Thomas Tuchel hat dank eines Debütanten und Bayern-Star Harry Kane ein gelungenes Debüt als Trainer der englischen Fußball-Nationalmannschaft gefeiert. Zum Start in die WM-Qualifikation zeigten die Three Lions einen dominanten Auftritt im ausverkauften Wembley-Stadion und bezwangen Außenseiter Albanien 2:0 (1:0).
England-Presse feiert Tuchel
Zum Jahresbeginn hatte Tuchel den Vize-Europameister übernommen, er soll die Engländer zum WM-Titel 2026 führen.
Nach einer überlegenen, aber harmlosen Anfangsphase der Three Lions fruchtete eine der ersten Maßnahmen des Nachfolgers von Gareth Southgate: Er ließ Myles Lewis-Skelly debütieren - und der 18 Jahre alte Linksverteidiger vom FC Arsenal traf (20.).
Tuchel gleich verliebt
Es war ein historisches Tor: Nie zuvor war ein englischer Debütant bei seinem ersten Treffer jünger. Nur Wayne Rooney und Michael Owen trafen in noch jüngeren Jahren für England.
„Das ist unglaublich“, sagte der Youngster, als er darauf hingewiesen wurde, bei ITV: „Mir fehlen die Worte, wirklich. Ich bin einfach so dankbar, dass der Trainer mir das Vertrauen geschenkt hat.“
Und der angesprochene Tuchel zeigte sich von seinem ersten Torschützen ebenso begeistert: „Er ist ein toller Spieler und eine tolle Persönlichkeit. Myles kam ins Camp und hat sofort gezeigt, warum es so normal ist, sich in ihn zu verlieben. Er ist ein großartiger Spieler und (sein Tor. Anm.) war wohlverdient.“
Tuchel legt den Finger in die Wunde
Kapitän Kane (77.) machte den verdienten Auftaktsieg für den von den Medien argwöhnisch beäugten Deutschen in der Gruppe K perfekt.
Dieser wiederum zeigte sich nach der Partie kritisch: „Wir können es besser machen. Wir müssen es besser machen. Ich glaube, wir hatten sieben oder acht Minuten lang hundertprozentigen Ballbesitz mit vielen Pässen und hoher Energie.“
In der zweiten Halbzeit sei man zu langsam gewesen: „Wir haben den Ball nicht genug laufen lassen, um hinter die Linien zu kommen.“
Mehrere Spieler nahm er dabei gleich auch namentlich in die Pflicht: „Wir erhoffen uns mehr Wirkung von diesen Positionen (gemeint waren die Offensivspieler Marcus Rashford und Phil Foden, Anm.), und wir haben es mit Anthony und Jarrod versucht. Ich hatte auf mehr Dribblings und weniger Pässe gehofft, mehr aggressive Läufe in den Strafraum.“
Da habe „ein bisschen was gefehlt. Sie waren nicht so entschlossen, wie sie sein könnten.“
Tuchel schweigt bei Hymne
Im Vorfeld hatte der ehemalige Bayern-Coach zugegeben, ein „bisschen nervös“ zu sein - und wurde im Londoner Fußball-Tempel von den 90.000 Fans mit einem Banner begrüßt, auf dem stand: „Welcome to the home of football, Thomas“. Bei der Nationalhymne schwieg Tuchel wie angekündigt, da er sich „das Recht, sie zu singen, erst verdienen“ müsse.
Einen Schritt dürfte er diesem Ziel schon näher gekommen sein, wenn man die Schlagzeile des Daily Star betrachtet: „Einer von uns! Auch wenn es manchmal nicht überzeugend war, hat Tuchel das getan, was er tun musste. Drei Punkte gesichert, auf nach Lettland.“
Wohlwollend äußerte sich auch der Mirror: „Tuchels Anrufe zahlen sich aus! Seine große Entscheidungen zahlen sich aus, denn die neuen englischen Spieler bescheren ihm einen erfolgreichen Start.“
Weniger begeistert war die Sun: „Nicht gerade der Nervenkitzel, den uns Tuchel versprochen hatte.“
Neben Lewis-Skelly verhalf der Ex-Chelsea-Coach auch dem 32 Jahre alten Dan Burn (Newcastle United) zum Debüt. Beide hatten großen Anteil an der stabilen Abwehr der Gastgeber, die aber von Albanien, das von der ersten WM-Teilnahme träumt, kaum gefordert wurde. Gegen die mauernden Gäste stand Tuchel fast die gesamte Spieldauer in der Coaching-Zone, gab regelmäßig Kommandos und klatsche seinem Team energisch zu.
Auf das erste Tor reagierte der Nationaltrainer mit einem Lächeln und nutzte daraufhin umgehend die Jubel-Pause, um Keeper Jordan Pickford Anweisungen zu geben. Dann sah er, wie Jude Bellingham und Kane die große Chance auf das zweite Tor vergaben (40.).
Tuchel bringt Henderson spät
Fixpunkt im Spiel der Engländer war Declan Rice, der einst als Tuchels Wunschspieler beim FC Bayern für die „Holding Six“ gegolten hatte. Die Three Lions kamen, anders als noch zum Ende der Ära von Gareth Southgate, mehrfach zu gut herausgespielten Torchancen.
Kane belohnte die Bemühungen, sein Trainer reckte nach dem zweiten Treffer einen Daumen in die Höhe. Dann wechselte Tuchel für die Schlussphase noch Jordan Henderson ein, dessen Nominierung für Schlagzeilen gesorgt hatte.
In der Geschichte des Fußball-Mutterlands waren vor Tuchel nur zwei Nationaltrainer aus dem Ausland gekommen: Fabio Capello und der mittlerweile verstorbene Sven-Göran Eriksson. Der Deutsche soll den Engländern nach 60 quälend lange Jahren den nächsten großen Triumph bescheren. Am Montag (20.45 Uhr) empfängt seine Mannschaft Lettland.
----- mit Sport-Informations-Dienst