Seine Bestimmung trägt Mateo Retegui in seinem Namen. „Rete“ steht im Italienischen für Tor. Und seinem Ruf als neuer Torjäger Italiens wurde Retegui beim 2:1-Sieg im Testspiel gegen Venezuela am Donnerstag wieder gerecht.
Irrer Weg von Italiens Sturm-Hoffnung
Mit seinen Länderspieltreffern Nummer drei und vier schoss der 24-Jährige die Squadra Azzurra in seinem erst fünften Einsatz praktisch im Alleingang zum Sieg. Ballannahme mit links, schnelle Drehung, präziser Abschluss mit rechts - bei beiden Toren präsentierte Retegui den typischen Bewegungsablauf eines Torjägers wie aus einem Guss.
„Wer Tore schießt, gibt immer etwas mehr als die anderen“, sagte Nationaltrainer Luciano Spalletti bei Rai Sport. „Er hat getan, was er tun sollte.“
Der 65-Jährige hob zudem die Fähigkeiten Reteguis hervor: „Er hat der Mannschaft geholfen, indem er den Ball gehalten hat. Er war kopfballstark, er ist ein physisch starker Spieler.“
Dass Retegui überhaupt zum Kreis der italienischen Nationalmannschaft zählt und dort nur ein Jahr nach seinem Debüt zum großen Hoffnungsträger des Europameisters aufgestiegen ist, hat Spalletti seinem Vorgänger Roberto Mancini zu verdanken - und einer gehörigen Portion Zufall.
Retegui wäre fast beim Hockey gelandet
Als Teenager hatte Retegui eine Karriere als Fußballer zwischenzeitlich schon abgehakt, nachdem er als 14-Jähriger bei River Plate aussortiert worden war. Stattdessen widmete er sich verstärkt dem Feldhockey - das Talent dafür wurde ihm praktisch in die Wiege gelegt.
Sein Vater Carlos war Hockey-Profi und gewann nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn als Nationalcoach mit den Hockey-Herren Argentiniens Gold bei den Olympischen Spielen 2016. Zuvor coachte er 2010 auch die Hockey-Frauen zum WM-Titel. Mateos Schwester Micaela gewann 2021 mit dem Hockey-Team Olympia-Silber.
Retegui beim Kicken am Strand entdeckt
Fußball war für Mateo Retegui nur noch Freizeitvergnügen. Beim Kicken am Strand wurde er dann aber von Scouts der Boca Juniors neu entdeckt und fand so den Weg zurück zum Fußball.
2022 gelang ihm mit 19 Toren in 27 Spielen für Tigre in der argentinischen Liga der große Durchbruch.
Anfang 2023 gab Ex-Profi Juan Sebastian Veron, Sportchef beim Klub Estudiantes, seinem alten Kumpel Mancini den entscheidenden Hinweis, sich Retegui mal genauer anzuschauen. Schließlich besitzt der in San Fernando bei Buenos Aires geborene Retegui auch einen italienischen Pass, seine Großeltern stammen aus Italien.
Retegui trifft in ersten beiden Länderspielen
Mancini zeigte sich angetan, fühlte sich an Argentiniens Sturm-Idol Gabriel „Batigol“ Batistuta erinnert. Im März vergangenen Jahres berief er Retegui erstmals für die Squadra Azzurra. Der Argentinier im Italien-Trikot revanchierte sich gleich mit seinem ersten Tor bei seinem Debüt gegen England (1:2) und traf auch im nächsten Spiel gegen Malta (2:0).
Damit schrieb der Angreifer zugleich Geschichte: Als erst vierter Italiener traf Retegui sowohl in seinem ersten als auch in seinem zweiten Länderspiel.
Retegui, der damals noch kein Wort Italienisch sprach, spielt mittlerweile in der Heimat seiner Großeltern. Im vergangenen Sommer überwies der FC Genua zwölf Millionen Euro an Tigre, nachdem zwischenzeitlich auch Eintracht Frankfurt interessiert gewesen sein soll.
„Italiens Lichtblick“ schürt große Hoffnungen
Obwohl ihn zeitweise Knieprobleme außer Gefecht setzten und im Herbst weitere Länderspieleinsätze verhinderten, hat er auch in Genua mit acht Treffern in 24 Pflichtspielen schon seine Qualitäten als Torjäger unter Beweis gestellt.
Nach der verpassten WM schürt Retegui in Italien mit Blick auf die EM im Sommer in Deutschland große Hoffnungen. Als „Italiens Lichtblick“ bezeichnete ihn Tuttosport.
„Italien hat seinen Mittelstürmer gefunden“, schrieb die Gazzetta dello Sport nach dem Testspiel gegen Venezuela und schwärmte vom „Killerinstinkt des Genua-Stürmers“.
Auch Teamkollege Jorginho war voll des Lobes. „Er hat ein Auge für das Tor und brennt darauf, ein Tor zu schießen“, sagte der Mittelfeldstar bei Rai Sport und bescheinigte Retegui noch großes Entwicklungspotenzial. „Er kann noch mehr, es hängt nur von ihm ab.“
Retegui feierte seinen Doppelpack mit seinem Vater, der auf der Tribüne im Italien-Trikot mitgefiebert hatte. „Mein Vater ist hier, ich habe die ganze Familie um mich herum“, freute er sich hinterher und formulierte ein klares Ziel: „Ich möchte nach Deutschland, aber um das zu schaffen, muss ich auf dem Boden bleiben und daran denken, für die Mannschaft zu spielen, nicht für mich selbst.“
In Italien wäre man sicherlich schon froh, wenn Retegui nicht wieder zum Hockeyschläger greifen würde.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)