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So verrückt wurde Deutschland vor 70 Jahren Weltmeister

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So verrückt wurde Deutschland vor 70 Jahren Weltmeister

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Deutschlands verrückter WM-Titel

Das WM-Finale 1954 gilt als eines der verrücktesten Fußballspiele aller Zeiten. Doch schon vor dem Wunder von Bern soll es im Quartier der Weltmeister drunter und drüber gegangen sein.
Fritz Walter war das Gesicht der Weltmeistermannschaft von 1954. Ein bodenständiger Mann, der Zeit seines Lebens skandalfrei und beliebt war.
SPORT1
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von SPORT1
Das WM-Finale 1954 gilt als eines der verrücktesten Fußballspiele aller Zeiten. Doch schon vor dem Wunder von Bern soll es im Quartier der Weltmeister drunter und drüber gegangen sein.

Vor 70 Jahren wurde Deutschland zum ersten Mal Fußballweltmeister. Das Wunder von Bern ist jedem ein Begriff - und sei es durch den Kinofilm von Sönke Wortmann, der 2004 anlief.

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Rahns Schuss aus dem Hintergrund, die Paraden von Fußballgott Toni Turek und das an diesem Tag so hilfreiche Fritz-Walter-Wetter, all das ging in den Legendenschatz des deutschen Fußballs ein.

Was nicht so bekannt geworden ist und heute sicher für viel Aufsehen sorgen würde, lesen Sie hier: die Geheimnisse von Spiez, wo die Weltmeister im Haus Belvedere am Thuner See für drei glückliche Wochen logierten.

Sepp Herberger, der Bundestrainer, wurde von seinen Spielern ehrfürchtig der Chef genannt. Dieser Chef regierte mit sanfter Strenge. In Zimmer 313 am Ende des Ganges schien er alles mitzubekommen, was auf der Etage vor sich ging.

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Spieler verkaufen dem Trainer Bier als Milch

So wollten sich Ottmar Walter und Werner Liebrich eines Abends zu später Stunde im Zimmer noch eine Flasche Bier gönnen, doch ehe sie einen Schluck genommen hatten, schaute Herberger herein. Er wünschte nur freundlich „Lasst‘s euch schmecken, Männer“ und ließ zwei Konsternierte zurück. „Das kann doch nicht wahr sein“, seufzte Ottmar Walter.

Man konnte Herberger nichts vormachen. So tranken die Spieler abends im geheimen Verständnis mit dem Barkeeper ihr Bier auch mal aus Milchgläsern. Herberger ließ es mit wissendem Lächeln geschehen und sagte nur: „Na, Männer, trinkt ihr wieder eure Milch?“ Er wusste, dass es keine war, aber ließ es geschehen.

Selbst ein Sex-Abenteuer eines Spielers mit einem Zimmer-Mädchen duldete „der Chef“, dem angeblich nichts entging. Er hatte schon bemerkt, wer da mit der jungen Dame liebäugelte.

„Den kannst du morgen unbesorgt einsetzen!“

Da er aber auch vorhatte, diesen Spieler im Viertelfinale gegen Jugoslawien einzusetzen, und das Gefühl hatte, dass den Kandidaten die wochenlange sexuelle Enthaltsamkeit sportlich hemme, ließ er es geschehen, als dieser abends aus dem Zimmer schlich und ein Stockwerk höher ging.

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Mit Masseur Erich Deuser legte er sich auf die Lauer. „Als wir ihn schon nach einer Stunde wieder herunterkommen sahen – beschwingten Schrittes und vergnügt leise vor sich hin pfeifend –, da wusste ich: Den kannst du morgen unbesorgt einsetzen!“, plauderte er viele Jahre später aus. Den Namen nannte er nicht, seinen Andeutungen nach könnte es sich um Werner Liebrich gehandelt haben.

Kaum zu glauben, dass Herberger in der Psychologie-Prüfung nur ein „genügend“ bekam. Weniger beliebt dürfte er sich mit seiner pädagogischen Maßnahme gemacht haben, die vom DFB spontan avisierte Weltmeisterprämie von 5.000 DM pro Kopf abzulehnen.

