Mit seinem Herz-Jubel gegen Ungarn hat Leon Goretzka vor rund eineinhalb Jahren für eine der stärksten Szenen der Europameisterschaft gesorgt.
Goretzka deutet Zeichen in Katar an
Der deutsche Nationalspieler setzte mit seiner Geste ein eindrucksvolles Zeichen für Toleranz. Die Art von Zeichen, die es auch bei der höchst umstrittenen WM in Katar dringend benötigt.
„Symbolbilder sind bei dieser WM sicherlich noch wichtiger als bei der vergangenen EM“, erklärte Goretzka nun bei einem Interviewtermin im Trainingszentrum des DFB-Teams, an dem auch die Berliner Zeitung teilnahm. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der WM)
Ein solches Symbol wurde mit der viel zitierten „One Love“-Binde bereits von der FIFA verboten. Goretzka deutete dennoch an: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir diese Zeichen hier in Katar sehen werden.“ Konkret wurde er nicht. Wie er selbst bei einem eigenen Treffer jubeln würde, habe er noch nicht entschieden.
So sieht Goretzka die „One-Love“-Debatte
„Wir als Mannschaft begrüßen jedes Zeichen für Vielfalt und gegen Diskriminierung. Dass die FIFA nun viele Wochen nach Kenntnis der Gemeinschaftsaktion Strafen für das Tragen androht, ist nicht nachzuvollziehen“, sagte Goretzka zur Farce um „One Love“. (Bericht: FIFA verbietet Binde - DFB knickt ein)
Es sei aber auch klar, dass „diese Aktion nicht auf dem Rücken und zulasten von Manuel Neuer und der weiteren Kapitäne ausgetragen werden kann, wie es der DFB zu Recht sagt.“ Goretzka bezieht sich damit auf DFB-Präsident Bernd Neuendorf, der fast wortgleich auf das Verbot von „One Love“ reagiert hatte.
Der Superstar des FC Bayern gilt als politisch engagierter Mensch, der seine Reichweite als Fußballer nutzen will, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Irritiert zeigte sich Goretzka daher auch von den Worten von FIFA-Präsident Gianni Infantino.
Goretzka: Infantino hat es nicht verstanden
Dieser hatte zuletzt behauptet, dass sich Europäer erst einmal für das entschuldigen müssten, was sie in den vergangenen 3000 Jahren weltweit verursacht hätten. Anstatt mit dem Finger auf Länder wie Katar zu zeigen. (NEWS: Alles Wichtige zur WM)
Goretzkas Konter: „Um sein Wording aufzugreifen: Man kann nur hoffen, dass die FIFA jetzt nicht auch 3000 Jahre braucht, um sich effektiv für Menschenrechte einzusetzen.“ Infantino hatte im Zuge um die Menschenrechtsverletzungen in Katar zudem behauptet, dass er selbst durchaus wisse, wie es sich anfühle, wenn man diskriminiert wird. Weil er als Junge in der Schule gemobbt wurde.
„Man hat leider nicht das Gefühl, dass Herr Infantino verstanden hat, worum es bei der ganzen Diskussion überhaupt geht. Und das ist sehr schade“, befand Goretzka.
„Die Gefahr ist riesengroß“
Die Menschenrechtssituation in Deutschland werde als Selbstverständlichkeit hingenommen, „was sie leider nicht ist. Umso wichtiger ist es, die universell geltenden Menschenrechte auch in Länder zu exportieren, in denen das nicht der Fall ist.“
Er selbst sei kein Politiker, betonte der Mittelfeldspieler, der mit dem DFB-Team im ersten WM-Spiel auf Japan trifft. „Aber ich bin schon politisch interessiert. Und ich bin vor allem daran interessiert, dass sich Dinge zum Positiven wandeln. Ich habe ein sensibles Radar dafür, wenn es nicht fair zugeht.“
Das sei für ihn auch kein Druck, sondern eine Selbstverständlichkeit. Aber: „Es ist ein schwieriges Terrain. Jedes Wort, jede Formulierung wird ganz genau registriert. Die Gefahr, einen Fehler zu machen, ist riesengroß.“
Aber die Möglichkeit, ein Zeichen für Toleranz zu setzen, auch. Goretzka weiß das nicht erst seit seinem Herz-Jubel gegen Ungarn.