Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat das Zeigen des Wolfsgrußes durch den türkischen Nationalspieler Merih Demiral verurteilt. Das teilte die GfbV am Mittwoch mit.
Eklat: Druck auf Türkei-Star steigt
Demiral hatte am Dienstag im EM-Achtelfinalspiel zwischen der Türkei und Österreich (2:1) beide Treffer für sein Team erzielt und dabei mit dem Zeichen türkischer Ultra-Nationalisten gejubelt. Die Europäische Fußball-Union (UEFA) hat eine Untersuchung des Vorfalls eingeleitet.
„Am Jahrestag des Sivas-Massakers (2. Juli, Anmerk. der Redaktion) so prominent den Wolfsgruß zu zeigen, ist ein absoluter Skandal, und das auch noch mit einem Foto der Geste bei X zu zelebrieren, ist eine Verhöhnung der alevitischen Opfer des Massakers“, sagt der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido: „Wir fordern von Merih Demiral eine Entschuldigung bei den Millionen Aleviten, für die der Wolfsgruß ein Symbol der Unterdrückung und Verfolgung ist.“
Zudem solle sich die türkische Nationalmannschaft öffentlich vom Zeigen des rechtsextremen Symbols distanzieren.
UEFA leitet Untersuchung ein
Am 2. Juli 1993 steckte ein islamistischer Mob ein Hotel in Sivas in Brand, dabei starben 33 Menschen, die sich dort für ein alevitisches Kulturfestival versammelt hatten. Aleviten sind eine religiöse und kulturelle Gemeinschaft, deren Mitglieder vor allem in der Türkei, aber auch in Deutschland, dem Balkan und dem Nahen Osten leben.
Sie bilden eine Gruppe innerhalb des Islams, die sich durch eigene Praktiken und Überzeugungen von anderen muslimischen Strömungen abhebt.
Demiral, der von der UEFA zum Spieler des Spiels ausgezeichnet wurde, sagte nach dem Spiel, es stecke keine versteckte Botschaft hinter der Geste. „Wir sind alle Türken, ich bin sehr stolz darauf, Türke zu sein, und das ist der Sinn dieser Geste. Ich wollte einfach nur demonstrieren, wie sehr ich mich freue und wie stolz ich bin“, so Demiral.
Er hoffe, dass es "noch mehr Gelegenheiten gibt, diese Geste zu zeigen".
Auch Faeser schaltet sich ein
Die UEFA hat am Mittwoch zur Causa eine Untersuchung eingeleitet und will „zu gegebener Zeit“ weitere Informationen veröffentlichen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser übte am gleichen Tag scharfe Kritik. „Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen“, schrieb die SPD-Politikerin bei X.
Deutliche Worte wählte auch der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, der sich seit langem gegen den türkischen Extremismus engagiert: „Nichts am Wolfsgruß ist versteckt. Seine Botschaft ist rechtsextrem, steht für Terror, Faschismus. Darüber zu diskutieren, ist ermüdend. Die UEFA muss Konsequenzen ziehen. Auch außerhalb des Stadions muss die Toleranz gegenüber grauen Wölfen enden. Wer eine Brandmauer gegenüber der AfD fordert, muss sie auch gegenüber dem türkischen Faschismus errichten.“
Der Wolfsgruß - in Österreich verboten, in Deutschland allerdings nicht - ist das Zeichen türkischer Ultranationalisten. Er wurde unter anderem bei den Massakern an der alevitischen Bevölkerung 1978 und 1993 sowie bei Niederschlagungen von Demonstrationen für mehr Gleichberechtigung von Frauen gezeigt.
Zuletzt gab es auch im Zusammenhang mit dem israelisch-palästinensischen Konflikt immer wieder Hetze der Grauen Wölfe gegen Juden und Israel.