Lionel Scaloni hat sich innerhalb von kürzester Zeit zu einem der bekanntesten Trainer im Weltfußball gemausert.
Systemumstellung überforderte Frankreich
Der einstige Rechtsverteidiger von Deportivo de La Coruña und Lazio Rom war selbstverständlich schon vor seinem Engagement beim argentinischen Fußballverband bekannt, aber der Gewinn von Copa América 2021 und Weltmeisterschaft 2022 hätte dem Sohn Rosarios wohl kaum jemand zugetraut. (NEWS: Alles Wichtige zur WM)
Dabei war das Endspiel seines Teams gegen Frankreich einmal mehr Beweis für Scalonis Mut und taktische Klasse. (DATEN: WM-Spielplan 2022)
Wie schon in der Taktikvorschau auf SPORT1 vorhergesagt, nahm Scaloni ein paar Veränderungen im Vergleich zum Halbfinale - konkret eine Umstellung auf ein 4-3-3-System - vor. (PRESSESTIMMEN: „Die Krönung des Stolzes“)
Damit wollte er die Flanken der Franzosen attackieren, denn die beiden nominellen Flügelstürmer Ousmane Dembélé und Kylian Mbappé sind nicht für ihre konsequente Rückwärtsbewegung bekannt.
Im Fall von Dembélé wurde zudem im Finale dessen eher ungeschicktes Zweikampfverhalten deutlich. (NEWS: Deschamps setzt Zeichen nach desolater Vorstellung)
Argentinien bespielte die Schwachpunkte Frankreichs
Scaloni griff die Seiten mit Ángel Di María sowie einem driftenden Mittelstürmer Julián Álvarez an, wobei die beiden offensiver ausgerichteten Mittelfeldakteure Rodrigo de Paul und Alexis Mac Allister ebenso diese Flügelangriffe durch direkte Läufe nach außen oder Zuarbeit über die Halbräume unterstützten.
Dadurch geriet Frankreichs Viererkette unter Druck und musste sich punktuell sogar in Gleichzahl gegen Argentinien verteidigen, was einer Abwehrreihe nie passieren sollte. Der Fehler lag allerdings in den Reihen davor. (NEWS: Messi-Treffer war eigentlich irregulär!)
Argentiniens Cheftrainer hatte genau austariert, wo die größten Schwachpunkte in Frankreichs Formation bestanden, und konzentrierte sich auf die Räume neben und hinter Aurélien Tchouaméni sowie im Rücken von Dembélé und seitlich von Adrien Rabiot. Vielfach gingen die Bälle entweder mit Tempo im Umschaltspiel oder auch aus dem offenen Spielaufbau heraus dorthin.
Frankreichs Reaktion auf die Führung und Überlegenheit der Albiceleste war sinnbildlich für den Titelverteidiger.
Zum Schluss ein Duell der Ausnahmekönner
Didier Deschamps nahm zwei Wechsel noch vor der Halbzeit vor, änderte aber lediglich das Personal, nicht jedoch die taktische Struktur.
Dass sein Team zurückkam, lag in erster Linie an Mbappé und seinen Zuarbeitern, die sich mit Einzelaktionen ins Spiel zurückkämpften.
Ein kleiner Kritikpunkt muss an Scaloni allerdings auch ausgesprochen werden. Die Einwechslung von Marcos Acuña im zweiten Spielabschnitt war zu reaktiv und nahm zu viel Zug aus den offensiven Spielzügen Argentiniens. (NEWS: Messi pulverisiert reihenweise Rekorde!)
Ein wenig mehr Risikobereitschaft hätte eventuell sogar das dritte Tor und damit die Vorentscheidung herbeiführen können. (STIMMEN zum WM-Finale: „Unglaublich“)
So kam Frankreich durch Mbappé zum Ausgleich und das Endspiel verkam zu einem Abnutzungskampf und Schlagabtausch der größten Individualisten auf beiden Seiten. Zum Schluss war es vor allem Spektakel und weniger ein hochkarätiges taktisches Duell. (NEWS: MESSI! Argentinien ist Weltmeister)