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Der ewig Unterschätzte

Olivier Giroud tritt aus der französischen Nationalmannschaft zurück. Obwohl er Rekordtorschütze der Équipe Tricolore ist, musste sich der Stürmer oft viel Kritik anhören. Nun wartet ein neues Abenteuer auf den Franzosen.
Olivier Giroud hat mit seinem Treffer im Achtelfinale gegen Polen den bisherigen französischen Rekordtorschützen Thierry Henry überholt.
Olivier Giroud tritt aus der französischen Nationalmannschaft zurück. Obwohl er Rekordtorschütze der Équipe Tricolore ist, musste sich der Stürmer oft viel Kritik anhören. Nun wartet ein neues Abenteuer auf den Franzosen.

In Deutschland ist mit Thomas Müller einer der größten Fußballer des Landes aus der Nationalmannschaft zurückgetreten. Daneben geht der Abgang eines weiteren Ausnahmespielers zumindest außerhalb Frankreichs ein wenig unter. Es ist der passende Schlusspunkt für die Nationalmannschaftskarriere von Olivier Giroud.

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Dieser machte es am Montagabend selbst offiziell: Er beendet seine Karriere in der französischen Nationalelf, 13 Jahre spielte er für die Équipe Tricolore. Dort wurde er immer ein wenig unterschätzt und oft kritisiert. Zudem hatte er mit Weltstars wie Antoine Griezmann oder Kylian Mbappé harte Konkurrenz auf seiner Position.

Doch immer wieder antwortete der inzwischen 37-Jährige auf die Kritik mit Toren - bis er irgendwann sogar zum Rekordtorschützen der Franzosen wurde. Und das in einem Land, welches nicht erst seit gestern über herausragende Offensivspieler verfügt.

Dass er oft nicht so wirklich wahrgenommen wurde, liegt wohl auch daran, dass Giroud keinen klassischen Weg in den Profifußball hatte.

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2005 begann er seine Karriere bei seinem Jugendverein Grenoble Foot in der zweiten Liga. Doch nachdem er dort nur spärlich eingesetzt wurde, holte ihn sein Trainer Mehmed Bazdarevic für ein Gespräch zu sich und sagte ihm, dass seine Leistungen nicht für die zweite Liga reichen würden.

Giroud wird zum Spieler der Saison gekürt

So folgte für Giroud der Rückschritt zum Drittligisten FC Istres. Dort konnte er überzeugen und kehrte nur ein Jahr später mit seinem Wechsel zum FC Tours wieder in die zweite Liga zurück.

Mit 22 Jahren begann seine Karriere dann erst so richtig: Er erzielte 21 Treffer, wurde Torschützenkönig und von France Football zum Spieler der Saison gekürt.

Anschließend folgte die wohl schwerste, aber auch wichtigste Entscheidung seines Lebens. Er hatte ein Angebot vom schottischen Topklub Celtic Glasgow vorliegen, doch bevor er unterschreiben konnte, schaltete sich auf einmal der HSC Montpellier ein.

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„Willst du dich damit langweilen, gegen Kilmarnoche (FC Kilmarnock, schottischer Fußballverein, Anm. d. Red.) zu spielen? Komm lieber zu uns, da hast du mehr zu lachen“, sagte der Präsident Louis Nicollin damals zu ihm.

So entschied sich Giroud für den Wechsel zu Montpellier und damit für den Schritt in die Ligue 1.

Sogar Bayern soll Interesse gezeigt haben

Und es stellte sich als die richtige Entscheidung heraus: Zwei Jahre später war er erneut Torschützenkönig und hatte den kleinen Klub sensationell zum Meistertitel geschossen.

Sogar der FC Bayern soll deswegen Interesse am Mittelstürmer gehabt haben. Im selben Jahr begann auch seine Nationalmannschaftskarriere, sein erstes Tor erzielte er damals ausgerechnet in einem Testspiel gegen Deutschland.

Über die kommenden Jahre folgten 56 weitere Treffer im Trikot der Nationalmannschaft, während der WM 2022 übertrumpfte er auch noch den letzten Schützen, der vor ihm lag: Sturm-Legende Thierry Henry.

