Joachim Löw applaudierte zufrieden, Thomas Müller wuschelte Mario Gomez durchs Haar, Jerome Boateng führte die deutschen Weltmeister im Trainingsleibchen ganz entspannt zur Fankurve.
Deutschland wieder wie ein Champion
Die Freude war nicht überbordend nach dem glanzvollen 3:0 (2:0) im EM-Achtelfinale gegen die überforderte Slowakei, es war eine eher routinierte, beiläufige, fast konzentrierte Art des Jubelns. (Ergebnisse und Spielplan der EM 2016)
Alle wissen: Die dicken Brocken kommen erst noch! Schon im Viertelfinale am Samstag. Spanien, der härteste Prüfstein der vergangenen Jahre, oder Italien, der Angstgegner bei Turnieren, wartet auf die deutsche Mannschaft in der Runde der letzten Acht. "Jetzt kommen ganz andere Kaliber", sagte Joachim Löw mahnend.
Gomez und Draxler treffen
Der Bundestrainer erreichte seine Spieler aber nur bedingt: "Das sind die schönen Spiele, für die wir zur EURO fahren! Wir wollen den Titel gewinnen und diese großen Mannschaften schlagen", sagte Gomez, der das 2:0 (43.) erzielt hatte. (Die Torjäger der EM 2016)
Der überragende Julian Draxler, bei diesem Tor genialer Vorbereiter und später selbst Torschütze (63.), freute sich auf ein "Highlight, egal, gegen wen es geht. Das sind riesige Fußball-Nationen." Der deutsche Gegner wird am Montag (18 Uhr LIVE in unserem Sportradio SPORT1.fm und im LIVETICKER) in St. Denis ausgespielt.
Die Slowakei war nicht annähernd ein Gegner auf Augenhöhe. Die haushoch überlegene deutsche Mannschaft hatte nach einem frühen Boateng-Kracher zum 1:0 (8.) keine Probleme - auch, weil das Offensiv-Spiel phasenweise wunderbar lief. "Diese Flexibilität vorne ist genial", sagte Gomez, "die müssen wir unbedingt beibehalten."
Boateng knallt ihn rein
Der "Panzerknacker" war Boateng mit seinem Gewaltschuss aus 20 Metern - sein erstes Länderspieltor im 63. Spiel kam zur rechten Zeit. "Ich bin froh, dass er reingegangen ist, das wurde ja auch Zeit", sagte er erleichtert, "ich habe ja gesagt, ich würde mir das erste Tor für ein Turnier aufheben." Auch die lädierte rechte Wade des Abwehrchefs hielt - die Auswechslung in der 72. Minute war eine Vorsichtsmaßnahme.
Nach einer erneuten Leistungssteigerung vor 44.312 Zuschauern in Lille kann Deutschland dem anstehenden Kampf der Giganten selbstbewusst entgegensehen. Die Slowaken hatten Glück, dass es nicht schlimmer kam - nicht nur wegen Mesut Özils Elfmeter-Fehlschuss (13.).
In der zweiten Halbzeit konnte es sich die deutsche Mannschaft sogar erlauben, den Vorsprung souverän zu verwalten. Löw wechselte dafür unter anderem Bastian Schweinsteiger ein (76.). (Die Statistiken zum Spiel)
Spanien oder Italien?
Am Samstag (21 Uhr) in Bordeaux wird es schwieriger werden. Gegen Spanien hat Deutschland die beiden letzten Turnierspiele verloren: 2008 das Finale der EM, 2010 das Halbfinale der WM.
Das Ergebnis lautete beide Male 0:1. Gegen Italien gewann die Auswahl des DFB keines ihrer acht Turnierspiele - schmerzhaft in Erinnerung ist das Halbfinale der EM 2012 (1:2).
Zunächst aber zeigte Deutschland seine stärkste Turnierleistung. Der Weltmeister spielte permanent nach vorne, er spielte variabel - und Löw trug erneut seinen Teil dazu bei. Im letzten Gruppenspiel gegen Nordirland (1:0) hatte er den Torschützen Gomez sowie Joshua Kimmich aufgestellt, beide erwiesen sich als belebend. Diesmal verabreichte der Bundestrainer eine Frischzellenkur in Person von Draxler, dafür verzichtete er auf Mario Götze.
Wie gegen Nordirland machte die deutsche Mannschaft zunächst zu wenig aus ihrer Überlegenheit. Wäre nicht Torhüter Manuel Neuer gewesen, hätte sich dies vor der Pause gerächt.
Der Kapitän lenkte einen Kopfball von Juraj Kucka aus dem Winkel (41.) - kurz darauf zog dann Gomez mit Jürgen Klinsmann als deutscher EM-Rekordtorschütze gleich (5 Tore).