So ein bisschen hatte er schon auf eine EM-Nominierung von Joachim Löw gehofft, das gibt Ridle Baku offen zu.
Baku bewertet DFB-Nachwuchs
Nun aber steht der Wolfsburger im Kader der U21 für die am Montag mit dem Viertelfinale gegen Dänemark (U21-EM: Viertelfinale Dänemark - Deutschland am Montag ab 21 Uhr im LIVETICKER) beginnende EM-Endrunde - und ist mindestens genauso heiß darauf, an die erfolgreiche Vorrunde des Turniers Ende März anzuknüpfen.
Als einziger Spieler mit einem A-Länderspiel ist der 23-Jährige nach einer starken Saison mit dem VfL eine der Führungspersönlichkeiten im Aufgebot von Stefan Kuntz.
Im SPORT1-Interview spricht Baku über die Chancen auf den EM-Titel, wehrt sich gegen Kritik an der Qualität der U21, verrät seine Traumvereine - und erklärt, welcher Bayern-Star ihm mächtig zu schaffen machte.
SPORT1: Herr Baku, Ende März haben Sie sich mit der U21 für die EM-Endrunde qualifiziert, jetzt mussten Sie zwei Monate auf die Endrunde warten. Ein komisches Gefühl?
Ridle Baku: Es ist schon ein komisches Gefühl, so eine Turniererfahrung habe ich auch noch nicht sammeln können. Aber das ist halt leider durch die Corona-Pandemie gekommen. Wir sind froh, dass es weitergehen kann und freuen uns auf das Dänemark-Spiel.
Baku: Habe mir Chancen bei der A-Nationalmannschaft ausgerechnet
SPORT1: Sie haben schon ein A-Länderspiel absolviert, wären auch ein Kandidat für die EM mit der A-Nationalmannschaft gewesen. Inwiefern wären Sie traurig gewesen, wenn Sie nach der erfolgreichen Vorrunde die K.o.-Phase mit der U21 verpasst hätten?
Baku: Klar ist, dass ich auf jeden Fall ein Turnier gespielt hätte - ob jetzt die EM mit der A-Nationalmannschaft oder mit der U21. Durch meine Leistungen im Verein habe ich auf mich aufmerksam gemacht und habe mir natürlich auch Chancen ausgerechnet, bei der A-Nationalmannschaft dabei zu sein.
SPORT1: Was sicher auch nicht so verkehrt gewesen wäre.
Baku: Das muss man hinzufügen, ja (lacht). Trotzdem bin ich froh, hier zu sein. Wenn du verlierst, scheidest du aus, das ist der Reiz des Turniers. Da macht es einfach Bock - egal, ob in der U21 oder in der A-Nationalmannschaft. Hier habe ich die Möglichkeit, um einen Titel zu spielen. Das wäre doch eine schöne Sache.
SPORT1: Von Ihrer ersten Nominierung für die A-Nationalmannschaft sollen Ihre Eltern erst aus den Medien erfahren haben. Wie konnte das denn passieren? War das kein großes Ding für Sie?
Baku: Die Nachricht hat mich auch erst nach dem Bundesliga-Spiel gegen Hoffenheim erreicht und meine Eltern habe ich danach nicht direkt informiert. Dass sie es dann durch die Medien erfahren haben, war vielleicht ein bisschen unglücklich (lacht). Aber ich habe sie danach angerufen.
Baku: "Eine Ehre für Deutschland zu spielen"
SPORT1: Sie sind einer von zuletzt mehreren schwarzen A-Nationalspielern beim DFB, das Thema Rassismus im Fußball hat durch die Doku "Schwarze Adler" zusätzliche Aufmerksamkeit erfahren. Inwiefern mussten Sie persönlich sich auf dem Weg zum Nationalspieler mit Rassismus auseinandersetzen?
Baku: Die Doku habe ich natürlich verfolgt und mir auch schon zwei Mal angeguckt, es sind ja einige bekannte Spieler wie Gerald Asamoah oder Jean-Manuel Mbom von Werder Bremen dabei, der auch schon bei der U21 dabei war. Dass ich bei der A-Nationalmannschaft gelandet bin, erfüllt mich mit Stolz. Das erreichen nicht viele - und vor allem nicht viele Schwarze Spieler. Deswegen bin ich einfach unfassbar stolz darauf. Direkten Kontakt mit Rassismus habe ich in meiner Vergangenheit nicht wirklich erleben müssen und bin auch froh darüber, weil es wirklich kein angenehmes Thema ist. Es wäre einfach schade, wenn das in Zukunft nicht in den Griff zu bekommen wäre.
SPORT1: Erwin Kostedde sagt in der Doku, er sei mit dem Adler auf der Brust nie warm geworden. Wie geht es Ihnen damit?
Baku: Es ist eine Ehre, für Deutschland zu spielen. Als kleiner Junge habe ich schon davon geträumt, da kam nie wirklich die Rassismus-Frage auf. Ich habe mir da nie Gedanken gemacht, sondern es war für mich immer klar, dass ich da mal landen möchte. Im Fußball spielt es auch gar keine Rolle, welche Hautfarbe man hat oder woher man kommt, da zählt nur die Leistung - und ich bin froh, dass ich diesen Weg eingeschlagen habe und oben angekommen bin.