Hatte Werner Liebrich (rechts) bei der WM ein besonderes Treffen im Hotel?
Hatte Werner Liebrich (rechts) bei der WM ein besonderes Treffen im Hotel?

Alle sollten schön am Boden bleiben. So gab es nur 1.000 Mark als Basis und 200 Mark für jeden Einsatz, sodass maximal 2.200 Mark verdient wurden.

Unfall beim Ruder-Ausflug

Zu den kuriosesten Geschichten aus deutschen WM-Quartieren gehört die, die sich in den ersten Tagen der WM am Anlegesteg des Hotels Belvedere ereignete. Ersatztorwart Heinz Kubsch saß im Ruderboot und wollte seinen Konkurrenten Heinrich Kwiatkowski zu einem Ausflug einladen.

Er legte aber zu früh ab und der von der Kai-Mauer abgerutschte Kamerad fiel ins Wasser. Das Boot geriet ins Wanken und Kubsch schlug mit der Schulter an die Betontreppe, was ihm die WM verdarb.

Dabei war er der Mann hinter Toni Turek und sollte zumindest in der Vorrunde gegen Ungarn spielen. So brachte sich Kubsch um 200 Mark.

Zwölf Medaillen reichen nicht

Er war nicht der einzige Weltmeister, der im Thuner See landete. Der Schalker Berni Klodt, von Helmut Rahn aus dem Team verdrängt und trotzdem immer gut drauf, löste ein Versprechen ein und sprang nach dem Titelgewinn in voller Montur in die Fluten.

Der Teamgeist war ausgeprägt in Spiez, das hatte seinen Preis. Nach dem Finale überreichte FIFA-Ehrenpräsidenten Jules Rimet Fritz Walter neben dem Pokal eine Kiste mit zwölf Medaillen.

Elf für die Mannschaft, eine für den Trainer. Doch das entsprach nicht dem Geist von Spiez. Alle sollten sich als Weltmeister fühlen, niemand aus dem 22er–Kader durfte leer ausgehen.

Herberger gab seine Medaille daher gleich an „meinen wertvollsten Ersatzmann“ Berni Klodt weiter und Fritz Walter ließ nach der Rückkehr noch zehn Exemplare anfertigen.

Das wurde aus den WM-Helden von 1954
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1954 gewinnt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft um Spielführer Fritz Walter (r., dahinter Horst Eckel) erstmals die Weltmeisterschaft
Das wurde aus den WM-Helden von 1954
+23
Wunder von Bern: Das wurde aus den Helden der WM 1954 mit Eckel, Walter, Morlock

Dazu passt: Helmut Rahn verschenkte einen der zwei ihm von privaten Gönnern geschenkten Kühlschränke, damals ein Luxusobjekt, an Kumpel Klodt.

Herberger reservierte Turnhalle zum Aufwärmen

Sepp Herberger hatte bereits ernsthaft erwogen, vor dem Finale den Rasen sprengen zu lassen, wobei fraglich ist, wer ihm das gestattet hätte. Doch nach seinem Anruf bei der nächsten Wetterwarte, die „Dauerregen im Gebiet Südbaden und der Schweiz“ versprach, nahm er davon Abstand.

Lieber reservierte er vorsorglich eine Turnhalle im Stadion, um das Aufwärmtraining bei Bedarf im Trockenen stattfinden lassen zu können. Bei seinem Morgenspaziergang am Thuner See begann er zu zweifeln: „Über mir stand ein blauer Himmel. Sollten sich die Wetterpropheten – ausnahmsweise einmal – doch so getäuscht haben?“

Beunruhigt fuhr er erneut ins 25 Kilometer entfernte Bern, um die Rasenverhältnisse ein letztes Mal zu inspizieren.

Dabei gab es einen kleinen Unfall, die Windschutzscheibe ging zu Bruch. Herberger ließ sich nicht abschrecken und nahm einen anderen Wagen. Was hätte das heute für Eilmeldungen provoziert.