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Neue DFB-Doku - man sieht, was man sehen soll

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Neue DFB-Doku - man sieht, was man sehen soll

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DFB-Doku wird teils zum Fan-TV

Trotz des PR-Debakels rund um die Doku zur WM 2022 wagte der DFB auch bei der Heim-EM 2024 nochmal diesen Schritt und öffnete seine Pforten für die Kameras. Entstanden ist ein wohliger Film, der vor allem die Fans in den Mittelpunkt stellt. SPORT1 hat ihn vorab gesehen.
Spanien verzückt während der EM mit tollen Fußball. Am Ende stürmt man bis zum Titelgewinn und sogt im Spiel gegen Deutschland für große Aufregung. Eine Aktion, die die DFB-Fans so schnell nicht vergessen werden.
Trotz des PR-Debakels rund um die Doku zur WM 2022 wagte der DFB auch bei der Heim-EM 2024 nochmal diesen Schritt und öffnete seine Pforten für die Kameras. Entstanden ist ein wohliger Film, der vor allem die Fans in den Mittelpunkt stellt. SPORT1 hat ihn vorab gesehen.

Mit Dokumentationen über die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist das ja so eine Sache. Sie können ikonische Momente liefern und sogar feste Redewendungen in die Fußball-Sprache einbringen.

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Sönke Wortmanns „Deutschland – Ein Sommermärchen“ über die WM 2006 brachte Michael Ballack den Titel „Capitano“ ein. Man durfte den damaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann dabei beobachten, wie er seine Mannschaft dazu aufforderte, die Polen „durch die Wand zu knallen“. Der Titel des Films schaffte es sogar in den Duden und wurde zum PR-Erfolg für den DFB.

Doch nach der Doku über die deutsche Mannschaft während der WM 2022 in Katar ist man beim Verband vorsichtig geworden. Zu trostlos war das Bild, das die Protagonisten abgaben.

Hansi Flick kostete der Film von Prime Video zwischenzeitlich sogar seinen guten Ruf. Vom geachteten Sextuple-Sieger wurde er dank der viel besprochenen Graugänse zum hilflosen Bundestrainer in der Wüste.

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DFB geht auf Nummer sicher

Insofern war es klug vom DFB, die Kontrolle über den aktuellen RTL-Film „Unser Team - Die Heim-EM 2024“ nicht gänzlich aus der Hand zu geben.

Zwar verspricht der Kölner TV-Sender „authentische Einblicke in die Gefühlswelten“ der Nationalspieler, doch man spürt, dass die Türen auch für das Kamerateam manchmal verschlossen blieben. Man sieht, was man sehen soll – und das ist Friede, Freude, Eierkuchen.

Die Zuschauer bekommen vor allem Wohlfühl-Atmosphäre geboten. Einiges von dem, was von hinter den Kulissen gezeigt wird, weiß man bereits oder hat es dank der cleveren PR-Strategie des DFB während der EM schon mitbekommen.

Wo Prime Video 2022 auf Reibereien untereinander (Joshua Kimmich vs. Antonio Rüdiger) setzte, geht es bei RTL diesmal brav zu. Das mag daran liegen, dass es tatsächlich eine komplett harmonische Truppe war, die im vergangenen Sommer für Deutschland den Platz betrat – ein echtes Team eben.

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Und man lernt, dass heutige Fußballer sich lieber um verirrte Vögel kümmern, als bis weit nach Mitternacht an der Hotelbar zu sitzen. Mario Basler wird sich die Doku daher vermutlich dauerkopfschüttelnd ansehen.

Viele Fans wird es dagegen freuen, dass ihr Eindruck aus der EM-Zeit bestätigt wird. Andere mögen vielleicht enttäuscht sein, denn Voyeurismus befriedigt der Film nicht. Zumindest erfährt der Zuschauer, dass Rüdiger während der wetterbedingten Unterbrechung im Spiel gegen Dänemark sein Handy checkte.

Kontrovers nur in Andeutungen

Was nicht heißt, dass kontroverse Themen ausgelassen werden. Die Tatsache, dass sich in einer Umfrage viele Befragte mehr weiße Nationalspieler wünschen, rüttelte das DFB-Team ordentlich durch. So sehr, dass Thomas Müller in der Doku sogar von „politischer Kacke“ spricht – offener geht’s kaum.

Zwischen den Zeilen blitzt zudem so manches kontroverses sportliches Thema auf. „Wo passt es einfach seit Jahren nicht und wo lässt man es dann einfach?“ - diese Fragen habe man sich im Vorfeld des Turniers in der Kaderplanung gestellt, erklärt Co-Trainer Sandro Wagner.

