Timo Werner mogelte sich so unauffällig an den Journalisten vorbei - so ähnlich wie er vorher gespielt hatte. (Alle News und Hintergründe zur deutschen Nationalmannschaft)
Beißender Spott für Werner
Anderswo als in seiner sportlichen Heimat Leipzig wäre er wohl kaum noch mit aufmunterndem Applaus der Fans verabschiedet worden.
Als der Luxusbus der Nationalmannschaft schließlich in die kühle Nacht rollte, blieb die Frage zurück: Wer nur soll bei der WM die Tore schießen? (DATEN: Tabellen der Nations League)
Werner wohl eher nicht: „In seinem Wohnzimmer gelang dem Angreifer kaum etwas. Gegen den Abwehr-Riegel der Ungarn wusste er nichts anzufangen“, analysierte SPORT1-Chefreporter Kerry Hau: „Technisch zudem in einigen Aktionen unsauber, wie bei seiner Chance in der 57. Minute, als er den Steckpass von Sané frei vor Gulacis Tor nicht unter Kontrolle bringen konnte.“ In der SPORT1-Einzelkritik wurde der DFB-Star folglich mit der Note 5 bedacht.
„Beängstigend schlechte DFB-Offensive“
Hansi Flick hatte sich das beim 0:1 gegen Ungarn ganz anders vorgestellt. Entsprechend verblüfft war der Bundestrainer angesichts des Windhauchs, der anstelle eines Sturms durch den gegnerischen Strafraum zog. „Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns so wenig Torchancen herausspielen“, sagte Flick.
Hau bescheinigte der Mannschaft in seinem SPORT1-Kommentar zur DFB-Schmach eine „beängstigend schlechte DFB-Offensive“.
Der Verweis auf die Abwesenheit eines Stoßstürmers, der einfach mal einen Eckball verwertet (wie die Ungarn es taten), kam aus der Mannschaft selbst. „Wir haben den nicht“, sagte Joshua Kimmich, der das Thema zu gut vom FC Bayern kennt, „da müssen wir uns eben was einfallen lassen.“
„Es bringt halt nichts, nur mit kleinen Dribblern (Gnabry, Sané…) zu spielen und auf Flanken zu gehen, wenn der einzige Stürmer Timo Werner ist“, fand Twitter-User Norbato. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Nations League)
Timo Werner, der in einer miserablen ersten Halbzeit sieben Ballkontakte hatte, investiere laut Kimmich jedoch viel. „Was der an Wegen und Läufen macht, der bietet immer wieder was an“, sagte der Mittelfeld-Stratege. Gefährlich wurde es allerdings nicht. Wenn es resolut stehende Gegner zu knacken gilt, kommen seine Stärken nicht zur Geltung. Werners Spiel benötigt eine Tiefe, die dann schlicht inexistent ist.
Deutscher Star-Mittelstürmer nicht vorhanden
Doch wer soll es richten? München, Leverkusen, Mönchengladbach, Frankfurt, Berlin - nirgendwo spielt ein deutscher Mittelstürmer.
Flick wurde auf Niclas Füllkrug angesprochen. Das hat seinen Charme, der Bremer ist mit fünf Toren in sieben Ligaspielen krachend eingeschlagen. Doch er hat mit 29 Jahren keine einzige Minute in einem internationalen Wettbewerb auf der Uhr. „Werner out, Füllkrug in“, forderte Twitter-User Moritz, war mit seinem Wunsch einer von vielen.
Youssoufa Moukoko, 17, steht wohl auch nicht zur Debatte, müsste bei Borussia Dortmund erst mal Stammspieler werden. (NEWS: Diese Moukoko-Zahlen müssen den BVB ins Grübeln bringen)
Dahinter: Wird es noch dünner. Flick verweigert sich keinem regelmäßig treffenden deutschen Angreifer - es gibt keine. „Wir haben sehr gute Torhüter, Mittelfeldspieler, eine große Auswahl an Außenspielern“, zählte er auf. „Aber die Mitte? Da haben wir nicht so eine hohe Qualität.“
Werner nicht allein: Bayern-Krise sickert ins DFB-Team
„Havertz zeigt in 70 Sekunden mehr fußballerisches Können als Werner in 70 Minuten“, sprach sich Twitter-User Thorsten für den Chelsea-Star auf der Neun aus.
Der nächste Gegner England (Montag, 20.45 Uhr) hat Harry Kane, Frankreich Karim Benzema, Belgien Romelu Lukaku. Deutschland hat Simon Terodde. Wobei auch Brasilien oder Spanien ohne Brecher spielen.
Trotzdem forderte Twitter-User peppel einen Kaderplatz für Terodde: „Warum genau steht ein Stürmer wie Terodde nichtmal im Kader, aber ein Werner auf dem Platz?“
Die von Flick erwähnten Außenspieler sind bedauerlicherweise zur Unzeit außer Form. Serge Gnabry war ein Totalausfall, Leroy Sane motiviert, aber wirkungslos. Thomas Müller zwischen ihnen war kaum im Spiel. Die Bayern-Krise, sie ist schnell in die Nationalmannschaft gesickert.
„Wir haben wenig hundertprozentige Chancen rausgespielt, das nervt und tut weh“, klagte Jonas Hofmann. Sicher auch Werner, der acht von 42 Toren in den 14 Spielen unter Flick erzielte.
Mit Sport-Informations-Dienst