Home>Fußball>EM 2024>

Österreich-Ikone: "Vielleicht hat Rangnick das davon abgehalten, bei Bayern zu unterschreiben"

EM 2024>

Österreich-Ikone: "Vielleicht hat Rangnick das davon abgehalten, bei Bayern zu unterschreiben"

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

Bayern? „Rangnick will alleinige Macht“

Österreich trifft im EM-Achtelfinale auf die Türkei. Fußballlegende Hans Krankl traut der Rangnick-Elf im Gespräch mit SPORT1 einiges zu.
Die Österreicher haben es in ihrer Todesgruppe bei der UEFA EURO 2024 geschafft, auf Platz eins ins Achtelfinale einzuziehen - auch der Trainer Ralf Rangnick ist mächtig stolz auf seine Mannschaft.
Reinhard Franke
Reinhard Franke
Österreich trifft im EM-Achtelfinale auf die Türkei. Fußballlegende Hans Krankl traut der Rangnick-Elf im Gespräch mit SPORT1 einiges zu.

Hans Krankl ist außer sich vor Freude. Die österreichische Nationalmannschaft steht bei der Europameisterschaft in Deutschland im Achtelfinale. Der 71-Jährige, der das Nationalteam von 2002 bis 2005 trainierte, ist eine Fußballlegende in Österreich.

{ "placeholderType": "MREC" }

Unvergessen sein Tor zum 3:2 im letzten Gruppenspiel der Weltmeisterschaft 1978 gegen Deutschland, wodurch das Team des damaligen Bundestrainers Helmut Schön die Heimreise antreten musste. Vor dem Achtelfinale der Österreicher gegen die Türkei (Dienstag, ab 21 Uhr im LIVETICKER) spricht Krankl im exklusiven SPORT1-Interview über die Leistungen des ÖFB-Teams, Teamchef Ralf Rangnick und den Vergleich mit der deutschen Mannschaft.

Hans Krankl war von 2002-2005 ÖFB-Trainer
Hans Krankl war von 2002-2005 ÖFB-Trainer

SPORT1: Herr Krankl, dachten Sie nach dem Achtelfinaleinzug der Österreicher: „Bitte kneift mich mal“?

Hans Krankl: Nein, weil sich das abgezeichnet hatte. Es war ein tolles Spiel, für mich eines der besten bei dieser Europameisterschaft. Und Österreich gehört für mich momentan mit Spanien zu den zwei besten Mannschaften bei diesem Turnier. Von daher ist es für mich keine Überraschung. Unsere Mannschaft hat bisher sehr gut gespielt, das wirkt sehr homogen. Und die Jungs haben auch die tolle Form vor dieser EM jetzt bestätigt.

{ "placeholderType": "MREC" }

Für ihn war Österreich besser als die DFB-Elf

SPORT1: Sie sagen, Österreich und Spanien gehören zu den besten Teams bisher? Die Deutschen haben Sie nicht überzeugt?

Krankl: Im ersten Spiel gegen Schottland schon, dann weniger. Spanien und Österreich waren bisher besser.

SPORT1: Warum funktioniert das so gut in Österreich?

Krankl: Es klappt deshalb so gut, weil wir sehr viele Spieler haben, die diese Art des Fußballs mit hohem Pressing sehr gut beherrschen. Alle unsere Spieler spielen in Deutschland oder in anderen Ländern. Und sie kennen dieses Spiel Woche für Woche aus ihren Vereinen. Zudem sind sie aktuell bei dieser Europameisterschaft in der nötigen Form. Das kann man nicht von allen Nationen sagen. Unsere Mannschaft wirkt sehr spritzig und hat eine tolle Kondition. Das ist sehr okay.

{ "placeholderType": "MREC" }

SPORT1: Sind Sie überrascht, wie gut das ist?

Krankl: Das bin ich nicht, weil die Ergebnisse schon vor dem Turnier absolut gepasst haben. Das waren gute Spiele. Unsere Mannschaft ist eingespielt. Nochmal: Unsere Mannschaft beherrscht dieses Spiel, diese Taktik und diese Disziplin auf dem Feld sehr gut. Der Teamchef kann fünfmal wechseln und es findet kein Abfall statt. Es sind alle gleich stark. Die Qualität ist wirklich enorm. Der Kader ist sehr ausgeglichen besetzt, von daher knüpfen die Spieler, die reinkommen, nahtlos an die Leistung der Kollegen an. Das ist die absolute Stärke von Österreich.