Antoine Griezmann, Michel Platini, Karim Benzema, Zinédine Zidane: Sämtliche Legenden hatte er damals längst hinter sich gelassen.

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Mit seiner Körpergröße von 1,92 Metern hat er dabei natürlich auch beste Voraussetzungen, um sich körperlich gegen seine Gegenspieler durchzutanken oder zum Kopfball hochzusteigen.

Benzema: „Formel 1 und Go-Kart“

Trotzdem musste er sich für seine Spielweise oftmals Kritik anhören. In dem Starensemble, das Frankreich seit Jahren besitzt, wurde er oftmals als nicht gut genug wahrgenommen. Benzema, der sich mit Giroud jahrelang um den Startplatz in der Spitze duellierte, verglich die beiden mit einem Duell zwischen „Formel 1 und Go-Kart“.

Auch bei den Fans war er nicht immer beliebt. Kurz vor der EM 2016 wurde er beim Aufwärmen für ein Testspiel gegen den Senegal sogar vom eigenen Publikum ausgepfiffen. Und was machte Giroud? Der wurde eingewechselt, traf - und holte sich anschließend zufrieden den Applaus der Zuschauer ab.

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Zwischendurch fiel Giroud auch immer wieder mit sensationellen Toren auf. Mal kombinierte er sich mit Franck Ribéry durch die Abwehrreihen, mal knallte er den Ball per Volley oder Fernschuss in die Maschen.

Giroud gewann Puskas Award für Sensationstor

In Erinnerung bleiben wird Giroud aber vor allem für ein Tor, das er nicht im blau-weißen Trikot erzielte. 2017, in seiner Zeit beim FC Arsenal, misslang einem Mitspieler eine Flanke und so flog der Ball deutlich hinter Girouds Kopf. Doch dieser hatte eine Idee - und was für eine.

Der Franzose riss sein Bein in die Höhe, traf den Ball im Flug mit seiner Hacke und hebelte ihn damit über sich und den völlig überraschten Torwart hinweg - ein sogenannter „Scorpion kick“. Das Tor gewann in diesem Jahr den Puskas Award, eine Auszeichnung für das weltweit schönste Tor des Jahres.

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Ein Jahr später folgt aber der größte Triumph seiner Karriere: Bei der WM 2018 stemmte er den WM-Pokal in die Höhe.

Doch der Titel hatte für ihn auch einen Makel: Giroud stand zwar bei allen Spielen auf dem Platz, markierte allerdings keinen einzigen Treffer. Noch krasser: Von seinen 13 Schüssen ging nicht einer aufs Tor!

Ein gefundenes Fressen für seine Kritiker, wieder einmal bekam Giroud den Spott ab. Doch sein Trainer Didier Deschamps verteidigte ihn: „Er weist ein anderes Spielverständnis auf. Er öffnet anderen den Raum, Tore zu schießen. Wenn er nicht dabei ist, merkt man umso mehr, wie nützlich er ist.“

Giroud lässt Karriere in den USA ausklingen

Dass er aber auch Tore schießen kann, bewies Giroud häufig. Neben den 57 Treffern in der Nationalmannschaft schoss er zudem 286 Tore im Vereinsfußball, darunter 24 in der Champions League, die er 2021 mit dem FC Chelsea gewann.

Doch mit dem Rücktritt aus der Nationalmannschaft verabschiedet sich der Stürmer auch von der europäischen Fußballbühne. Nach seinen Stationen bei Arsenal, Chelsea und dem AC Mailand wechselt er in diesem Sommer nach Los Angeles in die MLS.

Dort freut man sich schon auf den Stürmer: „Es ist ein unglaublich aufregender Tag für alle, die mit LAFC verbunden sind. Olivier hat einen klaren Siegeshunger, was er während seiner gesamten Vereins- und Länderspielkarriere immer wieder gezeigt hat“, sagte Co-Präsident John Thorrington.

Giroud darf sich freuen - endlich wird er nicht mehr unterschätzt.