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DFB in der Zwickmühle

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DFB in der Zwickmühle

Die WM 2022 in Katar hat vor allem in Europa und auch in Deutschland für viel Aufregung gesorgt. Trotzdem wird die FIFA die WM 2034 voraussichtlich an Saudi-Arabien vergeben. Die Parallelen sind groß - und stellen den DFB vor ein großes Dilemma.
Bei der DFB-Pressekonferenz kommt eine Frage auf, die Trainer Julian Nagelsmann total gegen den Strich geht.
Die WM 2022 in Katar hat vor allem in Europa und auch in Deutschland für viel Aufregung gesorgt. Trotzdem wird die FIFA die WM 2034 voraussichtlich an Saudi-Arabien vergeben. Die Parallelen sind groß - und stellen den DFB vor ein großes Dilemma.

Noch ist die WM 2022 in Katar mit all den hitzigen Debatten und Diskussionen gar nicht so lange her. Ein Großereignis, das für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und das Nationalteam nicht als Sternstunde in die Geschichte einging. Im Gegenteil: Sportlich setzte es mit dem Aus in der Gruppenphase die nächste Bruchlandung und auch neben dem Rasen lief es nicht besser: Weil viele Themen wie der Streit um die „One-Love“-Kapitänsbinde zeitweise einen weitaus höheren Stellenwert als die Leistung der Mannschaft einnahmen.

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Im Laufe des Turniers wurde die Binde zu einem Symbol. Für die Gastgeber eines der moralischen Überheblichkeit des Westens. Für manchen deutschen Fan eines des sportlichen Scheiterns. Dass es eine WM mit so vielen Nebengeräuschen nicht mehr geben darf, darüber waren sich im Nachhinein eigentlich alle einig. Nur könnte der DFB viel früher als gedacht wieder in ein großes Dilemma geraten. Grund dafür ist der anstehende digitale FIFA-Kongress am 11. Dezember, bei dem sowohl die WM 2030 als auch die WM 2034 vergeben werden.

Anfang November diskutierte Präsident Bernd Neuendorf im Rahmen einer Klausurtagung im thüringischen Blankenhain mit den Teilnehmern die WM-Vergaben. Dabei herrschte offenbar Einigkeit über das Abstimmungsverhalten. Medienberichten zufolge wird der DFB bei der offiziellen Vergabe für die WM 2030 in Marokko, Portugal und Spanien sowie für die WM 2034 in Saudi-Arabien stimmen. Bei beiden Turnieren gibt es keine Gegenkandidaten. Die Entscheidung für Saudi-Arabien stieß allerdings - wenig überraschend - auf heftige Kritik. Aus ähnlichen Gründen wie seinerzeit Katar.

Warum der DFB in der Zwickmühle steckt

Katja Müller-Fahlbusch, Nahost-Expertin von Amnesty International, bezeichnete die Entscheidung bei RTL/ntv als „bittere Enttäuschung und schweren Schlag für die Menschenrechte“ und sagte: „Wir haben den DFB aufgefordert, diese Bewerbung abzulehnen. Wenn der DFB jetzt dieser Bewerbung zustimmt, bleibt das Gefühl, dass trotz aller schönen Worte und Erklärungen, wenn es hart auf hart kommt, die Menschenrechte anderen Interessen untergeordnet werden.“ Auch ein Fan-Bündnis hat sich bereits vor Monaten gegen die WM in Saudi-Arabien ausgesprochen.

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Das Problem für den DFB ist das Verfahren. Über beide Turniere wird „en bloc“ abgestimmt. Das heißt: Wer die WM 2030 und wer die WM 2034 bekommt, wird in einem Paket entschieden. Wollte Deutschland also gegen die WM 2034 stimmen, müsste der DFB auch gegen die WM 2030 stimmen. Wie SPORT1 weiß, ist das Votum für den umstrittenen Gastgeber Saudi-Arabien im Prinzip alternativlos. Ein Nein oder gar eine Enthaltung würde bei den europäischen Partnern für Unmut sorgen, ein zu erwartendes Ja in Deutschland wiederum für viel Kritik.

