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Das Fußball-Wunder vom Haberland-Stadion

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Das Fußball-Wunder vom Haberland-Stadion

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Ein kleines Fußballwunder

Die Fußballerinnen von Bayer Leverkusen haben eine historisch starke Hinrunde gespielt und am Freitag auch den großen VfL Wolfsburg aus dem Weg geräumt. Urplötzlich befindet sich das Team von Trainer Roberto Pätzold mitten im Titelrennen der Frauen-Bundesliga.
Die Spielerinnen von Bayer Leverkusen bejubeln das 1:0 gegen den VfL Wolfsburg.
Die Spielerinnen von Bayer Leverkusen bejubeln das 1:0 gegen den VfL Wolfsburg.
© IMAGO/Jan Huebner
Die Fußballerinnen von Bayer Leverkusen haben eine historisch starke Hinrunde gespielt und am Freitag auch den großen VfL Wolfsburg aus dem Weg geräumt. Urplötzlich befindet sich das Team von Trainer Roberto Pätzold mitten im Titelrennen der Frauen-Bundesliga.

Dass die Menschen in Leverkusen nach Fußballspielen hin und wieder in Jubelstürme ausbrechen, „Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey“ grölen und mit lauten Gesängen in den Abend ziehen, ist nichts Neues mehr. In der vergangenen Saison gab das Team von Xabi Alonso seinen Fans jedenfalls mehr als genug Chancen dazu. Triumphale Siege. Die ungeschlagene Meisterschaft. Der Pokalsieg als Abschluss. Passiert das aber nicht in der BayArena, sondern direkt westlich davon, im Ulrich-Haberland-Stadion, ist das allgemeine Erstaunen darüber sofort viel größer.

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So geschehen am vergangenen Freitag, als dort solche Feierlichkeiten stattfanden, die man sonst nur aus dem großen Tempel des Double-Siegers kannte. Verantwortlich dafür waren in diesem Fall die Fußballerinnen des Vereins. Zum Abschluss der Hinrunde bejubelten sie ein überraschendes 1:0 gegen den jahrelang übermächtigen VfL Wolfsburg und sprangen für rund 20 Stunden an die Tabellenspitze. Es war die vorläufige Krönung eines spektakulären Höhenflugs, den in dieser Form kaum jemand kommen sah. Hatten die Leverkusenerinnen in der Saison 2023/24 noch einen Punkteschnitt von 1,4 Zählern pro Partie, liegt dieser nun bei 2,3.

Leverkusen im Kreis der Top-Teams angekommen

„Ich hätte mir gar nichts Schöneres vorstellen können, als so in ein Wochenende zu starten. Das war für alle sehr emotional - für uns als Team und die Zuschauer“, blickte Verteidigerin Selina Ostermeier im Gespräch mit SPORT1 auf den Coup zurück. Dass der FC Bayern München und auch Eintracht Frankfurt im Laufe des Spieltags wieder an Bayer 04 vorbeizogen, trübte die Stimmung keineswegs. Schließlich hatte die aufstrebende Werkself, die im Vorjahr noch im Mittelfeld der Tabelle gelandet war, erneut gezeigt, dass mit ihr zu rechnen ist. Und zwar in jedem Spiel. Der furiose Auftritt gegen Wolfsburg bewies: In dieser Form gehört man zu den Top-Klubs.

Ostermeier sprach hinterher von einem „völlig verdienten Sieg“, der Leverkusen auf den Platz an der Sonne katapultierte. „Es hat uns viel Spaß gemacht, weil wir den Ball gut laufen ließen und Wolfsburg mit unserem hohen Pressing immer wieder unter Druck setzen konnten“, so die U23-Nationalspielerin. Der vorläufige Lohn: Bis das Spiel gegen Freiburg anulliert wurde, hatte kein Team mehr Punkte auf dem Konto - nur das schlechtere Torverhältnis trennte sie von der Tabellenspitze. Ein Fußballwunder, wenn man bedenkt, wo die Mannschaft herkommt. Was der Grund für den aktuellen Höhenflug ist?

