Ausgerechnet! Auch wenn dieses Wort im Fußball fast schon inflationär benutzt wird, passte es wohl selten so gut wie am Freitagabend im Münchner Fußballstadion. In der 80. Spielminute wurde Emre Can für Toni Kroos eingewechselt und erzielte in der Nachspielzeit den 5:1-Endstand für Deutschland und sorgte für einen perfekten Einstand ins EM-Turnier. Und das, obwohl er zwei Tage zuvor noch im Urlaub in Albanien verweilte.
Der beste „schlechte Scherz“
„Das ist eine verrückte Geschichte. Ich bin erst Mittwochabend zur Mannschaft gestoßen, habe nur einmal mittrainiert und heute bin ich ins Spiel gekommen und habe ein Tor geschossen“, versuchte Can nach dem Spiel seine Emotionen zu beschreiben.
Emre Can zeigt es seinen Kritikern
Aufgrund des krankheitsbedingten Ausfalls von Aleksandar Pavlovic griff Julian Nagelsmann zum Hörer und nominierte Can für das defensive Mittelfeld nach. Der musste nicht lange überlegen und reiste prompt nach Herzogenaurach, wo er am Donnerstag von seinen Mannschaftskollegen mit Applaus empfangen wurde.
Alles andere als euphorisch war dagegen die Reaktion der DFB-Fans. Viele reagierten auf die Entscheidung des Bundestrainers mit Unverständnis, teilweise sogar mit Wut, nannten Can einen „Fehler“ oder gar einen „schlechten Scherz“. Nagelsmann begründete die Entscheidung mit der Physis und Erfahrung, die der BVB-Kapitän mitbringt. Der Bundestrainer bewies ein gutes Händchen, Can lieferte prompt.
„Nach einer Trainingseinheit dann gleich so einen rauszulassen, freut mich natürlich sehr. Das tut ihm natürlich auch gut“, freute sich sein Dortmunder Teamkollege Niclas Füllkrug.
Can vom Nicht-Nominierten zum Glücksgriff
Der Treffer aus rund 17 Metern ist sein bislang zweites Tor im DFB-Trikot (44 Einsätze). Sein zuvor letztes Länderspiel absolvierte Can im September unter Interims-Bundestrainer Rudi Völler. Beim 2:1-Sieg gegen Frankreich stand der BVB-Kapitän über 90 Minuten auf dem Platz. Etwas überraschend kam für den 30-Jährigen die Nicht-Berücksichtigung von Nagelsmann. Er werde die Entscheidung zwar „respektieren“. Er hätte sich allerdings eine persönliche Absage gewünscht.
Das alles war spätestens seit dem Anruf des Bundestrainers vergessen.
Der Auftakt ins Heimturnier war für den wohl besten „schlechten Scherz“ mehr als vielversprechend.