Nicht wenige hatten sich über Julian Nagelsmanns Entscheidung gewundert. Dass er vor dieser Länderspielperiode Oliver Baumann zur Nummer 1 erklärte – und nicht etwa den jüngeren Alexander Nübel – war ein durchaus riskanter Schritt des Bundestrainers.
Diese Wertschätzung erhielt nur er
90 Minuten und einen Sieg in Mailand später ist klar: Nagelsmann hat richtig entschieden. Denn Baumann war ein absolut zuverlässiger Rückhalt und verdiente sich SPORT1-Note 1,5. Auch seine Leistung sorgte dafür, dass die deutsche Nationalmannschaft erstmals seit 1986 wieder in Italien gegen die Squadra Azzurra gewinnen konnte.

„Unbeschreiblich, es war echt schön. Mit der Truppe hier aufzulaufen, hat richtig Spaß gemacht und war richtig geil“, sagte der Keeper nach der Partie in der ARD. Dabei wirkte er wie schon bei seinem Debüt im vergangenen November gegen die Niederlande völlig geflasht - von sich selbst und seiner Geschichte. Denn für den Hoffenheimer Torhüter ist es keine Selbstverständlichkeit, während Marc-André ter Stegens Verletzungspause die direkte Nachfolge von Manuel Neuer anzutreten.
„Gefühl, dass Oli schon alles erlebt hat“
„Er hat heute super gehalten. Man hat so das Gefühl bei Oli, dass er schon alles erlebt hat in seiner Karriere und gefühlt das hundertste Länderspiel hat“, erklärte Joshua Kimmich nach der Partie. Der Kapitän sagte weiter: „Er strahlt eine unheimliche Ruhe aus, hat eine sehr gute Entscheidungsfindung. Auf der Linie ist er top und hat zwei, drei Dinger unfassbar gehalten.“

In der Tat: Die Parade gegen Moise Kaen nach einer guten halben Stunde oder die Abwehr des satten Distanzschusses von Sandro Tonali kurz davor sind nur zwei der Glanztaten, die Baumann vollbrachte und damit seinen Status bestätigte. Wichtig wurde der Keeper zudem noch einmal kurz vor dem Ende.
„Er hat das Gefühl, zwei Spieler von uns sind eigentlich klar am Ball und klären den - da darfst du aber nicht abschalten. Das macht er nicht, was zeigt, dass er im Kopf hellwach ich. Er hält ihn super, der Ball war extrem schwer“, sagte Nagelsmann nach dem Spiel auf der Pressekonferenz und attestierte seinem Schützling, dass er den Sieg gesichert habe.
Der Bundestrainer spielte damit auf die Szene in der 78. Minute an, in der ausgerechnet Tim Kleindienst seinen Kollegen fast per Eigentor überwunden hätte. „Er war da. Er war präsent. Er hat ein sehr gutes Spiel gemacht“, sagte der Stürmer später über Baumann.
Baumann erhält Sonderapplaus
Und wäre all das Lob nicht schon genug, durfte sich der Torhüter sogar noch über ganz besonderen Support freuen: Während der zweiten Hälfte bekam Baumann immer wieder Sonderapplaus der rund 3500 deutschen Fans im San Siro und sogar Sprechchöre. Die erhielt an diesem Abend kein anderer einzelner Spieler.
Für Baumann könnte das Spiel der Beginn einer märchenhaften Geschichte gewesen sein. Gegenüber Nübel hat er derzeit die Nase vorn, Neuer ist nicht mehr da und dass ter Stegen wieder komplett fit aus seiner Verletzungspause zurückkehrt, ist nicht garantiert. Dessen Comeback-Termin wurde vom FC Barcelona erneut nach hinten verschoben. In den Champions-League-Partien des FC Barcelona gegen Dortmund fällt er in jedem Fall noch aus.
Baumann müsste für den Mega-Traum, bei der WM 2026 deutsche Nummer 1 zu sein, viel Glück haben und weiterhin gute Leistungen bringen. Von Letzterem darf aber angesichts seines Auftritts am Donnertagabend fest ausgegangen werden.