Die frühere Nationalmannschaftskapitänin Alexandra Popp sieht die EM 2022 in England als Wendepunkt in der Wahrnehmung des Frauenfußballs - auch wenn sie sich im Rückblick weniger Trubel um ihre Person gewünscht hätte. Den Frauenfußball habe man dort aber „in der öffentlichen Wahrnehmung und auch in der Beliebtheit auf ein neues Level gehoben. Es war Wahnsinn, was danach alles passiert ist“, sagte Popp in einem Interview auf der Homepage des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).
„Dieses Turnier war ein Knotenlöser“
Zuvor habe man "lange und Jahr für Jahr gekämpft und geredet, damit sich endlich etwas tut. Ich hatte immer das Gefühl, gegen Wände zu sprechen. Aber dieses Turnier war wirklich ein Knotenlöser", sagte Popp, die das deutsche Team vor zwei Jahren mit sechs Toren ins Endspiel geführt, bei der Finalniederlage gegen England aber verletzt gefehlt hatte. Das Team habe trotz des verpassten EM-Titels "die Wand zum Einstürzen gebracht. Wir haben sie eingerissen. Das war extrem wichtig für den Frauenfußball in Deutschland".
„Privat ist es nicht mehr so privat“
Vor allem Popp stand als Gesicht des Teams bei dem Turnier auf der Insel im Fokus. Es sei "ein sehr, sehr wichtiger Moment meiner Karriere in der Nationalmannschaft" gewesen, sagte die 33-Jährige, die in diesem Jahr aus der DFB-Auswahl zurückgetreten ist. Sie habe jedoch auch erst einmal lernen müssen, mit dem Trubel um ihre Person umzugehen.
"Ich konnte plötzlich nicht mehr durch eine größere Stadt gehen, ohne erkannt zu werden. Privat ist es nicht mehr so privat, wie es mal war", sagte Popp: "Das war ein Prozess, der etwas Zeit gebraucht hat. Ich habe auch heute noch Phasen, in denen es mit schwerfällt, damit klarzukommen." Im Rückblick hätte sie sich "gewünscht, dass dieser Erfolg auf mehrere Schultern verteilt worden wäre". Die Leistungen ihrer Teamkolleginnen seien "in der öffentlichen Wahrnehmung für meinen Geschmack leider manchmal zu kurz" gekommen.
Ihren Rücktritt aus dem Nationalteam bereut die Angreiferin des VfL Wolfsburg allerdings nicht. Es sei zwar „eine komische Vorstellung“, dass die EM in der Schweiz im neuen Jahr (2. bis 27. Juli) ohne sie stattfinde, sagte Popp: „Aber selbstverständlich werde ich ganz genau verfolgen, wie die Mädels sich schlagen werden. Ich drücke beide Daumen und hoffe auf ein erfolgreiches Turnier.“