Manche Wunden verheilen nie so ganz. Vor allem, wenn man so ehrgeizig ist wie Joshua Kimmich. Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft hat an den Enttäuschungen der vergangenen Jahre immer noch zu knabbern - auch wenn er sie nun deutlich besser einordnen kann.
Kimmich: „Keine Minute geschlafen“
Kimmich musste sich mit dem DFB-Team bekanntlich erst bei der WM 2022 und zuletzt auch bei der Heim-EM lange vor dem angestrebten Finale verabschieden. Doch die Gefühlswelt des Bayern-Stars sieht nach dem Turnier in Deutschland deutlich anders aus, als noch einige Jahre zuvor in Katar.
„In Katar konnte ich genau sagen, warum wir so früh ausgeschieden sind. Da hatte ich das Gefühl: Du darfst jetzt nicht in den Urlaub gehen, du musst sofort zeigen, dass du es besser kannst. Du musst dieses Turnier vergessen machen“, sagte ein schonungslos ehrlicher Kimmich im Interview mit dem Stern. Schon damals hatte der 29-Jährige von der Angst vor dem emotionalen Loch gesprochen.
Das EM-Aus raubte Kimmich den Schlaf
„Jetzt ist das Gefühl ein anderes. Wir waren eine echte Mannschaft, gegen Spanien sogar die stärkere, haben aber trotzdem verloren“, führte Kimmich aus. Das Aus gegen den späteren Europameister im Viertelfinale habe dennoch „sehr weh“ getan.
Bundestrainer Julian Nagelsmann hatte von einer tränenreichen Nacht berichtet. „Geschlafen habe ich jedenfalls nicht. Keine Minute. Wir haben lange zusammengesessen und geredet, um die Niederlage irgendwie doch zu begreifen“, erinnerte sich Kimmich zurück.
Aber: Land und Mannschaft seien wieder näher zusammengerückt. Und selbst für den ambitionierten Kimmich stellt Fußball mittlerweile nicht mehr den absoluten Lebensmittelpunkt dar.
„Noch vor ein paar Jahren hätte ich eine solche Niederlage lange mitgeschleppt. Da wäre ich nur niedergeschlagen gewesen. Jetzt bin ich Familienvater, habe vier Kinder und einen anderen Blick auf die Dinge“, erklärte der Mittelfeldspieler des FCB.
„Meine Kinder applaudieren mir nicht, wenn ich nach einem gewonnenen Spiel nach Hause komme, und sie sind auch nicht traurig, wenn wir gerade bei der EM im eigenen Land ausgeschieden sind. Die wollen morgens um halb sieben mit mir Fangen spielen, egal, was der Papa auf dem Fußballplatz erlebt hat“ Die Gewichte in seinem Leben haben sich verschoben, meinte Kimmich: „Fußball ist wichtig, aber ich definiere mich nicht mehr allein über meinen Beruf.“