Das Mutterland des Fußballs hat wieder den WM-Titel verpasst.
England: No Name statt Tuchel?
Trotz einer guten Endrunde der Three Lions hat nun Trainer Gareth Southgate selbst Spekulationen um einen Rücktritt als Nationaltrainer befeuert.
Deshalb wird unter anderem der momentan vereinslose Thomas Tuchel als Nachfolger gehandelt. Auf der Insel kursieren neben dem deutschen Welttrainer einige weitere potentielle Kandidaten.
SPORT1 beleuchtet Tuchel, Joachim Löw und Co. etwas genauer. (DATEN: WM-Spielplan 2022)
Thomas Tuchel (vereinslos)
Laut Telegraph soll der Ex-Trainer von Paris Saint-Germain und Borussia Dortmund nach seinem vorzeitigen Aus beim FC Chelsea bereits zwei andere Angebote aus England und eines aus Spanien abgelehnt haben, weil er auf „die richtige Gelegenheit“ warte.
Der Posten als englischer Nationaltrainer könnte durchaus nach Tuchels Geschmack sein, auch wenn einige England-Stars wie Jude Bellingham oder Kapitän Harry Kane sich vehement für den in der Kritik stehenden Southgate stark machen.
Denn in Katar wusste die englische Nationalmannschaft zu überzeugen. „Wir haben ein großartiges Turnier gespielt und ich glaube, wir haben eine leuchtende Zukunft. Wir lieben es, Gareth als Trainer zu haben und wollen, dass er bleibt“, erklärte Kane.
SPORT1-Einschätzung: Tuchel ist mit 49 Jahren noch ein relativ junger Trainer, der trotz des Champions-League-Trimphs noch große Ziele auf Vereinsebene haben dürfte. Deshalb ist es fraglich, ob der gebürtige Krumbacher jetzt schon bereit wäre, einen Posten als Nationaltrainer anzunehmen, auch wenn England sehr reizvoll sein könnte.
Lee Carsley (Englands U21-Nationaltrainer)
Southgate war zuerst englischer U21-Nationaltrainer und brachte danach die A-Nationalmannschaft weiter als jeder andere Trainer seit Sir Alf Ramsey. Wer hätte damals gedacht, dass er das draufhat? Vielleicht hat Lee Carsley, der derzeitige U21-Coach, auch das Zeug dazu?
Dafür spricht, dass der ehemalige irische Nationalspieler und Everton-Profi großen Anteil am 3:0-Erfolg der Three Lions gegen Senegal im WM-Viertelfinale gehabt haben soll, wie Daily Mail berichtete.
Der 48-Jährige stellte der englischen Nationalmannschaft eine ausführliche Scouting-Präsentation über die Mannschaft von Aliou Cisse zur Verfügung, in der er vor allem auf Senegals Schwächen einging. Mit durschlagendem Erfolg. England zog souverän ins Halbfinale ein.
SPORT1-Einschätzung: Außerhalb der Insel ist Carsley eher ein unbeschriebenes Blatt, doch der Juniorentrainer ist in der FA hoch angesehen, kennt den Verband, die Strukturen, die Leitidee, wie die englische Nationalteams spielen sollen, besser als kaum ein anderer. Denn dafür war der Ire jahrelang verantwortlich.
Gegen ihn spricht bei allem Sachverstand aber die Unerfahrenheit auf der großen Fußball-Bühne. Und der englische Medienrummel ist dabei auch nicht außer Acht zu lassen!
Joachim Löw (vereinslos)
Der ehemalige Bundestrainer ist seit Juli 2021 ohne Trainer-Job. Dennoch wird Joachim Löw von einigen englischen Experten als Southgate-Nachfolger ins Gespräch gebracht.
Kein Wunder, führte der 62-Jährige 2014 Deutschland doch zum WM-Titel in Rio! Und darauf warten die Briten seit 1966 - eine gefühlte Ewigkeit. (DATEN: Gruppen und Tabellen der WM)
Laut SPORT1-Informationen hatte Löw seit dem DFB-Aus immer wieder interessante Anfragen aus dem Ausland vorliegen, doch konkret wurde es bisher noch nicht.
Zudem gebe es noch nicht einmal eine Tendenz, in welche Richtung es für den Weltmeister-Coach gehen soll. Nationalcoach? Oder doch Vereinstrainer? Diese Frage muss Löw erstmal selbst für sich beantworten.
SPORT1-Einschätzung: Löw lernt laut SPORT1 intensiv Spanisch. Ein Indiz für seine Zukunft? Immer wieder werden der FC Barcelona und Real Madrid mit Löw in Verbindung gebracht.
Während Xavi bei den Katalanen fest im Sattel sitzt, ist bei den Königlichen die Frage offen, wie lange Carlo Ancelottti noch weitermachen will. In Spanien ist Löw sehr geschätzt. Doch nun könnte England den Madrilenen zuvorkommen, sofern Southgate seinen Platz räumt.