SPORT1: Hansi Flick wird Nachfolger von Joachim Löw. Eine gute Entscheidung?
Baku: Ich habe es registriert. Ob es eine gute oder eine schlechte Entscheidung ist, das weiß ich nicht, da wir uns noch nicht kennen. Aber dass der Posten jetzt besetzt ist, ist natürlich gut, und Herr Flick hat zumindest viel Erfolg mit Bayern gehabt. Jetzt ist eine gewisse Klarheit für alle Beteiligten da und nach der EM können dann neue Dinge in Angriff genommen werden.
Bayern-Wechsel wurde für Baku nie konkret
SPORT1: Sie hätten schon unter Flick spielen können, der FC Bayern hatte vor Ihrem Wechsel nach Wolfsburg mal Interesse angemeldet. Wie sah das damals aus?
Baku: Ich habe davon gehört, aber konkret wurde es nie. Ich hatte mich da auch schon für den VfL Wolfsburg entschieden. Wenn man sich die Saison noch mal anschaut, war es auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Ich bereue nichts, sondern bin froh, dass ich beim VfL bin.
SPORT1: Irgendwann, das ist ein ausgesprochener Traum von Ihnen, wollen Sie für einen "ganz großen Verein" spielen. Bei welcher Kategorie fängt denn "ganz groß" an?
Baku: Als kleiner Junge sagt man immer: Barca oder Real. Das sind so die Traumvereine, wo jeder spielen will. Im Camp Nou oder im Bernabéu, das ist schon ein Traum, der natürlich immer noch vorhanden ist. Aber was die Zukunft bringt, kann man im Vorfeld schlecht sagen. Deswegen konzentriere ich mich immer aufs Hier und Jetzt.
SPORT1: Und damit zurück zur U21: Dem deutschen Fußball wird derzeit häufig ein Nachwuchsproblem bescheinigt, auch der aktuelle U21-Jahrgang wird als eher schwächerer angesehen. Was sagt man da als direkt Betroffener dazu?
Baku: Ich bekomme das nicht so wirklich mit. Wir sind auch eine Runde weitergekommen - so schlecht können wir also gar nicht sein (lacht). Jetzt haben wir die Möglichkeit, gegen Dänemark noch ein weiteres Ausrufezeichen zu setzen. Es wäre schön, wenn wir den Kritikern einen Pokal hinhalten könnten (lacht).
Baku: Darum können wir aufs EM-Finale hoffen
SPORT1: Was spricht dafür, dass es die aktuelle U21 den beiden letzten Jahrgängen nachmacht und auch mindestens ins EM-Finale einzieht? (Spielplan der U21-EM 2021)
Baku: Wir haben wirklich eine gute Mannschaft. Individuell vielleicht nicht die beste im Vergleich mit Frankreich, den Niederlanden oder Spanien. Aber ich denke nicht, dass die individuell beste Mannschaft den Titel holen wird, sondern das Mannschaftsgefüge entscheidet - und da sehe ich uns sehr weit vorne. Wenn wir das gepaart mit der Qualität der Einzelspieler auf den Platz bringen, rechne ich mir große Chancen aus.
SPORT1: Zum Abschluss noch ein paar schnelle Entweder-Oder-Fragen: Champions-League-Titel oder Weltmeisterschaft?
Baku: Weltmeisterschaft.
SPORT1: Kuntz oder Löw?
Baku: Können wir die Frage weglassen? (lacht laut) Da nehme ich beide, wenn das geht.
"Löw hat mir sehr viel mitgegeben"
SPORT1: Was zeichnet die beiden aus?
Baku: Stefan Kuntz kenne ich schon etwas länger. Er ist ein super Trainer, der jetzt auch schon viele Erfolge gesammelt und uns jungen Spielern viel mitgegeben hat. Joachim Löw kenne ich nur von einer Maßnahme. Trotzdem hat er mir sehr viel mitgegeben und ich konnte auch ihn im Vier-Augen-Gespräch etwas besser kennenlernen. Wenn man sich seine Vita anschaut, muss man nicht mehr viel sagen.
SPORT1: Außenverteidiger oder Mittelfeld?
Baku: Außenverteidiger.
SPORT1: Das war früher anders, oder?
Baku: Im Mittelfeld habe ich angefangen, aber auf der Außenverteidigerposition rechne ich mir schon größere Chancen aus.
SPORT1: Messi oder Ronaldo?
Baku: Beide sind gut, aber als Vorbild würde ich eher Ronaldo nehmen.
SPORT1: Und zu guter Letzt: Der bisher härteste Gegenspieler?
Baku: Da gab es einige, aber wenn ich jetzt einen nehmen müsste, dann wäre es Kingsley Coman, weil er einfach unfassbar schnell und quirlig ist. Er stellt einen vor unglaublich schwere Aufgaben.