nicht reibungsfrei gewesen: Pekeler hatte - wie auch seine Kieler Kollegen Weinhold und Patrick Wiencek und der Melsunger Finn Lemke - für die WM im Januar wegen der Corona-Lage abgesagt, ein Thema, zur dem sich Pekeler mit Hanning öffentlich ausgetragene Meinungsverschiedenheiten geliefert hatte. Auch bei seiner WM-Absage hatte Pekeler auf seine familiäre Verantwortung verwiesen.
Die sportlich folgenschweren Absagen hatten einigen Wirbel zur Folge, auch Torhüter Andreas Wolff hatte vor der WM mit öffentlicher Kritik an Pekeler und Co. für Aufsehen gesorgt.
Gensheimers größter Erfolg mit dem Nationalteam war der Gewinn von Olympia-Bronze in Rio 2016, anders als Weinhold und Pekeler fehlte er beim Gewinn der Europameisterschaft im selben Jahr verletzungsbedingt. Bitters größter Coup war seine beteiligung am Gewinn der WM 2007.