Zum ersten Mal seit der Heim-EM steht Leroy Sané wieder im Kader der deutschen Nationalmannschaft - allerdings erst als Nachrücker, weil Stuttgarts Deniz Undav (Oberschenkel) für die anstehenden Duelle in der Nations League absagen musste. Sanés Ansprüche waren eigentlich mal andere: Doch der 28-Jährige ist an einem Scheideweg seiner Karriere angekommen.
Diesen Preis muss Sané nun zahlen
Beim DFB ist die Konkurrenz in der mit Jamal Musiala (21) und Florian Wirtz (21) hochkarätig besetzten Offensive groß, dazu sind beide Positionskonkurrenten große Hoffnungsträger für die Zukunft des deutschen Fußballs. Auf Klub-Ebene ist die Lage ähnlich: Mit Trainer Vincent Kompany hat Sané zwar seinen ehemaligen Mitspieler aus ManCity-Zeiten an der Seitenlinie, die Konkurrenz ist ihm bei Bayern allerdings aktuell einen Schritt voraus.
Michael Olise (22) hat die Zeit, in der Sané aufgrund seiner Schambeinverletzung pausieren musste, genutzt und ist auf dem rechten Flügel derzeit die erste Option. Wenn Sané Chancen bekam, wie zuletzt gegen Mainz und Benfica, machte der deutsche Nationalspieler seine Sache gut, an Olise kommt er allerdings (noch) nicht vorbei. Der Neuzugang von Crystal Palace steht schon bei elf Scorerpunkten (sieben Tore, vier Assists) in allen Wettbewerben. Sané gelangen bisher drei Tore, allerdings stand er auch nur etwa halb so lange auf dem Feld.
Sanés Vertrag läuft aus
„Wir kennen Leroys Talent, er hat heute wieder gezeigt, wie gut er ist“, hatte Kompany Sané nach dessen Joker-Einsatz gegen Lissabon gelobt, bei dem er Olise zum ersten Mal ausgestochen hatte. „Wenn er fit und glücklich ist, sehen wir das alle“, fügte der Belgier an und zeigte sich zuversichtlich, dass Sané solche Leistungen „in Zukunft noch weiter zeigen wird“ - doch wie sieht Sanés Zukunft beim deutschen Rekordmeister aus? Schließlich läuft sein Vertrag nach dieser Saison aus.
Mit 28 Jahren ist der pfeilschnelle Linksfuß im besten Fußballer-Alter - und damit gleichzeitig in einem Alter, in dem viele Profis ihren letzten großen Vertrag unterschreiben. Wird Sané diesen in München unterschreiben, oder spielt der ehemalige Schalker nächste Saison woanders? Aktuell ist Sané einer der Top-Verdiener, allerdings kein Top-Performer. Im Rahmen der geplanten Etat-Reduzierung wird der FC Bayern Sané aller Voraussicht nach keine Verlängerung zu gleichen Bezügen anbieten.
Dafür war auch Sanés Leistung in den vergangenen Jahren zu wechselhaft. Zwischenzeitlich feierten Bayern-Fans seine Auswechslung aufgrund seiner schlechten Leistung, zum Beginn der vergangenen Saison spielte er dann wahrscheinlich den besten Fußball seiner Karriere. Daraufhin folgte wieder eine Schwächephase, dieses Mal wegen einer Verletzung. Vor seinem sehenswerten Tor am 8. Spieltag gegen Bochum (5:0) hatte der Ex-City-Star zuletzt am 9. Spieltag der vergangenen Saison getroffen (8:0 vs. Darmstadt). Zwischen beiden Toren liegen 363 Tage - und eine lange Leidenszeit!
Sané bekommt die Folgen seiner Entscheidung zu spüren
Durch den Umgang mit seiner Schambeinentzündung machte sich Sané bei Bayerns Fans und Verantwortlichen aber sogar beliebt. Denn anstatt auszusetzen und sich auszukurieren, biss der Flügelspieler auf die Zähne. Sein Pensum musste er zwar stark zurückschrauben, in der entscheidenden Saisonphase gab er für allerdings alles für die Mannschaft.
Die Folgen seiner Entscheidung, wegen der er auch bei der EM nicht bei 100 Prozent war, bekommt Sané aktuell zu spüren - und muss gewissermaßen dafür einen hohen Preis zu zahlen. Aufgrund der hinausgezögerten Operation und damit verbundenen Pause verpasste er nicht nur die gesamte Vorbereitung, sondern auch den Saisonstart. Und jetzt, nach seiner Rückkehr, muss er sich hinten anstellen. Die Bayern-Bosse wissen jedoch auch um Sanés Qualitäten, genau deswegen ging man bei seinem Aufbauprozess schließlich so sorgsam mit ihm um.
Entscheidende Phase: Jetzt muss Sané liefern
Und auch Bundestrainer Julian Nagelsmann hatte Sané eigentlich erst später für die Nationalmannschaft vorgesehen. „Eigentlich war nicht geplant, dass er dabei ist. Er sollte erst noch mehr Rhythmus sammeln, weil er nur ein paar Spiele von Anfang an hatte, aber überwiegend eingewechselt wurde“, erklärte der Bundestrainer während der Pressekonferenz am Montag.
In seinen wenigen Einsätzen wusste Sané allerdings zu überzeugen. „Das hat er aber sehr gut gemacht“, sagte Nagelsmann über die Kurzeinsätze des Bayern-Stars und hob den Auftritt gegen Lissabon hervor: „Gegen Benfica hat er das Spiel gedreht.“
„Wenn er sein Potenzial auf den Platz bringt“
Bei den Spielen am Samstag in Freiburg gegen Bosnien und Herzegowina (ab 20.45 Uhr im LIVETICKER) und drei Tage später in Budapest gegen Ungarn hat Sané nun die Chance, sich wieder bei der Nationalmannschaft in den Vordergrund zu spielen. Nach den Länderspielen steht dann auf Klubebene der nächste Schritt an: der Schritt zurück in die Startelf.
Seine Fähigkeiten bleiben dabei unbestritten: „Was er kann, weiß jeder. Er ist einer der besten Spieler, die wir in Deutschland haben, wenn er sein Potenzial auf den Platz bringt“, schwärmte Nagelsmann.