Chloe Kelly wollte sich schon ihr Trikot vom Leib reißen, hielt dann aber doch nochmal kurz inne und blickte in Richtung der Schiedsrichterinnen.
Löst England-Heldin einen Boom aus?
Die englische Stürmerin vergewisserte sich, dass ihr schlussendlich entscheidendes Tor im EM-Finale gegen Deutschland wirklich zählte - und ließ dann ihrer Freude freien Lauf.
Kelly rannte mit ihrem Trikot in der Hand wild über das Spielfeld. Es war ein Jubel, der ein wenig an die Szenen um Brandi Chastain erinnerte, die 1999 den Frauenfußball veränderten.
Wie beim Fall der US-Spielerin im WM-Finale, deren BH-Jubel damals noch Kontroversen auslöste, war bei Kelly die Ekstase nur verständlich. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Frauen-EM 2022)
Fulminante Rückkehr nach langer Leidenszeit
Schließlich hatte die 24-Jährige nach einer Ecke aus wenigen Metern nicht nur gerade das 2:1 im EM-Finale geschossen, das ihrem Team den historischen ersten Titel bescherte, sondern auch endgültig eine lange Leidenszeit hinter sich gelassen. (News: Bitteres Ende für deutsche EM-Heldin)
Im Mai 2021 hatte sich Kelly das Kreuzband gerissen, erst knapp ein Jahr später kehrte sie auf den Platz zurück. Im Juni 2022 spielte sie wieder für England - und schaffte den Sprung in den EM-Kader. Der Endspiel-Treffer war ihr erstes Pflichtspieltor im Nationaltrikot überhaupt. (Die Stimmen zum Finale)
„Chloe Kelly, du Legende“ twitterte ein Fan. Die England-Heldin selbst sagte: „Oh mein Gott, es ist unglaublich, das ist unwirklich. Ehrlich, es ist Wahnsinn. Das sind die Sachen, aus denen Träume gemacht sind. Danke an alle, die gekommen sind, um uns zu unterstützen. Es ist unfassbar.“
Sogar die Queen gratuliert
Sie ergänzte: „Danke an alle, die bei meiner Reha eine Rolle gespielt haben. Ich habe immer daran geglaubt, dass ich hier dabei sein kann, aber dann auch noch den Siegtreffer zu erzielen - einfach nur wow. Ich möchte jetzt einfach nur feiern.“ (NEWS: Alles Wichtige zur Frauen-EM 2022)
Nach über 120 hochspannenden Minuten vor der EM-Final-Rekordkulisse (Frauen und Männer) von 87.192 Zuschauern stemmten die Engländerinnen den Pokal in die Höhe, während im deutschen Team die Tränen kullerten. Das Wembley-Stadion explodierte - und sogar die Queen gratulierte. Der Triumph sei eine „Inspiration für Mädchen und Frauen und für zukünftige Generationen.“ (Die Einzelkritik zum deutschen Team)
„Katapultwirkung für den englischen Fußball“
ARD-Expertin Nia Künzer, die bei der WM 2003 ebenfalls ein entscheidendes Final-Tor geschossen hatte, sprach von einem „Märchen, das England hier schreibt. Die Spielerinnen haben es verdient.“ (DATEN: Gruppen und Tabellen der Frauen-EM 2022)
Sie erwartet einen Boom, den sich auch der deutsche Verband erhofft. „Es hat auch Katapultwirkung für den englischen Fußball, der schon gepusht wurde. Das wird jetzt explodieren“, meinte Künzer: „Respekt, dass sie es nach Hause gebracht haben.“
Die Bilder vom Jubel der Siegtorschützin werden um die Welt gehen. Und auch eine entscheidende Wirkung auf den Fußball könnte es erneut geben - zumindest das ist eine weitere Parallele zu Chastains Statement 1999.