Da ist es nicht weit hergeholt, sofort an Leon Goretzka und Mats Hummels und deren Ausbootung zu denken.

Der Star heißt Nagelsmann

Der Star des Films ist eindeutig der Bundestrainer. Julian Nagelsmann wird als Macher, als Antreiber und eloquenter Fußballlehrer gezeigt. Wenn er der Mannschaft einbläut, dass alles Negative rund um das Turnier sein Job sei, ist spürbar, warum man mit ihm beim DFB so zufrieden ist.

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Und natürlich drängen sich im Gegensatz dazu die traurigen Bilder von Hansi Flick aus der Katar-Doku auf. Wo der damalige Bundestrainer ratlos wirkte, versprüht sein Nachfolger Elan – was natürlich auch der jeweiligen sportlichen Lage geschuldet war.

„Gelassenheit und Vertrauen“, attestiert Kapitän Ilkay Gündogan seinem Coach. „Glücksfall“ nennt ihn Rudi Völler und für Rüdiger ist der Bundestrainer eindeutig „der Chef“.

Dass RTL nochmal den Rückblick auf die beiden Pleiten gegen die Türkei und Österreich im Jahr 2023 wagt, lässt Nagelsmanns Rolle nochmal wachsen. Die Botschaft: Dieser Mann hat Fußball-Deutschland gerettet.

Spieler durften die Doku vorab gucken

Wenn es um die Turnierspiele geht, wird die Doku dann fast komplett zum Fan-TV. Die Macher machen keinen Hehl daraus, dass natürlich auch sie dem DFB-Team die Daumen drückten. Von journalistischer Neutralität keine Spur, aber der Film heißt ja nicht ohne Grund „Unser Team“.

Den Spielern wurde der Streifen übrigens bereits vor Wochen vorab gezeigt. „Jeder hoffte natürlich, dass nichts Peinliches passiert“, erzählte Kimmich als Stargast schmunzelnd in einem Münchner Kino am Donnerstag bei einer der Vorab-Premieren, der auch der Bundestrainer (“Ich kriege immer wieder Tränen in die Augen“) beiwohnte.

Kaum vorstellbar, dass sich einer der Protagonisten ernsthaft auf den Schlips getreten fühlte hat, denn oft geht es arg harmlos zu.

So verzichten die Verantwortlichen zum Beispiel darauf, Kabinenbilder nach dem EM-Aus gegen Spanien zu zeigen. Hier wird die Chance verpasst, auch einmal die negativen Emotionen des Fußballs zu zeigen. Enttäuschung? Wut? Selbstzweifel? Der Zuschauer wird mit einem Fragezeichen über dem Kopf zurückgelassen. Nagelsmann erzählt von „Leere“, in der Kabine sehen darf man die aber nicht.

Zu den besten Entscheidungen des Film-Teams gehört es, auf klassische Fernseheinstellungen von der Seitenlinie weitgehend zu verzichten. Aus dieser Perspektive hat schließlich jeder die Partien gesehen. Ausgerechnet in der Abbildung des Viertelfinals kommt man von dieser Linie ab.

Die Doku glänzt durchgehend mit emotionalen, hautnahen Spielbildern und entsprechenden Live-Kommentaren. Das bringt Stadion-Atmosphäre ins heimische Wohnzimmer.

Geschenk an die deutschen Fans

Der DFB möchte den Streifen als Geschenk und Dankeschön an die Fans und alle jene verstanden wissen, die zum Gelingen des tatsächlich mitreißenden Turniers beigetragen haben.

Dem wird der Film immer dann gerecht, wenn emotionale Szenen der Fans gezeigt werden. Im Biergarten, im Krankenhaus, bei Bundeswehr-Soldaten in Litauen, im Frauenknast und auf dem Kreuzfahrtschiff – sogar mit dem Längen- und Breitengrad der Örtlichkeiten wird der Zuschauer versorgt.

Konsequenterweise besteht das Premierenpublikum in den Spielorten der EM vornehmlich aus Menschen, die sich im Sommer engagiert haben. Die Tickets wurden verlost, die Gewinner bedankten sich mit artigem Schwenken der vorab verteilten Fähnchen.

Ihnen und allen anderen wird über 90 Minuten gute Unterhaltung geboten. Ikonische Szenen, legendäre Zitate und große Aufreger bleiben aber nicht im Gedächtnis. Im Free-TV zu sehen ist die Doku am 11. Januar ab 20.15 Uhr.