SPORT1: In Deutschland war nach dem ersten Spiel die Euphorie gleich groß. Die Österreicher blieben da eher auf dem Teppich.

Krankl: Das ist ganz leicht zu erklären. Die Erwartungshaltung in Deutschland ist ganz anders als in Österreich. Bei uns ist das ganz anders. Bei den Deutschen ist der Titelgewinn quasi ein Muss. Um Deutschland mache ich mir keine Sorgen. Spieler wie Wirtz, Musiala oder Sané machen mich froh. Das sind absolute Weltklasse-Spieler. Sie müssen bei dieser EM nur in der richtigen Form sein. Deutschland hat einen imponierenden Kader. Die genannten Spieler gefallen mir sehr gut.

„Rangnick will die alleinige Macht“

SPORT1: Ralf Rangnick gefällt den Österreichern sehr gut. Er hat zuletzt dem FC Bayern abgesagt und damit ein bemerkenswertes Statement abgegeben.

Krankl: (lacht) Auf jeden Fall. Ich weiß nicht, warum er letztendlich abgesagt hat. Aber er passt einfach perfekt nach Österreich. Da muss sich Rangnick viel wohler fühlen als beim FC Bayern. In München musst du einiges aushalten. Vielleicht hat ihn das davon abgehalten, dort zu unterschreiben. Außerdem hätte er beim FC Bayern nicht das alleinige Sagen. Und Rangnick will die alleinige Macht. Bei der österreichischen Nationalmannschaft hat er das Sagen. Das hätte Rangnick bei Bayern sicher nicht gehabt.

SPORT1: Andreas Herzog sagte unlängst im SPORT1-Interview, Rangnick sei ein Segen für den österreichischen Fußball. Sehen Sie das auch so?

Krankl: Ja. Rangnick hat einen Kader übernommen, der schon lange Zeit auf einem Top-Niveau ist. Und er hat ihn Stück für Stück weiter geformt. Diese Mannschaft zu übernehmen, war gut für Rangnick. Dieses Team kann und will den Fußball spielen, den es mag. Das passt sehr gut zusammen. Rangnick ist im richtigen Moment am richtigen Platz. Da muss man nicht mit Rangnicks Fußball einverstanden sein. Diese Red-Bull-Philosophie liebt er und diesen Fußball forciert er. Die Spieler danken es Rangnick mit tollen Leistungen. Das ist das Positive an dieser Geschichte.

Ralf Rangnick entschied sich für Österreich und gegen den FC Bayern
Ralf Rangnick entschied sich für Österreich und gegen den FC Bayern

SPORT1: Kann man jetzt Ralf Rangnick in Wien schon ein kleines Denkmal hinstellen?

Krankl: Immer langsam, wir müssen abwarten, was weiter passiert. Das wäre jetzt noch verfrüht. Wir sind in der Gruppe weitergekommen, aber es müssen weitere Schritte folgen. Ich traue dem Team Großes zu.

„Sabitzer hat sich enorm verbessert“

SPORT1: Wie sehen Sie Marcel Sabitzer? Man hat das Gefühl, dass auch er unter Rangnick noch einmal aufblüht.

Krankl: Ganz genau. Sabitzer hat sich enorm verbessert und ist ein Schlüsselspieler geworden. Er ist ein sehr guter Fußballer.

SPORT1: Die Enttäuschung über das verlorene Champions-League-Finale hat Sabitzer schnell abschütteln können, weil er in der Nationalelf eine wichtige Rolle spielt, oder?

Krankl: Wahrscheinlich ist es so. Er war natürlich enttäuscht nach dem verlorenen Finale, aber das ist als Fußballer normal. Dieses Auf und Ab kennt jeder. Die Vorfreude auf die EM hat Sabitzer gepusht. Jetzt ist er in Topform.

