Es war der Aufreger im EM-Finale zwischen England und Deutschland.
Steinhaus nimmt Schiedsrichterin in Schutz
Beim deutschen Final-Drama (1:2 n.V.) im Wembley-Stadion spielte die englische Kapitänin Leah Williamson in der 26. Minute kurz vor der eigenen Torlinie den Ball mit der Hand, was aber trotz VAR-Check nicht als strafbar eingestuft wurde. (STIMMEN: Hand-Elfmeter? „Das muss man sehen“)
Die ehemalige deutsche FIFA-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus-Webb nahm die Unparteiische in den SPORT1 News jedoch in Schutz. Da der VAR jede Entscheidung in Bezug auf Torerfolg, Strafstoß, Rote Karte oder Spielerverwechslung automatisch überprüft, wurde das auch in dieser Situation getan. Allerdings wäre „der Hinweis, sich die Szene nochmal anzuschauen, möglich und wünschenswert gewesen“, erklärte die 43-Jährige, die 2021 den DFB verließ und seitdem in England bei der Schiedsrichtervereinigung PGMOL als Women‘s Select Group Director arbeitet. (NEWS: Alles Wichtige zur Frauen-EM 2022)
Steinhaus-Webb ist sich sicher, hätte Schiedsrichterin Kateryna Monzul (Ukraine) den Hinweis bekommen, „hätte sie die Situation selbstverständlich nochmal angeschaut.“ Dieser ist aber von Paolo Valeri (Italien), der als VAR im Finale im Einsatz war, nicht gekommen.
Steinhaus-Webb fordert Aufarbeitung: „Kann schmerzhaft sein“
Diesen Umstand bedauert die ehemalige Polizeibeamtin umso mehr, da man nach so einem großartigen Finale „nun über so eine Szene sprechen muss.“ In diesem Spiel zwischen zwei Teams auf Augenhöhe „hätte man auch eine Münze werfen können, wer das Turnier gewinnt. Die Chancen waren 50:50.“
Umso wichtiger sei es nun, aus dieser Situation zu lernen. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hatte in der Pressekonferenz nach dem Spiel schon angesprochen, dass sie sich eine eingehende Aufarbeitung wünscht. Diese fordert auch Steinhaus-Webb.
Um den Fußball weiterzuentwickeln, muss sich auch das Schiedsrichterwesen seinen Fehlern stellen. „Das kann manchmal sehr schmerzhaft sein, aber umso wichtiger ist es“, da alle Beteiligten bestmögliche Schiedsrichterleistungen verdienen.
Mehr TV-Präsenz, professionellere Strukturen
Unabhängig davon gelte es nun, die Euphorie rund um das Turnier zu nutzen und den Frauenfußball nachhaltig voranzubringen. Dafür müsse man vor allem die Sichtbarkeit stärken. Das gelte zum einen in den Stadien durch entsprechende Anstoßzeiten, zum anderen aber „auch im TV und den Medien. In England werden 50 Prozent aller Spiele der Frauenliga im TV live übertragen“, nahm sie Medien und Verband in die Pflicht und fügte hinzu: „Alle anderen Spiele sind über die verbandseigene App zu erreichen.“ So gelingt es in England, die Aufmerksamkeit hochzuhalten und mehr Sponsoren anzuziehen.
Aber auch die Vereine selbst seien in der Pflicht. Es müssen „professionellere Strukturen geschaffen werden.“ Das betreffe alle Bereiche von medizinischer Betreuung bis zu den Trainingsplätzen für Spielerinnen und Schiedsrichterinnen. „Alles rund um die Athletin aufzustellen ist ein Kernpunkt, die Professionalisierung voranzutreiben.“