Es war eine Rückkehr wie aus dem Bilderbuch: In Mailand lief die 76. Minute, als Leon Goretzka nach einer Ecke von Joshua Kimmich emporstieg, den Ball entschlossen zum 2:1-Endstand einköpfte und der deutschen Nationalmannschaft damit den ersten Auswärtssieg in Italien seit knapp 40 Jahren bescherte.
Goretzkas heldenhafte Rückkehr
Ausgerechnet Goretzka war es, der am höchsten sprang: „Jemand, der am Boden lag, oder sich so gefühlt hat - und dann halt wieder aufsteht“, resümierte Experte Bastian Schweinsteiger in der ARD: „Dass er jetzt so ein Spiel hinlegt bei seiner Rückkehr in die Nationalmannschaft, besser kann man das eigentlich gar nicht machen“, freute sich der Ex-Nationalspieler für Goretzka.

Nations League: Nagelsmann lobt Goretzka
Auch Bundestrainer Julian Nagelsmann war sichtlich angetan von der Leistung Goretzkas. „Leon hat heute ein herausragendes Spiel gemacht“, lobte er seinen Schützling in der ARD. Besonders in der zweiten Halbzeit habe Goretzka ihn beeindruckt, auch wegen seiner Grätschen und der Präsenz im und um den gegnerischen Sechzehner.
„Er hat ein Top-Top-Spiel gemacht. Für mich ist er der MVP des Spiels. Er hat den größten Einfluss gehabt - hinten und vorne. Ich bin sehr froh für ihn, dass er so gut zurückgekommen ist“, fuhr Nagelsmann fort. Und tatsächlich war es eine Rückkehr, die nicht besser hätte laufen können, fast sechzehn Monate nach seinem letzten Länderspiel (21. November 2023 gegen Österreich).
Goretzka selbst stand die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. „Bei der Nationalhymne hat es mich mehr gepackt, als ich gedacht habe“, musste der 30 Jahre alte Mittelfeldspieler eingestehen.
Es folgte ein Auftritt, nach dem sich Goretzka so sehr sehnte, gekrönt von einem Tor, das er sich insgeheim schon im Vorfeld gewünscht hatte: „Vor dem Spiel traut man sich hin und wieder, so ein Szenario auszumalen, das habe ich tatsächlich diesmal auch gemacht.“ Daher sei es eine runde und schöne Geschichte.

Einzelkritik: Goretzka überragt
Der Mann des Abends machte aber auch keinen Hehl daraus, dass er es in der Vergangenheit nicht immer leicht hatte - sowohl bei den Bayern als auch unter Nagelsmann in der DFB-Auswahl. „Es war natürlich nicht einfach, das wurde ja auch schon berichtet“, sagte Goretzka und spielte damit auch darauf an, dass er für die Europameisterschaft im eigenen Land nicht berücksichtigt worden war.
„Ich habe noch nicht so viel dazu gesagt und dabei werde ich es auch belassen“, gab sich Goretzka zunächst zurückhaltend. „Ich glaube, es kann sich jeder vorstellen, dass es nicht so schön war.“ Das soll jetzt alles der Vergangenheit angehören: „Ich möchte lieber nach vorne gucken und hoffe, dass es genauso weitergeht.“
Goretzka bestätigte damit seine ansteigende Form, die er jüngst auch im Dress des FC Bayern immer wieder unter Beweis stellte. So gelang es dem gebürtigen Bochumer überhaupt erst, sich zurück in den Fokus von Nagelsmann zu spielen. Und das Vertrauen machte sich bezahlt: Immer wieder schlüpfte er im Spielaufbau in die Position zwischen den Innenverteidigern und konnte grundsätzlich mit seiner Passsicherheit überzeugen, strahlte zudem - besonders in der zweiten Halbzeit - enorme offensive Gefahr aus. In der SPORT1-Einzelkritik erhielt Goretzka die Note 1,5 - und stach mit als bester deutscher Akteur heraus.
Taktikkniff macht sich bezahlt
Nach dem Seitenwechsel rückte er ein Stück nach vorne - weg von der Doppelsechs neben BVB-Profi Pascal Groß - und nahm die Rolle des offensiven Mittelfeldspielers ein, wie auch Nagelsmann anschließend durchblicken ließ. Dabei agierte Goretzka beim deutschen Rekordmeister zuletzt ausschließlich auf der Doppelsechs, meist neben DFB-Kapitän Kimmich.
Und natürlich war es Kimmich, der seinem Teamkollegen mit einem präzisen Eckstoß in Richtung erster Pfosten mustergültig auflegte. „Er hat sich in der Halbzeit noch beschwert, dass ich bei ihm immer 20 Zentimeter zu hoch flanke. Dann hat zum Glück der letzte noch ganz gut geklappt“, freute sich Kimmich für Goretzka.
Um ehrlich zu sein, so ziemlich jeder freute sich am Donnerstagabend für Goretzka und dessen geglückte Rückkehr ins DFB-Team. „Der kann auch ins Bett gehen und gut schlafen heute“, sagte Schweinsteiger abschließend und brachte in Anbetracht des wiedererstarkten Goretzkas sogar eine mögliche Vertragsverlängerung beim FC Bayern ins Spiel.