Die deutsche Nationalmannschaft hat den Einzug unter die letzten vier Teams der EM zwar verpasst, die deutschen Fans aber sind beim Heimturnier immer noch zahlreich vertreten - und haben beim dem ersten Halbfinale zwischen Frankreich und Spanien (1:2) im Stadion deutlich auf sich aufmerksam gemacht.
„Höllische Pfiffe!“ Spanier empört
Als eine halbe Stunde vor dem Anpfiff in der Münchner Arena erstmals die Aufstellung der Spanier verlesen wurde, ertönte beim letzten Namen, dem Spieler mit der Nummer 24, ein gellendes Pfeifkonzert. Dasselbe Schauspiel wiederholte sich beim Namen Marc Cucurella noch einmal bei der neuerlichen Präsentation der Startelf unmittelbar vor dem Anpfiff.
Spaniens Presse empört: „Höllische Pfiffe“
Als Cucurella nach einer Spielminute eine Ballannahme misslang und der Ball über die Seitenlinie ins Aus sprang, ertönte lautstark höhnischer Beifall von den Rängen - davon abgesehen wurde er über die komplette Spielzeit bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen.
Die spanischen Fans konterten indes schon in der Anfangsphase wiederholt mit ebenfalls deutlich vernehmbaren „Cucurella“-Sprechchören.
In Spaniens Medien wurden die permanenten Pfiffe empört registriert. „Alle gegen Cucurella“, titelte beispielsweise die Marca und sprach von „höllischen Pfiffe der Deutschen bei jeder Ballberührung“. Die deutschen Fans „müssen denken, dass die Schuld beim mutmaßlichen Täter liegt und nicht beim Schiedsrichter, der für die Vergabe eines Elfmeters zuständig ist“, vermutete das Blatt.
Cucurella reagiert auf Pfiffe in München
Auch die as befand, es seien „brutale Pfiffe“ gegen den Spanier.
Cucurella reagierte gelassen auf die Pfiffe: „Für mich ist das egal, wir müssen konzentriert bleiben. Wenn darüber gesprochen wird, dann ist das Teil des Spiels“, sagte er nach dem spanischen Finaleinzug.
Sein Teamkollege Dani Vivian wirkte da schon gereizter: „Für mich ist das eine Schande! Ich denke, dass kein Spieler so etwas verdient hat. Kein Mensch hat an seinem Arbeitsplatz solche Pfiffe verdient. Ins Stadion zu kommen, um eine einzelne Person auszupfeifen, ist eine Schande!“
Cucurella-Handspiel blieb ohne Konsequenz
Hintergrund: Cucurella, Linksverteidiger vom FC Chelsea, hatte mit einem Handspiel im eigenen Strafraum beim Stand von 1:1 in der Verlängerung des Viertelfinal-Duells mit dem DFB-Team für Wirbel gesorgt.
Der englische Schiedsrichter Anthony Taylor entschied jedoch, dass es sich nicht um eine strafbare Aktion gehandelt hatte und ließ weiterlaufen, in der 119. Minute erzielte schließlich Mikel Merino den Siegtreffer zum 2:1 für die Iberer.
„Der Ball hat meine Hand getroffen, aber ich war ruhig, als ich den Schiedsrichter sah. Wenn die Experten sagen, dass es kein Handspiel war, ist es kein Handspiel“, sagte Cucurella selbst am Samstag über den Vorfall.
Er verstehe, dass es eine „etwas fragwürdige Aktion“ gewesen sei, wolle sich aber nicht in die Diskussionen einmischen. Zugleich wies der 25-Jährige darauf hin, dass sich die Spanier im Gegenzug auch darüber hätten beschweren können, dass Toni Kroos trotz mehrerer gelbwürdiger Fouls nicht vom Platz geflogen sei.
Deutsche Fans fordern Wiederholung des Spiels
Bei den deutschen Fans jedoch sitzt der Stachel des bitteren Ausscheidens auch Tage später offenbar noch tief: Eine Online-Petition für eine Wiederholung des Spiels gegen Spanien hatte trotz der offensichtlichen Aussichtslosigkeit des Unterfangens bis Dienstagabend weit über 400.000 Unterstützer gesammelt.
Am Münchner Stadion zeigten vor dem Halbfinale einzelne Fans trotzige Schilder mit Aufschriften wie „Brezel ist besser als Baguette und Paella“ oder „Ich hoffe, beide Teams verlieren“.
Ebenfalls auffällig: Auf der Esplanade vor dem Stadion gab es ungewöhnlich viele Tickets für das Spiel zu kaufen, in dem die Deutschen bei einem Weiterkommen ins Halbfinale angetreten wären.
Nach dem Aus der Nagelsmann-Truppe wollten offenbar viele deutsche Fans ihre Eintrittskarten loswerden - und die, die letztlich doch im Stadion waren, brachten zumindest ihren Unmut über Cucurella noch einmal deutlich zum Ausdruck.