Marcel Sabitzer gibt bei der österreichischen Nationalmannschaft tiefe Einblicke in sein Seelenleben nach dem verlorenen Champions-League-Finale mit dem BVB.
00:57
BVB-Star emotional! Dieses Sabitzer-Statement geht unter die Haut

Alaba? „Ein klasse Schachzug von Rangnick“

SPORT1: Christoph Baumgartner hat auch eine beachtliche Entwicklung genommen. Wie beurteilen Sie ihn?

Krankl: Ein toller Spieler, der eine super Entwicklung hinter sich hat. Er ist vorne als Halbspitze extrem giftig und torgefährlich. Baumgartner ist auch einer dieser Spieler, die sich sehr gut entwickelt haben. Ich freue mich sehr für ihn und Sabitzer.

SPORT1: Ist auch ein Grund für das positive Abschneiden bisher, dass David Alaba trotz seiner Verletzung mit dabei ist?

Krankl: Das ist super und unheimlich wichtig. Er pusht von der Ersatzbank aus das Team. Es ist ein klasse Schachzug von Rangnick und Alaba. Mir gefällt das sehr, weil Alaba der Kapitän ist. Er ist Spieler von Real Madrid, was müssen wir dazu noch sagen?

„Partystimmung herrscht immer“

SPORT1: Was bedeutet die aktuelle Situation mit dem Erreichen des Achtelfinales für das Land? Ist da Partystimmung ohne Ende angesagt?

Krankl: Partystimmung herrscht immer, weil die Europameisterschaft sehr positiv verläuft. Es gibt wenig Gewalt und einfach eine sehr gute Fußballstimmung. Ich war überzeugt, dass wir diese Todesgruppe überstehen.

Österreich zieht durch einen Sieg gegen die Niederlande als Gruppensieger in die K.o.-Phase ein und damit auch Frankreich hinter sich. Ein Party-Video aus dem Mannschaftsbus geht viral.
01:06
Wilde Bus-Party des ÖFB-Teams geht viral | EM 2024

SPORT1: Wirklich?

Krankl: Ja, ganz einfach aus einem Grund. Frankreich und die Niederlande sind sicher große Namen. Aber auch diese Nationen müssen sich beweisen. Die vier besten Dritten kommen auch weiter, und da war es klar, dass wir weiterkommen, weil ich nicht auf Polen gesetzt habe. Das Erreichen des Achtelfinales ist das Minimum. Jetzt haben wir im nächsten Spiel mit der Türkei einen guten, aber machbaren Gegner. Mit der aktuellen Form ist das Viertelfinale keine Utopie. Das muss man jetzt aufgrund der bisherigen Leistungen erwarten. Österreich muss sich vor niemandem verstecken. Es ist alles möglich bei dieser EM - bis zum Finale sogar. Spanien ist das Beste, was ich bisher gesehen habe, und dann kommt schon Österreich.

Österreich gegen Deutschland im Finale? „Wäre ein Traum“

SPORT1: Was wünschen Sie sich für Ihr Land?

Krankl: Es war immer so, dass ein Turnier unserem Land einen Push gegeben hat. Wenn die Nationalmannschaft toll performt, dann stehen die Menschen hinter unserem Team. Sie sind stolz, und wenn wir dann auch noch gewinnen, dann ist das für den österreichischen Fußball so wichtig. Da kann man sich freuen und zu Recht stolz sein.

SPORT1: Gibt es da eine gewisse Genugtuung, weil sich die österreichische Nationalmannschaft ausgerechnet in Deutschland so toll zeigt?

Krankl: Natürlich. Es stand ja auf dem Leiberl „Alles machbar beim Nachbarn“ und das ist super, weil viele Spieler von uns in Deutschland spielen. Sie kennen die Stadien und das ist alles positiv. Die Atmosphäre bis jetzt bei der EM ist sensationell. Die Infrastruktur ist einfach top. Die Mehrheit der Fans ist friedlich und euphorisch. Das ist einfach schön. Mord und Totschlag gibt es leider genug.

SPORT1: Ein Traum wäre doch sicher ein Finale Deutschland gegen Österreich.

Krankl: (lacht laut) Absolut. Das wäre super. Und es wäre nach Cordóba ein Wahnsinns-Finale. Und es wäre sportlich sehr interessant, was da passieren würde. Diese Möglichkeit könnte tatsächlich bestehen, das wäre ein Traum. Besser geht es gar nicht.