Die Freude der Ungarn kannte keine Grenzen mehr. Minutenlang ließ sich die Mannschaft von den heimischen Fans vor der Kurve abfeiern - nach einem Remis in letzter Sekunde gegen eine deutsche B-Elf, der sie oftmals mit übertriebener Härte begegneten.
Es besteht Optimierungsbedarf
Dazu kam ein fragwürdiger Elfmeter-Pfiff, der in der neunten Minute der Nachspielzeit zum Ausgleich führte. Doch genau dieser Jubelsturm zeigt: Deutschland ist zurück in der Weltspitze, ist wieder eine ernstzunehmende Fußballnation!
Vor einem Jahr hätte sich wohl kaum eine Nation derartig darüber gefreut, einen Punkt gegen die damals noch völlig konsternierte und am Tiefpunkt angelangte DFB-Elf zu holen. Im Gegenteil: Es schien schon nahezu zum guten Ton zu gehören.
Denn 2023 konnten Teams wie Belgien, Polen, Kolumbien, Japan, die Türkei und Österreich das deutsche Team schlagen. Der Ukraine, Mexiko und Peru gelang am Ende ein Remis. Deutschland galt schon fast als Lieblingsgegner für andere Mannschaften.
WM-Titel? Mit Deutschland ist zu rechnen
Doch Rudi Völler, Julian Nagelsmann und seinem Team gelang es, die komplette DFB-Truppe auf links zu drehen. In 15 Länderspielen in diesem Jahr schaffte es am Ende nur Europameister Spanien bei der EM, Deutschland zu besiegen - wenn auch unverdient.
Ansonsten gab es lediglich vier Nationen, denen ein Punktgewinn gelang. Über alle anderen Gegner fegte das wie ausgewechselte DFB-Team hinweg. Spielwitz, Freude, Leidenschaft und auch der Teamgeist sind zurück. Es macht endlich wieder Spaß, Fan der deutschen Nationalmannschaft zu sein!
Der WM-Titel 2026 scheint alles andere als unrealistisch zu sein. Mit Deutschland ist zu rechnen!
Das sind die Baustellen im DFB-Team
Doch es besteht auch weiterhin Optimierungsbedarf - Stichwort zweiter Anzug. Die große Rotation (neun Änderungen in der Startelf) am Dienstag-Abend zeigte die Abhängigkeit der Mannschaft von gewissen Spielern.
Die Defensive geriet gerade am Spielende mächtig ins Schwimmen. Mit Abwehrboss Antonio Rüdiger wäre das wohl nicht passiert.
Zudem offenbarte die Kreativabteilung in der Offensive Probleme, als die Zauberer um Jamal Musiala, Florian Wirtz und auch Kai Havertz nicht auf den Platz standen oder nicht ablieferten. Die Chance, sich in den Fokus zu spielen, nutze kaum ein Spieler. Die mangelnde Spielpraxis im DFB-Trikot war dem einen oder anderen anzumerken.
Ein Kleindienst oder Füllkrug ist nahezu unverzichtbar
Und in der Sturmspitze zeigte sich erneut, dass ein kantiger Mittelstürmer à la Tim Kleindienst oder Niclas Füllkrug für die DFB-Elf nahezu unverzichtbar geworden ist.
Serge Gnabry war zwar bemüht, konnte aber gegen Ungarn kaum Abschlüsse aufs Tor verbuchen. Dass Kleindienst weiterhin seine Form behält und auch Füllkrug nach seiner Verletzung in guter Verfassung zurückkommt, wird im Hinblick auf das große Ziel notwendig sein.
Genauso wie eine Prise mehr Cleverness. Die unnötige zweite Gelbe Karte im Turnier von Youngster Wirtz ist dabei das beste Beispiel. Im Nations-League-Viertelfinale dürfte das nicht so entscheidend sein, bei einer WM aber sehr wohl.
DFB-Elf vor erstem öffentlichem Gegenwind
Und dann ist da ja auch noch die Stimmung. Selten war diese in einem DFB-Team besser. Nagelsmann setzt auf Typen mit gutem Charakter, die sich auch unterordnen können und sich vollkommen in den Dienst der Mannschaft stellen. Die ansehnliche Spielweise und die Ergebnisse tun ihr Übriges.
Dass sich die Mannschaft nach der Niederlage in Wien, dem Tiefpunkt der letzten Jahre, selbst erfolgreich herauszog, muss allen Beteiligten hoch angerechnet werden.
Doch öffentlichem Druck standhalten musste der DFB-Tross zuletzt nicht. Die erste ungemütliche Situation, die WM-Vergabe nach Saudi-Arabien, rauscht schon in den nächsten Tagen auf die Verantwortlichen zu. Wie diese sportpolitische und gesellschaftliche Diskussion lähmen kann, zeigte sich bereits rund um die WM in Katar. Vorsicht ist geboten!
Deutschland bleibt Torhüter-Land
Worum man sich übrigens überhaupt keine Sorgen machen muss, ist die Torhüter-Position. Egal ob Nummer zwei, drei oder vielleicht sogar vier und fünf: Deutschland ist und bleibt ein Torhüterland.
Aus riesengroßen Baustellen von vor einem Jahr sind allerhöchstens Baustellchen übriggeblieben. Der WM-Titel 2026 ist ein realistisches Ziel geworden.