England konnte bei der Europameisterschaft trotz des Gruppensieges bisher nur bedingt überzeugen. Auf einen Auftaktsieg gegen Serbien folgten Remis gegen Dänemark und die Slowenen. Der Titelanwärter scheint zu straucheln. Soll nach dem Weltmeistertitel 1966 endlich auch der erste Titel bei einer Europameisterschaft her, dann braucht es eine Leistungssteigerung - und möglicherweise auch einen X-Faktor! Vielleicht Cole Palmer?
Wird er Englands X-Faktor?
Der Shootingstar wurde von Trainer Gareth Southgate bisher kaum berücksichtigt. In den ersten beiden Partien gegen Serbien (Endstand: 1:0) und Dänemark (Endstand: 1:1) schmorte der Youngster auf der Bank. Gegen Slowenien (Endstand: 0:0) wurde der 22-Jährige in der 71. Minute eingewechselt und belebte das zuvor träge und ideenlose Spiel der Briten unmittelbar nach Betreten des Platzes. Er tanzte sich an der Seitenlinie durch die slowenische Abwehr (82.) und setzte Harry Kane eindrucksvoll in Szene - der die Aktion jedoch nicht veredeln konnte.
Keane schwärmt von Palmer: „Ich finde ihn großartig“
United-Legende Roy Keane kam aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. „Wen ich immer gerne beobachte, ist Cole Palmer, er hat immer diesen X-Faktor“, sagte er bei ITV. Es verwundere ihn sehr, weshalb Southgate das junge Talent nicht schon in den ersten beiden Spielen gebracht habe. „Jedes Mal, wenn er den Ball bekommt, sieht es so aus, als würde etwas passieren.“
England müsse zwar mehr Qualität im Angriffsbereich zeigen, aber genau da könne Palmer den Three Lions weiterhelfen. „Ich liebe Palmer, ich finde ihn großartig.“ Auch der Spieler auf einen Startelfeinsatz drängen. „Er wird nicht denken ‚Ich lerne und bin froh, hier zu sein‘. Er wird zu Gareth schauen, wie es die großen Persönlichkeiten tun, und denken: ‚Holt mich da raus‘“, führte er aus.
Zerwürfnis mit Southgate?
Nicht nur Keane forderte einen Startelfeinsatz des 22-Jährigen im Achtelfinale. In sozialen Medien starteten die England-Fans eine Petition: Palmer müsse im Achtelfinale gegen die Slowakei (Sonntag ab 18 Uhr im Liveticker) in der Startaufstellung stehen. Wer für Palmer weichen soll, sorgte für Diskussionen. Während ein User meinte, Palmer habe in 20 Minuten mehr bewirkt als Saka in allen drei Partien zuvor, forderte ein anderer, Jude Bellingham oder Phil Foden zu ersetzen. „Palmer muss im nächsten Spiel beginnen, das ist klar. Ich verstehe nicht, warum Saka Platz machen muss, Foden und Bellingham waren beide nutzlos. Einer von ihnen sollte auf der Bank sitzen.“
Experte Ian Wright schlug vor, Palmer auf der rechten Seite spielen zu lassen und Saka weiterhin auf links. „Da Saka ein Linksfuß ist, könnten wir ihn als linken Außenverteidiger aufstellen und Cole Palmer dafür auf der rechten Seite.“ Dort habe Palmer ja bereits auch in der Jugend-Nationalmannschaft gespielt. Bei Chelsea hingegen bespielt er meist das offensive Mittelfeld.
Pep Guardiola sagte Palmer zu seiner Zeit bei Manchester City eine glorreiche Zukunft voraus. „Cole hat diese besondere Qualität vor dem Strafraum, dieses Talent, das schwer zu finden ist“, sagte der Meistertrainer. „Wenn er den Ball dort bekommt, landet er meistens im Netz, und das kommt nicht oft vor.“
Aber wieso kommt Palmer in der Nationalelf nicht zum Zuge? Gab es etwa ein Zerwürfnis mit Southgate? Zumindest ein Moment wurde im TV eingefangen, der darauf deuten lässt. Nach der Partie gegen Dänemark ging der Trainer auf seinen Schützling zu und wollte ihm die Hand schütteln. Palmer, sichtlich frustriert darüber, dass er das ganze Spiel auf der Bank saß, würdigte seinen Coach kaum eines Blickes und gab ihm widerwillig die Hand. Viele Fans waren der Meinung, dass Palmer zu Recht frustriert über Southgate war.
Kobbie Mainoo, der bei den Three Lions ebenfalls eine eher untergeordnete Rolle spielt, huldigte seinem Teamkollegen. „Er ist ein Energiebündel und man hat in der Premier League gesehen, was er leisten kann, und das tut er auch weiterhin. Er ist einer der Besten im Training, er gibt immer Vollgas.“
Auch in der abgelaufenen Premier-League-Saison gab Palmer stets Vollgas. In seiner ersten Saison bei Chelsea erzielte er in 33 Spielen 22 Tore und lieferte 11 Vorlagen. Auf sein erstes EM-Tor wartet das Offensiv-Juwel aber noch. Gegen Slowenien bietet sich womöglich die nächste Gelegenheit.