Nach dem 1:0-Finalsieg der spanischen Frauennationalmannschaft über England gab es nur noch ein Thema: den Kuss von Luis Rubiales, den der damalige Verbandschef Spielerin Jennifer Hermoso bei der Siegerehrung unfreiwillig aufgezwängt hatte. Vor einigen Tagen war Rubiales der festen Überzeugung, dass er nicht zurücktreten werde, jedoch änderte sich dies am vergangenen Montag und er verkündete den Rücktritt als RFEF-Chef und UEFA-Vizepräsident.
Kuss-Skandal: Rubiales legt nach
Nach dem Rücktritt des 46-Jährigen veröffentlichte TalkTV ein 90-minütiges Interview von Piers Morgan mit dem Ex-Verbandschef. „Die Bedeutung des Kusses für Jenni wäre genau die gleiche gewesen wie ein Kuss für eine meiner Töchter“, erklärte der Spanier erneut und betonte einmal mehr seine Sicht der Dinge: „Es gab keinen Schaden, keinen sexuellen Inhalt, keine Aggression, nichts dergleichen.“
So ein Kuss sei unter Freunden und in der Familie „sehr, sehr üblich“ und „meine Absichten waren edel, enthusiastisch, 100 Prozent nicht-sexuell, 100 Prozent, ich wiederhole, 100 Prozent“, sagte Rubiales.
England: „Missbrauch ist Missbrauch“
Im Nachhinein gibt der 46-Jährige zu, dass er „feierlicher, kälter und diplomatischer hätte handeln sollen“. Hermoso habe allerdings „eingewilligt“ und der Kuss sei „zärtlich“ gewesen. Für die 33 Jahre alte Stürmerin entspricht dies jedoch nicht der Wahrheit, denn sie habe sich „verletzlich und als Opfer von Aggression gefühlt“.
Daraufhin stellten sich unter anderem auch die Frauen der englischen Nationalmannschaft hinter die Weltmeisterin und bezeichneten die Situation in einem Statement als „Missbrauch“. Sie sind überzeugt, es sei eine „inakzeptable Handlung,“ die von einer sexistischen und patriarchalischen Organisation zugelassen werde: „Missbrauch ist Missbrauch und wir alle haben die Wahrheit gesehen.“
Die Engländerinnen fuhren fort: „Das Verhalten derjenigen, die sich für unbesiegbar halten, darf nicht toleriert werden, und die Menschen sollten nicht überzeugt werden müssen, um gegen jede Form der Belästigung vorzugehen. Wir alle stehen zu Ihnen, Jenni Hermoso und allen Spielerinnen der spanischen Mannschaft.“
Rubiales: „Die Wahrheit kommt ans Licht“
In dem Interview sprach Piers Morgan den ehemaligen Verbandschef mit der Frage „Kein Missbrauch?“ explizit auf das Statement an, jedoch blockte der 46-Jährige den Vorwurf mit den Worten „Nein, natürlich nicht. Es ist ein überschwänglicher, glücklicher Moment“ ab. Beschämt betonte er: „Ich habe volles Vertrauen, dass die Wahrheit ans Licht kommt und alles in Ordnung sein wird. Schauen Sie sich mein Gesicht an, ich bin ein guter Kerl.“
„Ich möchte noch einmal sagen, Piers, dass ich einen Fehler gemacht habe, ich entschuldige mich, aber lassen Sie uns klarstellen, dass es unter keinen Umständen eine sexuelle Aggression war“, fuhr Rubiales fort.
Nächste Anzeige für Ex-Verbandschef
Doch der Kuss-Skandal während der Siegerehrung ist nicht die einzige Anzeige, mit der sich der ehemalige Verbandschef nach der Frauen-WM beschäftigen muss. Berichten zufolge erhielt die Staatsanwaltschaft eine Anzeige gegen Rubiales wegen „obszöner Zurschaustellung vor einer Minderjährigen“.
Grund dafür ist eine Szene auf der Tribüne nach Abpfiff des Finals, als er sich neben der 16 Jahre alten Prinzessin Infanta Sofía in den Schritt faste. Ein spanischer Richter erklärte bereits, dass er bereit sei, gegen den ehemaligen Profi zu ermitteln.
Im Interview mit Morgan sagte Rubiales zu der Situation: „Dafür schäme ich mich wirklich... Es gibt keine Ausreden.“
„Dieser vulgäre Ausdruck bedeutet im Grunde: bravo, gut gemacht. Ich entschuldige mich, denn das ist nicht das Verhalten, das ich hätte haben sollen“, fuhr er fort.
Auch bei der Königsfamilie entschuldigte sich der 46-Jährige bereits. Er sagte: „Ich entschuldige mich für eine sehr unerfreuliche Geste. Ich rechtfertige mich nicht: Es tut mir leid.“