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„Ich kann kein Schweigen mehr ertragen“ - Iraner Azmoun setzt starkes Statement

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„Ich kann kein Schweigen mehr ertragen“ - Iraner Azmoun setzt starkes Statement

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Der mutigste Profi der Bundesliga

Sardar Azmoun legt sich mit den iranischen Herrschern an. Für das politische Signal erhält der Stürmer von Bayer Leverkusen viel Zuspruch, geht aber gleichzeitig ein hohes Risiko ein.
Zwei Monate vor Beginn der umstrittenen Fußball-WM in Katar verurteilt Bundestrainer Hansi Flick die Vergabe des Turniers an das Emirat scharf.
Sardar Azmoun legt sich mit den iranischen Herrschern an. Für das politische Signal erhält der Stürmer von Bayer Leverkusen viel Zuspruch, geht aber gleichzeitig ein hohes Risiko ein.

Stürmer werden normalerweise an Toren gemessen – Sardar Azmoun tanzt in dieser Hinsicht gerade aus der Reihe.

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Der iranische Offensivspieler von Bayer Leverkusen ist in seiner Heimat längst ein überaus beliebter Fußball-Superstar und hat diesen Status mit seinem Treffer zum 1:1 im jüngsten Testspiel gegen Sadio Mané und den Senegal - nur fünf Minuten nach seiner Einwechslung - bestätigt. Doch zuvor machte er auch außerhalb des Platzes von sich Reden und ergriff politisch das Wort. Azmoun solidarisierte sich mit den protestierenden Frauen in seinem Geburtsland. (NEWS: Alles Wichtige zur WM)

„Schämt euch alle, wie leichtfertig Menschen ermordet werden. Lang leben die iranischen Frauen“, schrieb Azmoun bereits nach Irans 1:0-Länderspielerfolg gegen Uruguay am Freitag in einem mittlerweile wieder gelöschten Instagram-Beitrag.

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Der 27-Jährige ergänzte: „Wegen der Regeln der Nationalmannschaft durften wir nichts sagen, aber ich kann kein Schweigen mehr ertragen. Die ultimative Bestrafung wäre, dass sie mich aus dem Team werfen, was aber ein kleines Opfer im Vergleich zu jeder einzelnen Haarsträhne einer iranischen Frau wäre.“

Damit positioniert sich Azmoun eindeutig gegen das Mullah-Regime im Iran, dem international immer wieder Verstöße gegen Grund- und Menschenrechte vorgeworfen werden.

Azmoun: „Der mutigste Bundesliga-Profi“

Im Golfstaat ist es seit dem Tod von Mahsa Amini am 16. September zu massiven Protesten gekommen.

Die 22-Jährige war von der Sittenpolizei wegen des Vorwurfs festgenommen worden, das islamische Kopftuch nicht gemäß den strikten Vorschriften getragen zu haben. Während ihrer Festnahme brach sie unter bislang ungeklärten Umständen auf der Polizeiwache zusammen und wurde drei Tage später im Krankenhaus für tot erklärt.

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Bei anschließenden Demonstrationen sei die Polizei brutal vorgegangen und habe nach Angaben der in Oslo ansässige NGO Iran Human Rights (IHR) mindestens 76 Menschen getötet. Trotz hunderter Festnahmen und massiver Drohungen seitens der Regierung reißen die Proteste nicht ab.

Noch sind die Folgen für Azmoun aufgrund seiner Unterstützung für die zahlreichen landesweiten Demonstranten unklar – zweifellos setzt sich der iranische Nationalspieler aber einem hohen Risiko aus. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der WM)

„Ein Volksheld riskiert alles“, titelte der Kölner Stadt-Anzeiger. Die BILD-Zeitung nannte Azmoun den „mutigsten Bundesliga-Profi.“

Bayer Leverkusen stärkt Azmoun den Rücken

Bayer Leverkusen unterstützt seinen Spieler in dessen Vorgehen.

„Er wollte mit seinem Post vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in seinem Heimatland die iranischen Frauen und Frauen im Allgemeinen unterstützen“, sagte Sportchef Simon Rolfes am Montag der Rheinischen Post.

Rolfes fügte hinzu, dass sich Azmoun sehr um die weibliche Bevölkerung Irans kümmere. „Und natürlich unterstützen wir als Bayer 04 Leverkusen Sardars persönliches Engagement, weil er sich damit für die Wahrung und Stärkung demokratisch legitimierter Grundwerte einsetzt“, erklärte der 40-Jährige.

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Tatsächlich wirbt der Torjäger bereits seit geraumer Zeit für bessere Lebensumstände der Frauen im Iran. In seinem Geburtsland fördert Azmoun beispielsweise das von ihm gegründete Frauen-Volleyballteam „Serik“ und zahlt deren Mitgliedern das monatliche Gehalt.

In erster Linie stellt der Bayer-Stürmer mit seinem Statement aber die eigene sportliche Zukunft als Nationalspieler hinten an und bringt auch sein WM-Ticket in Gefahr – was die Aktion kurz vor Beginn des Turniers in Katar umso beachtlicher macht.

Instagram-Profil von Azmoun kurzzeitig gesperrt

Bekanntermaßen stößt Azmouns politisches Statement im Iran nicht nur auf Gegenliebe.

Auf der Länderspielreise in Österreich soll allen Akteuren im Vorfeld vom iranischen Regime untersagt worden sein, ihre Meinung zu den Protesten im Golfstaat abzugeben. Zunächst hielt sich die gesamte Delegation an die strikte Vorgabe – ehe Azmoun voran ging und das Schweigen brach.

Dessen Instagram-Konto wurde nach der Veröffentlichung des Posts vorübergehend deaktiviert und ist erst seit Montagmorgen wieder zugänglich. Sämtliche Beiträge und Fotos blieben allerdings gelöscht.

Es liegt die Vermutung nahe, dass dies auf Druck des iranischen Fußball-Verbandes geschah.

Azmoun bald nicht mehr im Nationalteam?

Ob Azmoun, der bisher in 63 Länderspielen immerhin 41 Tore erzielte, weiterhin im Kreis des Nationalteams bleiben darf, wird sich zeigen.

Nach seinen Aussagen saß er im Spiel gegen den Senegal zunächst auf der Bank. Beim erzielten Ausgleichstreffer nach der Einwechslung unterstrich der Stürmer jedoch seinen Stellenwert für den Iran. Die Verantwortlichen müssen nun abwägen, was schwerer wiegt - Linientreue zum Regime oder sportliches Talent.

Bei der am 20. November beginnenden Weltmeisterschaft in Katar trifft der Iran in der Vorrunde auf England, Wales und die USA – spätestens dann wird Klarheit darüber herrschen, ob Azmoun das Turnier wegen seines politischen Engagements verpasst oder nicht. (DATEN: Gruppen und Tabellen der WM)

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