Das Thema ist brisant wie auch in seinem Umgang höchst schwierig zu erörtern: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wird einem Medienbericht zufolge für Saudi-Arabien als Gastgeber der Weltmeisterschaft 2034 stimmen. Das berichtet RTL/ntv und beruft sich dabei auf Kreise des DFB-Präsidiums.
Wirbel um deutsche WM-Abstimmung
So soll sich DFB-Präsident Bernd Neuendorf bereits Anfang November mit Teilnehmern einer Klausurtagung im thüringischen Blankenhain darüber einig gewesen sein, dass der deutsche Verband bei der formellen Vergabe für die WM 2030 in Marokko, Portugal und Spanien stimmen wird - sowie dann ebenso für das Turnier vier Jahre später in Saudi-Arabien.
WM-Abstimmung für die Saudis? DFB mauert
Pikant: Beide Turniere stehen in einem gemeinsamen Paket zur Abstimmung - ein Votum für ein einzelnes Event ist demnach unmöglich. Entsprechend kann SPORT1 bestätigen, dass das Voting für den umstrittenen Gastgeber Saudi-Arabien im Prinzip alternativlos ist.
Laut RTL/ntv hatte das DFB-Präsidium während seiner Zusammenkunft davon abgesehen, hinsichtlich eines möglichen Antrags auf getrennte Abstimmungen über die jeweiligen Gastgeberländer oder einer Enthaltung zu diskutieren. Für beide Turniere gibt es keine Gegenkandidaten.
Der größte nationalen Fußball-Verband der Welt erklärte auf Anfrage des Mediums indes, seine Abstimmungs-Entscheidung noch nicht gefällt zu haben, bislang sei allein der bisherige Prozess skizziert worden.
„Der DFB hat in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von Gesprächen mit unterschiedlichsten Institutionen und Einrichtungen zum Gesamtkomplex WM-Vergaben 2030/2034 geführt“, hieß es dazu. Das DFB-Präsidium werde sich mit der Angelegenheit „im zeitlichen Vorlauf des FIFA-Kongresses final befassen und anschließend selbstverständlich die Öffentlichkeit informieren.“
Kritik wegen Menschenrechts-Situation
Die Vergabe einer WM an den Wüstenstaat stößt nicht zuletzt auch wegen der Austragung des Turniers erst vor zwei Jahren in Katar auf massive Kritik. So fordert etwa Amnesty International den Weltfußballverband FIFA auf, den Prozess zur Auswahl Saudi-Arabiens als Gastgeber zu stoppen, sofern bis zur Abstimmung beim FIFA-Kongress am 11. Dezember keine umfassenden Menschenrechts-Reformen angekündigt werden.
Oliver Bierhoff sprach sich derweil für einen pragmatischen Umgang mit Gastgebern von Sportgroßereignissen aus und verwies dabei insbesondere auf die WM 2022: „Wir sind ja ein bisschen auf die Schnauze gefallen in Katar. Man muss einfach sagen, die Welt hat die WM in Katar grundsätzlich recht positiv gesehen.“
Der ehemalige DFB-Direktor nahm bei RTL/ntv vielmehr die Politik in der Pflicht, Richtlinien zum Umgang mit Autokratien wie Katar und Saudi-Arabien festzuzurren: „Ich habe immer für mich diesen Gradmesser gehabt: Solange wir von der Bundesregierung keine Einschränkung haben oder eben Geschäfte gemacht werden mit den Ländern, kann man dort auch Sport machen“, so Bierhoff vor dem Duell der deutschen Nationalmannschaft in der Nations League in Ungarn (20.45 Uhr im LIVETICKER).
Bierhoff und Nagelsmann warnen
Von Alleingängen auf der Bühne des Weltfußballs warnte der frühere Funktionär: „Wenn ich auf pragmatische Weise vorgehe, müssen wir sehen, dass wir uns auch in der Fußballfamilie nicht isolieren, sondern eben auch wieder eine starke deutsche Position haben.“
Mit Blick auf eine wahrscheinliche Vergabe an Saudi-Arabien würde auch Julian Nagelsmann eine ähnliche Debatte wie im Vorfeld des Turniers in Katar vermeiden wollen. Vor zwei Jahren habe man „gesehen, dass zu viele politische Themen eine Mannschaft schon belasten können, da sollten wir alle draus lernen“, sagte der Bundestrainer.
Nagelsmann fügte zudem an: „Dafür haben wir die Fachmänner, die sich um diese Dinge auch kümmern. Wir sind die Fachmänner für den Sport und kümmern uns um den Sport.“ Zwar habe er als Privatperson eine Meinung, müsse diese aber nicht jedem mitteilen.