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Was Bayers Erfolgsrezept ist

Zum einen sei es die sehr seriöse, professionelle Arbeitsweise in Kombination mit einer guten Mischung aus erfahrenen und jungen Spielerinnen. „Wir funktionieren als Team hervorragend, jeder bringt seine individuellen Stärken ein“, sagte Ostermeier und hob zum anderen die große Bedeutung des erst im Sommer nach Leverkusen gekommenen Trainers Roberto Pätzold hervor. „Roberto und sein Trainerteam bringen eine richtig starke Mentalität in die Mannschaft. Gerade in der letzten Viertelstunde werden viele Spiele im Kopf entschieden - da hilft er uns extrem, in engen Partien die Punkte zu sichern.“

„Roberto hat zwei Seiten. Er ist ein sehr lauter Trainer. Das mag ich persönlich, weil es aus jeder Spielerin meist noch einmal ein paar Prozent herausholt“, erzählte Ostermeier weiter. „Er gibt uns dadurch viel Selbstvertrauen und vermittelt uns immer wieder, dass wir gemeinsam gewinnen und gemeinsam verlieren.“ Auffällig ist in der Tat, wie viele knappe Begegnungen die Leverkusenerinnen in dieser Saison für sich entscheiden konnten. Sechsmal gewannen sie mit nur einem Tor Unterschied, in Schlüsselszenen wirkt Pätzolds Team oft abgezockt und durch all die positiven Ergebnisse mit der nötigen Überzeugung ausgestattet.

Das ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, wie unerfahren die Mannschaft ist. Nach wie vor setzt der Verein auf seine ganz jungen Talente. Ostermeier war am Freitag mit 25 Jahren die viertälteste Feldspielerin in der Bayer-Startelf. Neben ihr standen unter anderem Loreen Bender (19), Trägerin der Fritz-Walter-Medaille in Gold, oder Stürmerin Estrella Merino Gonzalez (18), die zuletzt erfolgreich als rechte Verteidigerin eingesetzt wurde, auf dem Platz. Einen ebenso großen Anteil haben die Neuzugänge, die sich schnell integriert haben. Dazu gehört die dänische Nationalspielerin Cornelia Kramer, mit sechs Treffern derzeit beste Torschützin.

„Ziel ist es jetzt, weiter oben mitzukämpfen“

Die Folge: Vom ewigen Duell zwischen Wolfsburg und den Bayern, die in den Vorjahren die einzigen Anwärter auf die vorderen Plätze waren und die Frauen-Bundesliga dominierten, ist in diesem Jahr nicht mehr viel übrig geblieben. Denn auch Leverkusen und Frankfurt zeigen Woche für Woche, dass sie in der Lage sind, konstant gute Ergebnisse einzufahren und auf einen der begehrten Champions-League-Plätze vorzustoßen. Ostermeier bekräftigte: „Die Liga ist viel ausgeglichener und dadurch noch attraktiver geworden, weil es diese krasse Teilung zwischen den beiden Top-Teams und dem Rest nicht mehr gibt. Auch Mannschaften aus dem Mittelfeld können jeden schlagen.“

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Von einer möglichen Meisterschaft will man in Leverkusen natürlich noch nicht sprechen. Dass die Position in der Spitzengruppe aber verteidigt werden soll, versteht sich von selbst. „Wir standen nach der Hinrunde noch nie so gut da wie diesmal. Darauf können wir stolz sein. Aber unser klares Ziel ist es jetzt, weiter oben mitzuspielen. Der Anspruch ist in dieser Saison auf jeden Fall höher als in den letzten Jahren“, betonte die Abwehrspielerin und erinnerte daran, dass man gerade in den drei Spielen gegen die direkte Konkurrenz aus Wolfsburg (1:0), Frankfurt (2:2) und Bayern (2:3) ein bemerkenswert gutes Bild abgegeben habe.

Champions League wäre „eine absolute Sensation“

Daher müsse sich die Werkself vor niemandem verstecken, wie Ostermeier klarstellte. „Mein eigenes Ziel und das des Vereins ist es, dass wir bis zum Schluss oben dabei bleiben. Wir machen uns überhaupt keinen Druck. Aber jeder weiß und spürt, dass wir es schaffen können. Gerade nach dieser Hinrunde sollte das auch unser Ziel sein“, sagte sie und fügte hinzu: „Ich bin auch mit dem Ziel nach Leverkusen gekommen, einmal in der Champions League zu spielen. Jetzt sind wir näher dran als je zuvor. Wenn es passiert, dann passiert es - dann wäre die Freude aber umso größer, weil es eine absolute Sensation wäre.“

Ob sich Ostermeiers Traum erfüllen wird, zeigt sich bereits ab dem kommenden Samstag, wenn die Leverkusenerinnen zum Auftakt der Rückrunde auf den SC Freiburg treffen. Ein Duell mit Brisanz. Das Hinspiel gewann Bayer durch einen späten Elfmeter von Kristin Kögel mit 3:2. Weil die Schiedsrichterin beim entscheidenden Strafstoß jedoch nicht regelkonform handelte, annullierte der DFB (Deutscher Fußball-Bund) die Partie vom 31. August 2024 und ordnete ein Wiederholungsspiel an.