Eddie Howe (Newcastle United)
Der 45 Jahre alte Engländer hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen in Großbritannien gemacht, da er beim AFC Bournemouth und bei Newcastle United überragende Arbeit leistete.
In zwei Amtszeiten führte Howe die Cherries gleich zwei Mal vom Tabellenende der Championship zurück in die Premier League - und hielt die Außenseiter-Mannschaft fünf Spielzeiten lang dort. Eine außergewöhnliche Leistung!
Und in Newcastle rettete er eine kränkelnde Mannschaft aus einer aussichtslosen Lage und hielt 2021/22 auf beeindruckende Art und Weise noch die Klasse.
In dieser Saison sind die Magpies darüber hinaus wie verwandelt: Spielen offensiv, sind siegreich und spielstark - und deshalb steht Newcastle überraschend auf einem Champions-League-Platz. England hätte wohl nichts gegen Howe, berichtet The Athletic?! (NEWS: Newcastle überrumpelt die Premier League)
SPORT1-Einschätzung: Howe ist wie Chelsea-Trainer Graham Potter (siehe weiter unten) ein offensichtlicher Kandidat für den England-Job. Doch beide Vereinstrainer sollen wegen der großen (finanziellen) Möglichkeiten mit Newcastle bzw. Chelsea nicht interessiert sind.
Arsene Wenger (vereinslos, Arsenals Trainer-Legende)
In England werden immer mehr Stimmen laut, die Arsene Wenger fordern. Zu seinen Fürsprechern gehört unter anderem Ex-Nationalspieler Ashley Cole.
Wenger, langjährige Trainer-Legende des FC Arsenal, wird insbesondere dafür geschätzt, dass er junge, talentierte Spieler entwickeln und auf ein höheres Level bringen kann. (NEWS: Alles Wichtige zur WM)
SPORT1-Einschätzung: Der Franzose ist seit seinem Aus bei den Gunners 2018 ohne Trainer-Job und hat in seinen 22 Jahren bei Arsenal mit Verweis auf seine Nationalität schon mehrmals einen England-Posten abgelehnt.
Jetzt aber könnte der 73-Jährige nach Fabio Capello (Italien) und Sven-Göran Eriksson (Schweden) der erst dritte ausländische Nationalcoach Englands werden.
Graham Potter (FC Chelsea)
Neun Meilen von der Stamford Bridge entfernt, in einem weniger wohlhabenden Teil West-Londons, wurde die Nachricht von Graham Potters Berufung zum neuen Coach beim FC Chelsea mit großem Interesse aufgenommen.
Denn die Verantwortlichen beim englischen Fußballverband (FA) sollen den 47 Jahre alten Ex-Coach von Brighton Hove and Albion schon länger auf dem Zettel gehabt haben und sahen in ihm den idealen Nachfolger für Southgate. (PERSONALIE: Who the f**k is Graham Potter?)
Das ist wenig überraschend: Potter ist zweifellos einer der besten - wenn nicht sogar aktuell der beste - junge englische Trainer. Seine Leistungen in Brighton, bei denen er einer klaren Philosophie treu geblieben ist, haben ihm zahlreiche Bewunderer eingebracht.
Anfang September 2022 wunderten sich deshalb im Wembley-Hauptquartier der FA wohl nur wenige, dass Potter als Tuchel-Nachfolger vorgestellt wurde. Das hat sich auch bis heute nicht geändert.
SPORT1-Einschätzung: Der Blues-Trainer hat erst vor wenigen Monaten seinen Chefposten bei Chelsea angetreten, weshalb es zweifelhaft ist, ob er dem Lockruf der FA nach so kurzer Zeit erliegen würde. Potter würde sich zwar geehrt fühlen, aber dieser Schritt kommt vielleicht ein paar Jahre zu früh.
Weitere Kandidaten:
Ansonsten befinden sich laut englischen Medienberichten auch Southgates aktueller Co-Trainer, Steve Holland, Steve Cooper (Nottingham Forrest, U17-Weltmeister mit England), Brendan Rodgers (Leicester City) sowie Mauricio Pochettino (vereinslos und Ex-Coach von PSG und Tottenham Hotspur) in der Lostrommel.
Dennoch hängt vieles auch von Southgate selbst ab, der die Three Lions bei WM 2022 ins Viertelfinale und bei der WM 2018 ins Halbfinale geführt hat, sowie bei der EM 2021 im Endspiel Frankreich unterlegen war.
Auf diese guten Ergebnisse verweist auch immer wieder der englische Fußballverband. Doch knickt die FA bei dem ganzen Medienrummel ein und überwirft wieder alles? Es bleibt spannend.