Das hat man so wohl noch nie gesehen: Die Frauen-Nationalmannschaft der USA fliegt nach einem völlig verrückten Elfmeterschießen gegen Schweden im WM-Achtelfinale raus. Der entscheidende Elfmeter von Lina Hurtig beim 5:4-Sieg der Skandinavierinnen musste dabei vom VAR überprüft werden!
Epischer Elfer-Krimi! Schweden kickt USA
Historisches US-Aus - Schwedens Kapitänin überwältigt
Wie die TV-Bilder zeigen, überquerte der zunächst abgewehrte Ball die Linie in der Luft um nur wenige Millimeter. Alyssa Naeher im US-Tor hatte die Kugel zunächst gerade noch so erwischt, konnte sie aber nicht nach vorne abwehren. Der Ball drehte sich über der am Boden liegenden Torhüterin für den Bruchteil einer Sekunde ins Tor, ehe Naeher das Spielgerät im zweiten Versuch zu fassen bekam.
Kurz herrschte Verwirrung, doch dann bekam Stéphanie Frappart das Signal vom VAR: Tor, Entscheidung! Der Weltmeister aus den USA ist raus.
Für die USA ist das vorzeitige Ausscheiden ein Desaster. Viermal waren sie Olympiasieger, viermal Weltmeister, bei den bislang acht Endrunden hatten sie immer mindestens Platz drei belegt. Weil sie trotz einer Fülle an besten Chancen aber nicht an Zecira Musovic vorbeikamen, spielt nun der Olympiazweite Schweden am Freitag in Auckland gegen die bislang überzeugenden Japanerinnen.
Hurtig gab nach dem Weiterkommen einen Einblick in ihre Gefühlswelt. Der schwedischen Zeitung Sportbladet erklärte sie: „Ich war wirklich nervös vor dem Elfmeter. Sie hält den Ball, dann bekommt er einen Rückwärtsdrall und ich habe nicht gesehen, ob der Ball über Linie war. Mein erste Reaktion war aber, dass der Ball drin war. Es war ein langes Warten, bis die Entscheidung dann feststand.“
Die ehemalige Wolfsburg-Spielerin Fridolina Rolfö gestand, dass sie während des Elfmeterschießens eigentlich gar nicht hinschauen konnte. „Ich habe Sofia (Jakobsson, Anm. d. Red) gesagt, dass ich es nicht ertragen kann, zuzusehen. Ich hatte meine Stirn auf ihrer Schulter. Aber sie hat gesagt, dass ich zusehen muss. Und dann wird es so besonders, mit einem ewigen Warten auf die Entscheidung.“
Neuer Bayern-Star selbstbewusst für das Viertelfinale
Schwedens Kapitänin Magdalena Eriksson konnte es nach dem Krimi im Interview bei der ARD gar nicht fassen: „Ich bin so glücklich, ich weiß nicht, wie wir das geschafft haben.“ Die künftige Spielerin des FC Bayern war unheimlich stolz auf ihre Mannschaft. „Wir haben die ganze Zeit an das Weiterkommen geglaubt und haben super verteidigt.“
Im Viertelfinale trifft Schweden am kommenden Freitag um 9.30 Uhr auf Japan. Eriksson zeigt sich diesbezüglich selbstbewusst: „Wir haben gezeigt, dass wir viele Möglichkeiten haben, wie wir Spiele gewinnen können. Wir können sehr viel Selbstbewusstsein aus dem heutigen Sieg gegen die beste Mannschaft der Welt ziehen.“
Beide Seiten hatten sich im Elfmeterschießen in ihren ersten fünf Versuchen je zwei Fehlschüsse geleistet, nachdem in den 120 Minuten zuvor torlos geblieben waren. Bei den USA scheiterte unter anderem der spät eingewechselte Superstar Megan Rapinoe. Ihr Schuss segelte über den Kasten. Vor dem Turnier hatte sie ihr Karriereende für das Ende der laufenden Spielzeit angekündigt. Es war damit ihr letzter WM-Auftritt.
Letztlich war es Kelley O‘Hara, die als siebte Schützin der USA den entscheidenden Fehlschuss an den Pfosten setzte. Wenig später trat dann Hurtig an, die nach bangen Sekunden von der Schiedsrichterin erlöst wurde und den Einzug ins WM-Viertelfinale feiern durfte.
Chelsea-Torhüterin lässt US-Stars verzweifeln
Dass die USA überhaupt noch vom Titel reden konnten, hatten sie einem Pfosten im Eden Park von Auckland zu verdanken. Dorthin flog der Ball in der Nachspielzeit beim 0:0 im letzten Gruppenspiel gegen Portugal - bei einer Niederlage wäre der Favorit schon da draußen gewesen. Zuvor hatte es ein wenig überzeugendes 3:0 gehen Vietnam und ein 0:0 gegen die Niederlande gegeben.
Als wollten sie alle Kritiker eines Besseren belehren, bestürmten die US-Frauen von Beginn an das schwedische Tor - und scheiterten dabei immer wieder an Musovic. Die 27-Jährige vom FC Chelsea reagierte sie vor allem bei den Großchancen von Lindsey Horan (35./53.), Alex Morgan (89./96.) und Lynn Williams (102.).
Die Schwedinnen, die die Vorrunde überzeugend mit drei Siegen abgeschlossen hatten, mussten sich bei Musovic bedanken, dass ihnen ein Debakel erspart blieb. Erst nach einer guten Stunden kamen die Skandinavierinnen ein wenig besser ins Spiel. Es dauert freilich bis zur 85. Minute, ehe die eingewechselte Sofia Jakobsson den ersten Schuss auf das Tor der USA abgab.