„Er ist Gold wert!“ Mit diesen Worten beschrieb Jan Vertonghen seinen Nationalmannschaftskollegen Romelu Lukaku nach dessen historischen Viererpack in der EM-Qualifikation.
Wiederauferstehung eines Gescholtenen
Damit ist der Stürmer-Star erst der dritte belgische Spieler nach Marc Van Der Linden und Josip Weber, der mindestens viermal in einer Partie für die Nationalmannschaft getroffen hat.
„Ich habe nur meinen Job gemacht“, meinte Lukaku bescheiden.
Teamkollege schwärmt von Lukaku
Der 30-Jährige scheint in diesem Kalenderjahr ungewohnt gelöst zu sein, wenn er für sein Land spielt. In zehn Begegnungen traf er satte 15 Mal ins gegnerische Tor. Für seinen Trainer Domenico Tedesco, seit Februar 2023 im Amt, ist er „einer der besten Stürmer der Welt in den vergangenen zehn Jahren“.
Diese Worte füllt sein neuer Kapitän derzeit mit Taten. Er wirbelt auf dem Platz und nimmt seine neue Rolle sehr gut an. „Er setzt sich in der Kabine enorm durch und die jungen Spieler schauen zu ihm auf, aber gleichzeitig bleibt er auch bescheiden“, schildert Vertonghen.
Die belgische Zeitung De Standaard bezeichnete Lukaku nach dem 5:0-Erfolg gegen Aserbaidschan gar als „großen Regisseur des Cirque de Soleil“, zudem „sah er aus wie ein Kind im Süßwarenladen“.
Belgien: Zoff um Kapitänsamt
Doch so rosig sah es vor rund fünf Monaten noch überhaupt nicht aus. Viel mehr entbrannte ein heftiger Zoff um das Kapitänsamt. Wegen der Verletzung von Kevin De Bruyne entschied sich Tedesco, Lukaku gegen Österreich und Thibaut Courtois gegen Estland mit der Binde aufs Feld zu schicken.
Diese Entscheidung kam beim Star-Keeper, der gegen Österreich eine nachträgliche Ehrung für sein 100. Länderspiel erhielt, alles andere als gut an. Er reiste nach der Partie ab - wegen einer Verletzung am rechten Knie, wie er über Instagram verkündete.
Zuvor hatte Tedesco öffentlich behauptet, dass der Torhüter „enttäuscht sei und sich beleidigt fühle“, weil er eben nicht die Kapitänsbinde tragen durfte. Eine Darstellung, die laut Courtois „nicht der Realität entspricht“.
Lukaku hielt sich aus dem Zoff der beiden Streithähne raus. „Ich meine das aus tiefstem Herzen: Wir müssen das, was passiert ist, hinter uns lassen“, erklärte der Torjäger beim Länderspielfenster im Oktober.
Wechsel-Frust bei Lukaku
Das dürfte Tedesco in seiner Entscheidung für Lukaku bestätigt haben. „Romelu ist unglaublich. Er ist nicht nur mental sehr stark, sondern er sorgt auch für den Zusammenhalt der Gruppe und dafür, dass sich die jungen Spieler gut integrieren“, erläuterte der Coach nach dem Sieg gegen Österreich.
Der Angreifer scheint sowohl das bittere Champions-League-Finale 2023, als er beim Stand von 0:1 gegen Manchester City kurz vor Schluss eine Mega-Chance vergeben hatte und im Anschluss wüst beschimpft wurde, als auch das erneute Hin und Her um einen Wechsel im Sommer hinter sich gelassen zu haben.
Er zog den Frust von Inter Mailand auf sich, weil ein fester Wechsel nicht geklappt hat. Dass er zudem auch noch zum Rivalen nach Rom ging, sorgte nicht nur bei den Tifosi für Frust.
„Lukaku hat uns verraten. Wir sind sehr enttäuscht“, sagte Inter Mailands Vizepräsident Javier Zanetti der Gazzetta dello Sport. „Ich war verletzt, das ist die Wahrheit. Ich habe auch versucht, ihn in diesen Tagen des Chaos anzurufen, er hat mir nie geantwortet, er tat dasselbe mit anderen Mitspielern“, erklärte Ex-Teamkollege Lautaro Martínez im Interview mit der Gazzetta dello Sport.
Auferstehung eines Gescholtenen
Mit neun Treffern in 14 Partien für AS Rom sorgte der viel kritisierte Stürmer aber schnell wieder für sportliche Schlagzeilen. Top-Stürmer statt tragische Figur!
Auch in der Nationalmannschaft hat er seine Rolle als Stoßstürmer im 4-3-3 gefunden, was Hoffnung auf mehr macht. „Romelus Präsenz - auf und neben dem Spielfeld - gibt uns einen enormen Schub in Richtung Europameisterschaft“, glaubt Vertonghen. Lukakus aktuelle Hochphase gleicht der Wiederauferstehung eines Gescholtenen.
Bei dem Turnier in Deutschland will die Tedesco-Truppe es nach der enttäuschenden WM, bei der bereits in der Vorrunde Schluss war und es im Anschluss harte Kritik gab, besser machen. Selbst die „Golden Generation“ um den mittlerweile zurückgetretenen Eden Hazard hatte es nicht weiter als bis ins Viertelfinale bei einer EM geschafft.
„Die Umstellung läuft gut, aber jetzt müssen wir uns auf höchstem Niveau beweisen. Bei der Europameisterschaft müssen wir noch besser sein als jetzt, aber wir haben noch Zeit, uns zu verbessern“, meint Lukaku.
Der Stürmer selbst hat aber aktuell kaum Luft nach oben.