Kylian Mbappé strahlte glücklich, als er sich um 0:30 Uhr herum den Fragen der Journalisten stellte. Er wusste, dass die französische Nationalmannschaft kein großartiges Spiel abgeliefert hatte.
Was fehlt Frankreich?
Nach torlosen 120 Minuten gewann die Mannschaft von Trainer Didier Deschamps erst im Elfmeterschießen gegen Portugal. Doch dies sei nebensächlich, wie der Superstar klarstellte.
„Ich habe bereits vor den letzten Turnieren gesagt: Es ist egal, was passiert, das Wichtigste ist, dass wir gewinnen“, stellte er klar. „Ich habe bislang nur ein Tor geschossen, aber wir stehen im Halbfinale und ich bin sehr zufrieden.“
Dieses eine Tor, das Mbappé ansprach, war sein Elfmeter im dritten Vorrundenspiel gegen Polen. Kurios: Es war das einzige Tor, dass Frankreich bei dieser Europameisterschaft bislang selber geschossen hat.
Die anderen beiden Treffer dieses Turniers – einmal gegen Österreich und einmal gegen Belgien - kamen durch Eigentore des Gegners zustande.
Dembele mit Seitenhieb an die Kritiker: „Das ist deren Problem“
Steht die Star-Truppe also ungerechterweise im Halbfinale? Laut Ousmane Dembélé ist dies nicht der Fall: „Wir haben bislang nur drei Tore gemacht (inklusive gegnerischer Eigentore; Anm. d. Red.), aber stehen dennoch im Halbfinale. Das zeigt, wie stabil die Mannschaft ist. Wir haben ein sehr starkes Team mit einem sehr starken Charakter.“
Ohnehin bewertet er das Spiel seiner Mannschaft nicht negativ: „Wir haben unsere Tormöglichkeiten gehabt, aber nicht die Effizienz. Gut ist aber, dass wir überhaupt diese Möglichkeiten hatten. Das ist unser Spiel. Und diejenigen, die damit nicht glücklich sind - das ist deren Problem. Von der defensiven Sichtweise haben wir eine großartige Arbeit geleistet.“
Trainer Deschamps setzt auf die Defensive
Tatsächlich liegt in der Defensive die große Qualität dieser Mannschaft. Frankreich hat bislang nur ein Gegentor kassiert. Und auch dieses eine Tor ist auf einen Elfmeter zurückzuführen. Der polnische Stürmer Robert Lewandowski traf im dritten Vorrundenspiel vom Punkt aus. Aus dem Spiel heraus ließ Frankreich kein einziges Gegentor zu.
Trainer Didier Deschamps gefällt dies: „Ich bin ein defensiver Trainer. Das heißt, meine Mannschaft spielt sehr defensiv.“ Zwar sei es richtig, dass seine Mannschaft in der Offensive nicht effektiv ist. Aber: „Die Gegner waren auch nicht sehr effektiv. Wir sind stabil. Und das ist in diesem Wettbewerb wichtig. Wenn man kein Tor schießt, ist es wichtig, keine Gegentore zu bekommen.“
Möglicherweise wird das Spiel von Frankreich in der Öffentlichkeit so kritisch bewertet, weil man von einer Star-Truppe mit Mbappé, Antoine Griezmann & Co. einfach mehr erwartet. Doch Deschamps nimmt seine Offensivspieler in Schutz: „Aus verschiedenen Gründen sind Kylian und Antoine nicht an der Spitze dessen, was sie leisten könnten.“
Mbappe war müde – und ist „nicht in seiner Top-Form“
Mbappé bekam gegen Portugal fünf Torschüsse zustande, ließ dabei aber jegliche Präzision vermissen. Deschamps wechselte ihn nach 106 Minuten aus. „Er war müde“, lautete die Begründung des Trainers. „Er ist immer sehr offen mit mir und der Mannschaft. Und wenn er das Gefühl hat, dass er nicht mehr richtig beschleunigen kann, können wir natürlich nicht weitermachen – selbst wenn es Kylian ist.“
Er gab zu bedenken, dass Mbappé eine schwierige Zeit durchlebt: „Man muss sehen, was ihm alles zugestoßen ist – er hatte Probleme mit dem Rücken, dann das Trauma mit der Nase. Das ist sehr viel. Aber er gibt sein Bestes und hält durch. Er ist natürlich trotzdem nicht in seiner Top-Form.“
Respekt vor Spanien
Mbappé ist dies bewusst: „Natürlich hoffe ich, dass ich der Mannschaft im Halbfinale mehr helfen kann. Es liegt hoffentlich an mir, noch mehr auf Touren zu kommen.“ Der Respekt vor dem Halbfinal-Gegner Spanien ist groß.
„Das ist ein tolles Team. Ich habe mir ein bisschen was von dem Spiel angesehen, habe aber nicht alles gesehen“, sagte er über den Sieg der Spanier gegen Deutschland. „Das ist eine Mannschaft, die über viele hochkarätige Spieler verfügt. Diese Mannschaft ist es gewohnt, im Halbfinale zu stehen und ihre Spiele unter großem Druck zu bestreiten.“
Die Zuversicht ist dennoch groß: „Wir haben jetzt im Viertelfinale ein großes Spiel gemacht und werden im Halbfinale ein weiteres großes Spiel machen und hoffentlich gewinnen.“