Vom 37-köpfigen FIFA-Rat, zu dem unter anderem DFB-Präsident Neuendorf gehört, war der umstrittene Wahlmodus einer gemeinsamen Abstimmung bereits vor der Klausurtagung beschlossen worden. Im Frühjahr hatte die FIFA mit einer Statutenänderung den Grundstein für die Doppelwahl gelegt. Auch damals nutzte Neuendorf im FIFA-Rat kein Veto. Nun steht der DFB vor einem Dilemma, aus dem er am Ende nur als Verlierer hervorgehen kann. Denn Saudi-Arabien steht wegen seiner Menschenrechtslage längst unter internationaler Beobachtung.

Allein im Jahr 2022 wurden dort an einem einzigen Tag 81 Menschen hingerichtet und auch für dieses Jahr werden hohe Zahlen erwartet. Dazu steht die saudische Vision 2030, die das Land wirtschaftlich und gesellschaftlich auf ein neues Niveau heben soll, in der Kritik, da immer wieder Berichte über Menschenrechtsverletzungen, vor allem im Zusammenhang mit Gastarbeitern, kursieren. Internationale Organisationen weisen auf den Umgang der saudischen Regierung mit Kritikern und die Verletzung grundlegender Menschenrechte hin. Parallelen zwischen Katar und Saudi-Arabien? Die sind definitiv vorhanden.

Nagelsmann will politische Themen vom Team fernhalten

Auch deshalb warnte Julian Nagelsmann bereits davor, die DFB-Auswahl wieder zu sehr in Dinge zu verstricken, die mit dem eigentlichen Kerngeschäft, dem Sport, eher weniger zu tun haben. „Wir haben in Katar gesehen, dass zu viele politische Themen eine Mannschaft schon belasten können. Daraus sollten wir alle lernen“, bekräftigte der Bundestrainer vor dem letzten Länderspiel des Jahres am Dienstag in Ungarn (ab 20.45 Uhr im LIVETICKER) in einem Interview mit RTL/ntv.

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Gerade für Nagelsmann als Verantwortlicher sei es wichtig, die sportlichen Belange im Auge zu behalten und alles andere hinten anzustellen. So wollte er seine eigene Meinung über den umstrittenen Wüstenstaat auf der arabischen Halbinsel nur grob umreißen. „Dass nicht alle Dinge top funktionieren in Saudi-Arabien, glaube ich, liegt auf der Hand. Aber das sind nicht unsere Bewertungsgrundlagen. Wir müssen uns sportlich so präparieren – ob das unter meiner Regie stattfindet oder nicht, werden wir sehen – dass wir ein gutes Turnier spielen können“, stellte der 37-Jährige klar.

Kimmich: „Ich bin politisch kein Experte“

Neben Nagelsmann äußerte sich kürzlich auch DFB-Kapitän Joshua Kimmich zur WM 2034 und schlug ähnliche Töne an. Er selbst werde dann mit 39 Jahren wohl nicht mehr als aktiver Spieler dabei sein, wünsche seinen Nachfolgern aber, „dass sie sich auf das Sportliche konzentrieren können“, sagte der Mittelfeldspieler des FC Bayern, der bei der WM 2022 in Katar viel Negatives erlebt hat. „Unsere Pflicht ist es, das Beste zu geben, wenn uns der Nationaltrainer nominiert“, führte Kimmich weiter aus und betonte: „Wir werden am Sportlichen gemessen.“

Der 29-Jährige sei sich seiner Rolle im Team zwar bewusst und wolle als Spielführer „für etwas stehen und für Werte wie die Menschenrechte einstehen, die nicht verhandelbar sind“, erklärte Kimmich am Mittwoch, „aber dafür haben wir Experten - und ich bin politisch kein Experte“. Dazu hielt er fest, dass Deutschland und andere Länder Europas oft die Intention haben, ihre Ansichten für „universell“ zu halten. „Aber auch wir haben im eigenen Land eigene Baustellen. Manchmal wäre es ganz gut, sich darauf zu konzentrieren, da haben wir nicht immer alles richtig gemacht.“

Am 11. Dezember wird wahrscheinlich das passieren, was allen längst klar ist und die FIFA das Turnier 2034 an das wegen seiner Menschenrechtspolitik höchst umstrittene Königreich vergeben. Debatten, die vor und während der WM in Katar für viel Ärger gesorgt haben, werden dann wieder aufflammen. Das bedeutet auch, dass der DFB wieder einmal zwischen allen sportpolitischen Stühlen zu sitzen droht. Auch die gut gemeinten Worte von Nagelsmann oder Kimmich werden daran wenig ändern können.