Das WM-Halbfinale zwischen Frankreich und Marokko (2:0) hat mal wieder ein kleines Fußballmärchen geliefert.
Der unerwartete WM-Held
Es lief die 79. Minute, und der Außenseiter aus Nordafrika war drauf und dran, dem mit 1:0 führenden Weltmeister in die Parade zu fahren.
Dann ging vor der französischen Bank das Schild mit der Nummer 12 hoch - und Randal Kolo Muani machte sich bereit, für Ousmane Dembélé ins Spiel zu kommen.
Der Rest ist jetzt schon Geschichte: Der Stürmer von Eintracht Frankfurt sah, wie Marcus Thuram im Strafraum auf Kylian Mbappé passte, bevor der Superstar drei Gegenspieler umdribbelte und den Ball mit etwas Glück vors Tor legte.
Kolo Muani: „Ich fühle mich super“
Ganz genau 44 Sekunden nachdem er das Spielfeld betreten hatte, war Kolo Muani genau an der richtigen Stelle und musste den Ball aus kurzer Distanz nur noch in die Maschen setzen. (DATEN: Gruppen und Tabellen der WM)
Der Eintracht-Star setzte ein breites Grinsen auf, lief zu den Ersatzspielern an der Eckfahne und wurde binnen kurzer Zeit in einer riesengroßen Jubeltraube begraben.
„Nach dem 2:0 von mir haben wir den Kopf frei bekommen, ich fühle mich natürlich super“, sagte der umjubelte Torschütze nach seinem Coup.
44 Sekunden zwischen Einwechslung und Tor - damit schoss sich Kolo Muani auf Platz drei der schnellsten Joker der WM-Geschichte. Lediglich der Uruguayer Richard Morales (16 Sekunden) und der Däne Ebbe Sand (26 Sekunden) waren seit Beginn der detaillierten Datenerfassung ab 1966 noch schneller.
Nkunkus Pech ist Kolo Muanis Glück
„Ein unerwarteter Held“, schrieb das französische Fußballmagazin linternaute.com - und bezog sich nicht nur auf das Halbfinale. Dass der Stürmer überhaupt zum WM-Turnier reiste, war nämlich dem großen Verletzungspech der Franzosen geschuldet.
Nachdem sich RB-Angreifer Christopher Nkunku im Training verletzt hatte, wurde Kolo Muani nachnominiert. Und weil dann auch noch Karim Benzema ausfiel, wurde sogar Spielzeit für den Frankfurter frei. (NEWS: Alles Wichtige zur WM)
Seinen ersten Einsatz hatte der 24-Jährige im letzten Gruppenspiel, als Trainer Didier Deschamps seiner ersten Elf eine Pause gönnte und sich die ersatzgeschwächte Équipe Tricolore ein 0:1 gegen Tunesien erlaubte.
Der zweite WM-Einsatz macht Kolo Muani nun auch der großen Fußballbühne bekannt. „Er macht Randal(e) beim World Cup“, twitterte die Eintracht, nachdem sie zuvor schon mit einem Tweet ihren Stolz auf den Stürmer zum Ausdruck gebracht hatte.
„Er fühlt sich sehr wohl bei der Eintracht“
Mischt sich bei der Eintracht in den Stolz nun auch die Sorge, dass der Frankreich-Held über die laufende Saison nicht mehr zu halten sein wird?
Kolo Muani war erst im Sommer ablösefrei aus Nantes an den Riederwald gewechselt und hatte in seinem ersten halben Jahr schon seine Klasse gezeigt: In 23 Pflichtspielen sammelte er acht Treffer und elf Vorlagen. Bereits vor der WM waren daher wilde Spekulationen über seine Zukunft ins Kraut geschossen.
Erst vor einigen Tagen erklärte Kolo Muanis Berater-Agentur MDC Advisors bei SPORT1, der Angreifer werde auch in der kommenden Saison in Frankfurt spielen.
„Unser Plan ist, dass Randal Kolo Muani mindestens noch ein Jahr in Frankfurt bleibt. Er fühlt sich sehr wohl bei der Eintracht. Hier hat Randal den perfekten Standort für seine Entwicklung.“
Ob Abmachung auch jetzt gilt, wo sich der frühere Nantes-Profi vom Nachrücker zum WM-Held aufschwang, wird sich zeigen müssen - am Riederwald dürften sich die Verantwortlichen aber noch heute auf die Schulter klopfen.
Und so handelt das Fußballmärchen, das Randal Kolo Muani am Mittwochabend im WM-Halbfinale schrieb, auch ein kleines Stück von der Eintracht aus Frankfurt. (DATEN: WM-Spielplan 2022)