Besser hätte der Spruch auf den T-Shirts wohl nicht passen können. "Aufstieg 2021 - nach Ebbe kommt Flut" prangte als Schriftzug auf den Oberteilen der Spieler des Handball Sport Verein Hamburg.
Die Rückkehr des Hamburg-Handballs
Wenige Momente zuvor hatte der Klub durch einen 32:28-Erfolg gegen den ASV Hamm-Westfalen die Meisterschaft in der 2. Handball-Bundesliga eingetütet und damit auch die Rückkehr des Hamburger Handballs in das Oberhaus klar gemacht.
Mehr als 2.000 Fans sangen "Oh, wie ist das schön" - die Spieler feierten auf dem Parkett. Sie vollendeten die große Auferstehung der Handballstadt!
Denn: Erst 2016 stellte der HSV Handball GmbH seinen Spielbetrieb aufgrund einer Insolvenz ein und musste mit einer zweiten Mannschaft als eV in der 4. Liga den Neustart wagen. Es folgte - unter neuem Namen - direkt der Sprung in die dritte Liga und nach zwei weiteren Spielzeiten der Aufstieg in die zweite Liga. Nun ist nach weiteren zwei Jahren der Schritt in die Bundesliga geglückt.
Das Image des alten HSV soll endgültig abgelegt werden. Die Mentalität, die Herangehensweise, das Selbstverständnis – alles ist anders.
Jansen hat nicht mit Aufstieg gerechnet
"Wir freuen uns wahnsinnig. Wir haben damit am Anfang der Saison aber gar nicht wirklich gerechnet. Und auch während der Saison schien es zwar möglich, so richtig daran geglaubt hat man aber nicht. Es ist ein tolles Signal an die Stadt. Auch wenn es sehr schade ist, dass es in der Coronazeit passiert ist und wir es nicht mit den Fans zusammen feiern konnten", sagte Cheftrainer Torsten Jansen im SPORT1-Interview. (NEWS: Alles zur HBL)
Der Ex-Linksaußen spielte von 2003 bis 2015 für den Vorgängerklub HSV Handball und ist seit März 2017 an der Seitenlinie tätig. Er ist einer der Hauptakteure bei der Rückkehr in das Oberhaus und erlebte die ganze Achterbahnfahrt der Handballstadt hautnah und wie kein anderer mit.
Ursprünglich ging es für "Toto" Jansen beim HSV Handball nämlich nur bergauf. 2002 startete der Klub erstmals im Handball-Oberhaus. Spätestens mit dem Einstieg von Martin Schwalb als Trainer im Herbst 2005 nahm die Entwicklung nach ganz oben Fahrt auf. Schon 2006 gewann der HSV mit dem DHB-Pokal den ersten Titel.
CL-Sieg größter Erfolg des Klubs
Doch damit nicht genug: Ein Jahr später schnappten sich die Norddeutschen auch noch den Europapokal der Pokalsieger. Es folgten Jahre großer Rivalität mit dem THW Kiel um die Spitze im deutschen Handball. Zwischenzeitlich war der HSV sogar drauf und dran, dem Rivalen die Vormachtstellung zu entreißen. (SERVICE: Tabelle der HBL)
2011 holten die Hamburger erstmals in der Vereinsgeschichte die deutsche Meisterschaft und am 2. Juni 2013 kam es zum größten Erfolg der Vereinsgeschichte: der Gewinn der Champions League durch ein dramatisches 30:29 nach Verlängerung gegen den FC Barcelona.
Bei all diesen Meilensteinen stand Martin Schwalb als Coach an der Seitenlinie und konnte sich auf seine Leistungsträger wie Jansen und Torwart Jogi Bitter verlassen.
Doch was damals wohl kein Mitglied des Trios ahnte: Der freie Fall nach ganz unten wartete bereits.
Insolvenzantrag musste gestellt werden
2014 verweigerte die HBL nach dem Rückzug von Geldgeber Andreas Rudolph aufgrund eines fehlenden Nachweises der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Lizenz für die Bundesliga. Der HSV bekam erst in letzter Instanz das Recht, zu spielen. Schon zehn Jahre zuvor hatte Rudolph den HSV mit seinem Einstieg vor dem Ruin gerettet - mit laut eigener Aussage 50 Millionen Euro Kapital.
Spätestens am 15. Dezember 2015 war dann das Ende der Erfolgs-Ära des HSV Handball besiegelt, als der Verein gab bekannt, einen Insolvenzantrag stellen zu müssen.
Der Spielbetrieb sollte zunächst aufrecht erhalten werden. Doch 2016 wurde auch dieser Plan ad acta gelegt und es gab die Auflösung der HSV Handball GmbH. Damit war auch der Startplatz in der Bundesliga verloren. (SERVICE: Alle Spiele und Ergebnisse)
Was in den fünf Jahren danach folgte, war die Wiedergeburt des Handballs in Hamburg als Handball Sport Verein Hamburg mit dem vorläufigen Höhepunkt der Zweitliga-Meisterschaft.
Der HSV Handball existiert nicht mehr
Dass der neue Klub nichts mehr mit dem alten HSV zu tun hat, das ist den Beteiligten um Ex-Trainer Schwalb ganz wichtig. "Der HSV Handball war eine super Zeit und es hilft sicher, dass durch den HSV viele Fans gewonnen wurden. Aber wir sind nicht mehr der HSV Handball. Deshalb kann man auch nicht die Ansprüche stellen, die man an den HSV Handball hatte", betonte er im SPORT1-Interview.
Schon der Aufstieg war mehr als das, was man im Team für möglich hielt.
"Wir sind in der vergangenen Saison mit der gleichen Mannschaft Achter geworden. Wenn man mit einem unveränderten Kader in eine neue Spielzeit geht, dann kann man nicht damit rechnen, dass man so weit oben landen wird", sagte Coach Jansen bei SPORT1.
Klassenerhalt als Ziel
Nach dem Weg von der vierten Liga in die Bundesliga steht für den HSV Hamburg nun die nächste große Herausforderung an - der Klassenerhalt. "Das wird schwierig genug", ist sich der Trainer sicher. Allen voran steht aber das Bemühen, den Klub vor einer erneuten Insolvenz zu bewahren. "Wir haben den Verein auf breite Füße gestellt und wollen alles in einem vernünftigen Rahmen machen. Eine gesunde wirtschaftliche Basis haben und nur das vertreten, was wir wirklich haben", betont der Trainer.
Dafür soll ausgerechnet die Vereinigung des einstigen Erfolgstrios Jansen, Schwalb und Bitter sorgen.
Während Jansen als Trainer bleibt, steht der Einstieg von Schwalb in der Klubführung ebenso fest wie der Wechsel von Bitter vom TVB Stuttgart in das Tor der Hamburger. "Es ist die Abrundung einer Geschichte. Wir kennen uns, wir schätzen uns. Wir wissen, was wir voneinander zu erwarten haben. Das ist eine gute Basis, um miteinander zu arbeiten", freut sich Jansen.
Für die kommende Zeit hat der Coach übrigens nur einen einzigen Wunsch: "Ich hoffe, dass nicht wieder Ebbe kommt."